Nur mit optimierter Recyclingroute

Das Projekt ElmoReL 2020 untersuchte, ob eine separate Demontage der Leistungselektronik wirtschaftlich sinnvoll ist.

Die Leistungselektronik gehört zu den Schlüsselkomponenten bei Elek­trofahrzeugen. Sie besteht im Wesentlichen aus einem Modul aus Inverter, Gleichstrom-Wandler, Leiterplatten mit Steuerungselektronik und Batterieladegerät. Beim Recycling von Altfahrzeugen ist der Autoshredder mit nachgeschaltetem Post-Shredder Stand der Technik. Dadurch werden  Leistungselektronik ebenso wie andere Werkstoffe zerkleinert, aber die enthaltenen Edelmetalle nur unzureichend erfasst.

Zur Gesamtmasse der Leistungselektronik trägt etwa zur Hälfte das Aluminiumgehäuse bei, darüber hinaus Kondensatoren, Eisen, Kupfer, Kunststoffe und zu fünf Prozent Platinen. Deren Metallgehalt besteht zu 27,6 Prozent aus Kupfer, 2,2 Prozent aus Zinn und sowie Gold (0,018 Prozent), Silber (0,063 Prozent), Palladium (0,003 Prozent), Tantal (0,024 Prozent), Niob (0,002 Prozent) sowie Antimon (0,057 Prozent). Gängige Aufbereitungsanlagen erlauben eine wirtschaftliche  Rückgewinnung von Aluminium und Kupfer, während Edelmetalle sowie unedle Metalle zu Staubform zerkleinert werden, sich über alle Sortierfaktionen verteilen und verloren gehen können.

Maschinelle statt manueller Zerlegung

Das Projekt ElmoReL 2020 untersuchte, ob eine separate Demontage der Leistungselektronik wirtschaftlich sinnvoll ist. Erste Ergebnisse legten nahe, auf eine manuelle Zerlegung der Komponenten zu verzichten, da der Arbeitswert den Wert der Metalle bei weitem überstieg. Die maschinelle Zerlegung der Leistungselektronik mittels Prallmühle erwies sich hingegen als praktikable Lösung: Die Leiterplatten, die die wertvollen Metalle enthalten, blieben dabei weitestgehend intakt und boten die Möglichkeit, separat einem Elektrorecycling in etablierten Routen unterzogen zu werden. Weitergehend wurde untersucht, inwieweit sich durch chemische Auflösung von Lötstellen bessere Sondermetallkonzentrationen erzielen lassen.

Durch die Behandlung mit Salzsäure und Wasserstoffperoxid konnten neben Kupfer und Zinn vor allem Eisen, Aluminium, Zink und Nickel aufkonzentriert werden; auch fiel Bleichlorid aus. Alle Stoffe konnten als Konzen­trate in einem zweiten Schritt aus den Lösungen zurückgewonnen werden. Außerdem ließen sich marktfähige Tantal-Konzentrate und eine palladiumreiche Fraktion erzeugen. Der Vorteil einer solchen Verwertungsroute besteht in den höheren Rückgewinnungsquoten für Edelmetalle: Shredder- und Post-Shredder-Verfahren erreichen eine Quote von 20 bis 25 Prozent, während das separate Elektro(nik)recycling im Versuch eine (geschätzte) Quote von 98 Prozent erreicht. Zudem könnten durch zusätzliche chemische Platinen-Entstückung schätzungsweise 90 Prozent des Tantals und 93 Prozent des Zinns in sulfidischer Form erfasst werden.

Öko-Bilanz und wirtschaftlich betrachtet

In der Öko-Bilanz schlagen sowohl bei der Autoshredder- wie auch bei der Elektrorecycling-Route die hohen Rückgewinnungsquoten von Aluminium, Eisen und Kupfer zu Buche. Von den Zusatzgewinnen an den Edelmetallen Gold, Silber und Palladium durch Elektrorecycling schlägt sich aber nur Gold in der ökologischen Bilanz nieder, da die Massenanteile der anderen Edelmetalle zu gering ausfallen. Gleiches gilt auch für die Tantal-Mengen, die durch chemische Platinen-Entstückung gewonnen werden und nur von untergeordneter Bedeutung sind. Dennoch: Pro Tonne Leistungselek­tronik können geschätzte 6,7 Gramm Gold, 23,5 Gramm Silber, 1,3 Gramm Palladium und 527 Gramm Zinn gewonnen werden, zudem durch additive Entstückung von Leiterplatten 320 Gramm Zinn und 10,4 Gramm Tantal. Hochgerechnet auf eine Million Elektrofahrzeuge ergibt dies eine geschätzte Menge von sieben Tonnen Zinn, 85 Kilogramm Gold, 300 Kilogramm Silber, 17 Kilogramm Palladium und 70 Tonnen Kupfer, die durch Recycling an Ressourcen gespart werden könnten.

Wirtschaftlich betrachtet ist die Autoshredderroute gegenüber der Elektrorecycling-Route im Vorteil. So berechnet sich bei ihr aus Gesamtkosten von 224 Euro und dem Erlös aus den verkauften Fraktionen mit 887 Euro eine Bilanzsumme von 663 Euro. Das andere Verfahren kommt auf mit 591 Euro Demontagekosten und 246 Euro für die Prallmühle – bei 1.006 Euro Verkaufserlösen – auf eine Bilanzsumme von 145 Euro. Elektronikrecycling plus chemischer Platinen-Entstückung erzielt mit 1.018 Euro einen etwas höheren Verkaufserlös, dem Kosten von 926 Euro gegenüberstehen, doch gilt diese Kalkulation als unsicher.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die „optimierte Recyclingroute“ mit Ausbau und separater Behandlung von Leistungselektronik hohe Rückgewinnungsquoten für Gold, Silber und Palladium erzielt. Und als Verfahren bei jetzigen Rahmenbedingungen und Rohstoffpreisen wirtschaftlich arbeiten kann. Eine zusätzliche chemische Platinen-Entstückung wird hingegen als nicht empfehlenswert angesehen.

Der Artikel ist eine Kurzfassung von „Elektrofahrzeugrecycling 2020 – Schlüsselkomponente Leistungselektronik – “, erschienen in: Karl J. Thomé-Kozmiensky, Daniel Godmann (Hrsg.), Recycling und Rohstoffe, Band 190, Neuruppin 2017, ISBN 978-3-944310-34-3.

Foto: pixabay

(EUR0517S22)

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