„Wir sollten über Altersbegrenzungen für Fahrzeuge nachdenken“

Das erklärte Dr. Georg F. Mehlhart vom Öko-Institut auf dem IARC 2017. Um den illegalen Export von Altfahrzeugen einzudämmen, sei auch ein besserer Datenaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten vonnöten.

Der Internationale Automobilrecycling-Kongress (IARC) vom 22. bis 24. März in Berlin mit 200 Teilnehmern und 20 Ausstellern aus 22 Ländern hatte neue Trends beim Fahrzeugbau zum Schwerpunkt. Insgesamt 30 Fachvorträge und Gesprächsrunden sowie drei Werksbesichtigungen der Unternehmen Alba Metall Nord in Rostock, cct Steglitz in Möckern und LRP Autorecycling in Chemnitz umfassten das Programm.

Den Auftakt machte Gareth Williams von European Metal Recycling. Vorgestellt wurde ein Vergasungsprozess zur Behandlung von Reststoffen. Und wie Arie de Jong vom niederländischen Recyclingsystem für Altfahrzeuge ARN (Auto Recycling Nederland) in seinem Vortrag verdeutlichte, werden neue Materialien sowie der zunehmende Einsatz von gemischten Kunststoffen im Fahrzeugbau die Altauto-Verwerter in Zukunft noch vor einige Herausforderungen stellen. Bruno Douchy vom belgischen Flachsproduzenten und Recycler von Textil­abfällen Procotex befasste sich hier mit Recyclingverfahren für Carbonfasern. Weitere Technikpräsentationen behandelten Upcycling-Möglichkeiten von Kunststoffen aus Automobilen, das Thema „Metallrecycling 4.0“ sowie Fahrzeug-Trockenlegung, Sortierung von Aluminiumschrott und Energiegewinnung aus Shredderrückständen.  Flankiert wurden die Vorträge von Länderberichten aus Spanien, Deutschland, Dänemark, der Schweiz und dem Iran zum Umgang mit Altfahrzeugen. Darüber hinaus berichtete Artemis Hatzi-Hull von der Europä­ischen Kommission über Änderungen in der Altauto-Richtlinie, die auch die Weichen zur künftigen Verwertung von Elektrofahrzeugen stellen will. Ein Stichwort lautet dabei: Remanufacturing. So sollen die Automobilhersteller in die Pflicht genommen werden, verwendbare Komponenten aus Altfahrzeugen bei der Produktion von Neufahrzeugen einzusetzen. Dr. Georg F. Mehlhart vom Öko-Institut informierte zudem über ein Projekt, das die Frage nach Verbesserungen des Anwendungsbereich der Richtlinie zum Gegenstand hat. Und Dr. Tobias Bahr vom Europäischen Verband der Automobilhersteller ACEA erläuterte in diesem Zusammenhang die Roadmap seines Verbandes bezüglich Verordnungen und Innovationen im Bereich des Altfahrzeugrecyclings.

Anreize für Letztbesitzer und Hersteller     

Artemis Hatzi-Hull (Europäische Kommission) – Foto: ICM AG

Thema der Gesprächsrunden war einmal mehr das Dauerproblem der illegalen Altfahrzeug-Verschiebungen aus Europa nach Afrika und Asien. Und an Vorschlägen zur Lösung mangelt es nicht, wie unser ausführlicher Bericht auf den nächsten Seiten zeigt. So sprach sich Henk Jan Nix, Generalsekretär der European Group of Automotive Recycling Associations (EGARA), auf der IARC-Pressekonferenz für die Einführung von Registrierungssystemen aus, die Fahrzeuge während ihrer gesamten Lebensdauer nachverfolgen können. Sichergestellt werden soll, dass die Fahrzeuge in anerkannten Altauto-Demontagebetrieben landen. Und um illegalen Autokäufern das Handwerk zu legen, müsse dem Letztbesitzer einfach ein besserer Preis bezahlt werden. Aber wie der Referent einschränkte, sei das nur möglich, wenn die Demontagebetriebe alle wiederverwendbaren Teile aus Altfahrzeugen verwerten können. Das erfordere mehr Informationen von den Herstellern, für die es finanzielle Anreize geben sollte.

Das Öko-Institut beziffert die Anzahl der jährlich in der Europäischen Union anfallenden End-of-Life-Vehicles auf zehn bis zwölf Millionen. Davon werden mindestens 1,2 Millionen als Gebrauchtwagen außerhalb der EU exportiert. Sechs Millionen sind offiziell als Altautos erfasst und werden den Erkenntnissen zufolge gemäß der EU-Altauto-Richtlinie behandelt. Wo die restlichen rund vier Millionen Altfahrzeuge abbleiben, ist unbekannt. Im vergangenen Jahrzehnt sollen über 40 Millionen Fahrzeuge in dunklen Kanälen verschwunden sein.

Dr. Georg F. Mehlhart (Öko-Institut) – Foto: ICM AG

Laut Georg F. Mehlhart sind eine bessere Datenlage und ein besserer Datenaustausch auf EU-Ebene vonnöten. Und in den einzelnen Mitgliedstaaten müsse die Durchsetzung der EU-Vorschriften verbessert werden. „Das beinhaltet unter anderem Vorortbesichtigungen bei Verkäufern von Ersatzteilen oder bei Autoreparaturwerkstätten und -garagen“, erklärte Mehlhart und sieht einen weiteren Ansatzpunkt zur Lösung des Problems in den Exportvorschriften selbst: „Wir sollten über Altersbegrenzungen für Fahrzeuge nachdenken. Und über strengere Exportvorschriften, wie beispielsweise einen gültigen Verkehrssicherheitstest als Bedingung für Exporte. Das ist sowohl aus Gründen der Luftverschmutzung als auch der Fahrzeugsicherheit notwendig.“

Der nächste IARC findet vom 14. bis 16. März 2018 in Wien statt. Weitere Informationen beim Kongressveranstalter, der Schweizer ICM AG, www.icm.ch

(EUR0517S16)