- EU-Recycling - https://eu-recycling.com -

Kunststoffrecycling: Die Branche muss sich neu ordnen

Erste Ansätze sind bereits erkennbar: Hersteller und Recycler vernetzen sich und schließen sich zusammen.  

Im Kunststoffrecycling muss ein Umbruch stattfinden. Nur dann kann die Branche die ambitionierten Ziele und Quoten der europäischen Kreislaufwirtschaft erreichen und vorteilhaft tätig sein, lautete die Botschaft des bvse auf der Doppelmesse Recycling aktiv/Tiefbau Live. „Kunststoffrecycling ist außerordentlich komplex und lässt sich live nur unzureichend darstellen. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, die Leistungsfähigkeit der Branche und die große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten für dieses hochwertige Recyclingmaterial in einer gemeinsamen Ausstellung zu präsentieren“, erklärte Eric Rehbock in der Eröffnungsrede des Fachforums.

Der Hauptgeschäftsführer des bvse ist überzeugt, dass das Kunststoffrecycling Zukunft hat und mit dem Verpackungsgesetz einen Qualitätsschub erfährt: mehr Anfallmengen durch mehr Lizenzierung und doppelt so hohe stoffliche Verwertungsquoten. „Die gesetzlichen Weichen für einen Umbau im Kunststoffrecycling sind gestellt und werden in den nächsten Jahren die Regelwerke auf nationaler und europäischer Ebene maßgeblich neu ordnen. Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für die Branche stellt dabei auch die zunehmende Chemisierung des Abfallrechts dar“, ergänzte bvse-Kunststoffexperte Dr. Thomas Probst in seinem Vortrag. „Kunststoffrecycling muss in Zukunft deshalb auch auf operativer Ebene neu gedacht und geordnet werden.“

Investitionen sind unumgänglich

[1]

Dr. Thomas Probst (Foto: O. Kürth)

Erste Ansätze für einen Umbruch und ein neues Denken seien bereits erkennbar. Probst: „In letzter Zeit beobachten wir die zunehmende Tendenz, dass sich auf der einen Seite die Hersteller mit den Recyclern intensiver vernetzen und auf der anderen Seite die Kunststoffverarbeiter eng mit den Recyclern zusammenschließen – teilweise durch gezielte Übernahmen. Die Gründe für die verstärkte Zusammenarbeit sind vielschichtig und nachvollziehbar. Insbesondere Kunststoffverarbeiter sichern sich mit einer Beschaffung von Recyclingmaterialien eine nationale Versorgungssicherheit ab, die sie von Markttendenzen und -verwerfungen unabhängig macht. Darüber hinaus wird die jeweilige Ausrichtung des bestehenden Recyclings weiterentwickelt, um parallel zwei oder drei Standbeine zu bedienen – denn Recycling rechnet sich nur noch ab einer bestimmten Mindestgröße.“

Trotz der heute bereits vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für Rezyklate muss die Branche das Kunststoffrecycling mit seinen Einsatzmöglichkeiten konsequent weiter ausbauen und neue Absatzmärkte erschließen. „Hierfür sind ständige Weiterentwicklung und Investitionen in neue Technologien unumgänglich“, konstatierte Thomas Fischer, bvse-Referent für Kreislaufwirtschaft. „Für diese fehlt den Unternehmen jedoch zunehmend das Kapital. Geschuldet ist dies auch dem engen wirtschaftlichen Rahmen, in dem sich die Unternehmen, beispielsweise in der Sortierung, bewegen müssen, um im Korsett der mit den dualen Systemen getroffenen Verträgen noch wirtschaftlich arbeiten zu können.“

Eine Verantwortung, die neuen gesetzlichen Vorgaben zur Steigerung der Quoten zu erfüllen, sieht Fischer auch im öffentlichen Beschaffungswesen: „Die Vergabepraxis der öffentlichen Hand hinkt der im Kreislaufwirtschaftsgesetz verankerten Verpflichtung, ihren Bedarf nach Möglichkeit auch verstärkt über Recyclingprodukte zu decken, immer noch stark hinterher. Vielen verantwortlichen Entscheidungsträgern fehlt noch das Bewusstsein für den Mehrwert von Produkten durch das Recycling – gerade auch bei den Kunststoffen. Recycling verlängert nicht nur den Lebenszyklus von Kunststoffen, sondern führt diese darüber hinaus ökologisch vorteilhaft in die bestehenden Kreisläufe zurück.“

Foto: pixabay

(EUR0617S25)