- EU-Recycling - https://eu-recycling.com -

„Die Schraube beim Schreddern wird angezogen“

Auf Metallrecycler kommen neue Regelungen zu.

Die Gesetzgeber werden nicht müde, den Entsorgungs- und Recyclingsektor mit immer neuen Auflagen zu regeln beziehungsweise zu reglementieren – sei es auf internationaler, nationaler oder Bundesländer-Ebene. Was in nächster Zeit auf den Metallrecyclingbereich zukommt, erläuterte Prof. Dr.-Ing. Uwe Görisch, Geschäftsführer seines Ingenieurbüros für Abfallwirtschaft, auf der diesjährigen Recycling-Technik in Dortmund. Die „aktuellen Brennpunkte“ (Görisch) auf internationaler Ebene ergeben sich aus dem Beste Verfügbare Technik-Merkblatt Abfallbehandlung und der HP14-Regelung. Das BAT-Merkblatt soll – in erster Fassung rund 1.000 Seiten stark und für die spätere nationale Umsetzung vorgesehen – die mechanische Behandlung metallischer Abfälle in Shreddern regeln. Danach sollen zukünftig gebündelte Abfälle vor dem Schreddern „inspiziert“ werden. Gefährliche Gegenstände wie Gaszylinder, schadstoffhaltige Elektrogeräte, Quecksilber- und PCB-enthaltende sowie radioaktive Gegenstände sind auszusortieren. Die Behandlung von Behältern bedarf eines vorherigen „Sauberkeitsnachweises“. Um Verpuffungen zu verhindern, ist ein Managementplan zu erstellen. Und schließlich ist die Installation von Vorshredder und/oder Druckentlastungsklappen verpflichtend. Görischs kurzer Kommentar: „Die Schraube beim Shreddern wird angezogen.“

Abfallrecht durch Chemikalienrecht überlagert

Die EU-Verordnung 1357/2014 hat in der Liste der gefahrenrelevanten Eigenschaften von Abfällen die Gefahrenklasse „ökotoxikologisch“ (Hazardous Property/HP14) eingeführt. Eine darauf bezogene Studie der EU-Kommission sieht vor, bei der Beurteilung von Abfällen chemisch-analytische Berechnungsmethoden zu bevorzugen. Problematisch, denn dadurch würde das Abfallrecht durch das Chemikalienrecht überlagert. So könnten Shredderleichtfraktionen und Staub (Abfallschlüssel 19 10 04, ausgenommen 19 10 03) sowie sonstige Abfälle einschließlich Metallmischungen aus der mechanischen Behandlung (Abfallschlüssel 10 12 12, ausgenommen 19 12 11) als gefährliche Abfälle definiert werden. Die betroffenen Verbände haben dagegen die Minimalforderung erhoben, dass die chemischen Analysen angepasst und mittels geeigneter ökotoxikologischer Untersuchungen und Biotests verifiziert werden – mit europaweit einheitlichen Testverfahren und Beurteilungskriterien.

TA Luft mit „ambitionierten Werten“

In der nationalen Gesetzgebung haben vier Novellen Bezug zum Metallrecycling. Die Novelle der TA Luft betrifft verschiedene Anlagentypen, darunter – grob gesagt – Shredder für nicht gefährliche metallische Abfälle, solche zur Entsorgung von FCKW- und ähnliche Kältemittel enthaltenden Kühlgeräten, zur zeitweiligen Lagerung von Schrotten und zur mechanischen Behandlung gemischter Siedlungsabfälle. Zu den Anforderungen an diese Anlagetypen gehören die Sichtkontrolle auf Störstoffe, die Kontrolle auf Trockenlegung von Altfahrzeugen, die Entfrachtung von PCB, eine Vorzerkleinerung durch ein Sieb, die Behandlung „diffuser Quellen“ und auch die (Abgas-)Reinigung gefasster Quellen. Darüber hinaus sind eine automatische Abschaltung bei Betriebsstörungen erforderlich und Belastungs-Höchstgrenzen für Gesamtstaub (5 mg/m3), Dioxine und Furane (0,1 ng/m3) sowie für organische Stoffe (30 mg/m3) einzuhalten – nach Einschätzung von Uwe Görisch „ambitionierte Werte“. Er bedauert allerdings, dass die TA Luft das Brennschneiden vermieden sehen will; dann werde es erfahrungsgemäß bald verboten. Auch dürften diese Vorgaben dazu führen, dass etliche Shredderunternehmen binnen weniger Jahre vom Markt gehen werden.

Urbane Gebietskategorie fördert Konflikte

Die Novelle der TA Lärm/Baunutzungsverordnung hat eine neue Gebietskategorie eingeführt: sogenannte urbane Gebiete (Kennzeichnung: MU), deren zulässiger Lärmbelastungs-Pegel zwischen dem für Mischgebiete und Gewerbegebiete liegt. Dadurch soll es Kommunen auch in Gewerbegebieten erleichtert werden, Wohnungen zu bauen oder Gebäude als Wohnungen zu nutzen. Allerdings kommt es schon heute vor, dass auf Abbruchflächen Wohnanlagen geschaffen werden, deren Bewohner mit dort angesiedelten privaten Entsorgungs- oder Recyclinganlagen in Konflikt geraten. Insbesondere in Verdichtungsräumen ist ein verstärkter Wohnungsbau auf ursprünglich für gewerbliche Unternehmen vorgesehenen Flächen absehbar. Um die Beeinträchtigung der Anwohner zu reduzieren, müssen die benachbarten Betriebe mit Auflagen zur Lärmminderung rechnen oder ihren Standort wechseln.

Gütezeichen statt Entsorgungsfachbetrieb?

Laut novellierter Entsorgungsfachbetriebe-Verordnung müssen sich nicht als Entsorgungsfachbetrieb zertifizierte Unternehmen einer Vorprüfung unterziehen, die unter anderem Genehmigungslage und Zuverlässigkeit beurteilt. Diesen Bericht muss die ausstellende Zertifizierungsorganisation an die Zustimmungs- oder Anerkennungsbehörde senden. Diese Daten werden in ein bundesweit einheitliches elektronisches Register über Entsorgungsfachbetriebe eingegeben und stehen per Internet der Öffentlichkeit zur Verfügung. Die Zertifizierungsorganisation muss auch künftig die Zertifikate, die Überwachungsberichte und den eventuellen Entzug der Zertifizierung elektronisch der Überwachungsbehörde zusenden. Die Verordnung ist gültig ab 1. Juni 2017, tritt aber erst zum 1. Juni 2018 in Kraft. Wie Uwe Görisch informiert, entfällt der Unterschied von Eigen- und amtlicher Überwachung. Mittelfristig, so der Experte, dürften alternative Systeme den Entsorgungsfachbetrieb als Markenbezeichnung ersetzen. Das könnte beispielsweise das RAL Gütezeichen „Abbruch“ seien oder ein noch zu entwickelndes RAL Gütezeichen „Entsorgung“.

Investitionskosten von über 190 Millionen Euro

Die neue Gewerbeabfallverordnung gilt für gewerbliche Siedlungsabfälle und industrielle Abfälle (AVV Kapitel 20), solche, die wie Siedlungsabfälle entsorgt werden können, sowie bestimmte Bau- und Abbruchabfälle. Die Verordnung sieht zur Abfallaufbereitung den Einsatz von Techniken wie Vorzerkleinerung, Siebung, Sichtung, manuelle Sortierung oder NIR-Technik zwingend vor. Die Kritik an der Verordnung macht sich daran fest, dass sie sich nicht konsequent an Zielvorgaben orientiert. Aber vor allem, dass für die 179 geeigneten Anlagen laut Schätzung des Normenkontrollrates Investitionskosten von über 190 Millionen Euro entstehen, die sich rechnen müssen und von kleineren Unternehmen nicht mehr getragen werden können. Jedoch könnten durch stärkere Trennung von Materialien wie Holz, Dämmstoffe oder Bitumengemische auch neue Märkte entstehen, beispielsweise durch einen eigenen Recycling-Kreislauf von Gipskartonplatten.

Auswirkungen auf die Rechtslage für das Metallrecycling wird auch die LAGA M31A zeitigen, die für die Entsorgung von Elektro(nik)altgeräten Vollzugshilfen und Klarstellungen bietet. Darüber hinaus spezifiziert sie aber auch den Begriff „haushaltsübliche Mengen“ und geht auf regionale Besonderheiten ein. Die LAGA M31B konzentriert sich auf Behandlungs- und Verwertungsverfahren dieser Altgeräte, müsste aber nach Görischs Ansicht überarbeitet werden: Angaben wie „Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 Kubikzentimeter“ seien zu detailverliebt, während andere Begrifflichkeiten zu flach behandelt würden.

In der Frage, ob mit Kühlschmierstoffen behaftete Metallspäne als gefährlicher Abfall einzustufen sind, hat ein Oberlandesgericht für die Entsorgungsunternehmen entschieden. Möglicherweise ist diese Debatte damit aber noch nicht zu Ende: Die Diskussion um die Einstufung von Kupfergranulat nach CLP-Verordnung als gesundheitsgefährdend weist in die gleiche Richtung.

Foto: Andi Karg

(EU-Recycling 07/2017, Seite 6)

[1]

Anzeige