Markt für Gewerbeabfälle: Es muss mit steigenden Preisen gerechnet werden

Das Trend- und Marktforschungsinstitut trend:research untersuchte, ob und welchen Einfluss die Novelle der Gewerbeabfallverordnung auf die Entwicklung der Entsorgung von Gewerbeabfällen ausübt. Referent Jens Gatena stellte die Studie auf dem Waste-to-Resources-Kongress am 17. Mai in Hannover vor.

Die Eckdaten der neuen Gewerbeabfallverordnung, die der Bundestag Ende März auf den Weg gebracht hat, liegen fest: Ab Inkrafttreten des Gesetzes ist eine Sortierquote von 85 Prozent für gemischte Gewerbeabfälle vorgeschrieben, wovon nach zwei Jahren 30 Prozent und nach vier Jahren 50 Prozent recycelt werden müssen. Hinzu kommen diverse Inspektionen, Nachweispflichten und Dokumentationsauflagen. Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, sollten die Anlagen, die diese Materialien sortieren und aufbereiten, auf dem neuesten Stand der Technik sein. Ob die Zielquoten realistisch und erfüllbar sind, wird nach drei Jahren überprüft und gegebenenfalls die Regularien an die Praxis angepasst.

Wenig Steuerungsfunktion für Materialströme

Insgesamt geht die trend:reserarch-Studie davon aus, dass die Steuerungswirkung der Gewerbeabfallverordnung aus mehreren Gründen eher bescheiden ausfällt: Zum einen wird die separate Erfassung von gemischten Gewerbeabfällen von Betrieben bereits praktiziert, falls der ökonomische Aufwand vertretbar ist. Zum anderen sucht sich Abfall immer den günstigsten Weg, was bei größeren Firmen zur Suche nach Ausweichstrategien und bei kleineren Firmen zur Entsorgung als Siedlungsabfälle führt. Somit betrifft die neue Gesetzgebung, die über keinerlei Steuerungsfunktionen für Materialströme im Allgemeinen und geringe speziell für Gewerbeabfälle verfügt, nur wenige restliche Prozent an unerfassten Stoffen. Darüber hinaus ist bei circa 3,5 Millionen gewerblichen Betrieben nur mit unverhältnismäßig hohem bürokratischem Aufwand zu kontrollieren, ob die Anlagen auch den gesetzlichen Auflagen entsprechen.

Abfälle der Gewerbebetriebe bestehen zu 59 Prozent aus Bau- und Abbruchabfällen, aber nur zu 14,6 Prozent aus Siedlungsabfällen. Darunter sind 1,1 Prozent hausmüllähnliche Gewerbeabfälle und 1,6 Prozent gemischte Verpackungen, die für die Abfallwirtschaft von Wert sind, da sie mit anderen Siedlungsabfällen entsorgt werden können. Diese 2,7 Prozent am Gesamtaufkommen entsprechen rund 9,5 Millionen Tonnen im Jahr, wobei die Menge der gemischten Verpackungsabfälle während der letzten Jahre leicht zunahm, die der haushaltsähnlichen Gewerbeabfälle hingegen je nach Wirtschaftslage schwankte. Bislang wurden rund sechs Millionen Tonnen beziehungsweise 64 Prozent in mechanisch-biologischen Anlagen oder Anlagen zur Herstellung von Ersatzbrennstoffen aufbereitet. Die restlichen 36 Prozent unterliegen der thermischen Verwertung, mit zunehmend mehr energetischer Verwertung als Beseitigung durch Verbrennung.

Abfallangebot bis 2025 gleichbleibend

Insgesamt verteilen sich die Stoffströme auf 0,3 Millionen Tonnen Deponierung, 1,5 Millionen Tonnen Recycling, 3,7 Millionen Tonnen energetische Verwertung sowie 3,8 Millionen Tonnen für EBS-Kraftwerke und Mitverbrennung. Für die Sortierung der Abfälle stehen in Deutschland mehrere tausend Sortieranlagen zur Verfügung, die jedoch nur kleine Mengen oder bei Spezialisierung nur spezifische Fraktionen separieren können. Niedrige energetische Verwertungskosten haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass sich die stoffliche Sortierung nicht rentierte und nur geringe Recyclingquoten erzielt werden konnten. An Infrastruktur zur energetischen Verwertung stehen 35 Ersatzbrennstoffanlagen, 15 Kohle-gefeuerte Kraftwerke, 33 Zementwerke, 37 mechanisch-biologische Anlagen und 66 Müllverbrennungsanlagen zur Verfügung.

Bis zum Jahr 2025 ist damit zu rechnen, dass sowohl das Angebot an hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen wie auch gemischten Verpackungen auf gleichem Niveau bleibt: Die Effekte der guten wirtschaftlichen Entwicklung und die Maßnahmen zu verbesserter Abfallvermeidung dürften sich gegenseitig aufheben. Auch die zur Behandlung von Gewerbeabfällen vorhandenen Kapazitäten werden in den nächsten Jahren ausreichen. Dabei muss allerdings in Betracht gezogen werden, dass sich die Kapazitäten der Abfallverbrennungsanlagen um 1,3 Millionen Tonnen verringern. Als Gründe werden das Alter einzelner Verbrennungslinien und abnehmende Mit-Verbrennungsmengen in deutschen Kohlekraftwerken angegeben.

Wenig Chancen auf gesteigerte stoffliche Verwertung

Mittelfristig wird von steigenden Preisen aufgrund regionaler Engpässe und hoher Auslastungsraten bei Verbrennungsanlagen ausgegangen, aber auch aufgrund von Neukon­struktionen oder Sanierungen, die sich noch im Planungsstadium befinden und Investitionen erfordern, und von weiteren Importen aus dem Vereinigten Königreich – je nachdem, wie die Brexit ausfällt. Für Gewerbeabfall bedeutet das steigende Entsorgungspreise bis 2024 und – bei steigenden Abfallmengen zur Verbrennung und sinkenden Kapazitäten – auch auf längere Sicht um 50 bis zu 100 Prozent Teuerung. Verknappungen von und höhere Kosten für Verbrennungskapazitäten verbessern zwar die Chancen für einen Anstieg des Recyclings, indem Abfälle wieder in die Sortierrouten einlaufen und die Kapazitäten der Anlagen zur stofflichen Verwertung erneut gefragt sind. Doch stehen dem die hohen Kosten zur Sortierung gemischter Gewerbeabfälle entgegen. Zudem ist die Einführung der Gewerbeabfallverordnung mit Unsicherheiten behaftet. Und es gibt keine Gewähr dafür, dass die gewonnenen Recyclingmaterialien kommerzielle Abnehmer finden. Ob daher innerhalb der nächsten zwei Jahre die Ziele für die zusätzlichen 700.000 Tonnen Potenzial erreicht werden können, bleibt fraglich.

Eine Kurzform des Vortrags kann in „Waste-to-Resources 2017“, ed. Math­hias Kühle-Weidemeier, Katrin Büscher, Göttingen 2017, ISBN 978-3-7369-9533-8 oder eISBN 978-3-7369-8533-9 nachgelesen werden.

Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de

(EU-Recycling 07/2017, Seite 28)