Energie aus Abfall & Strategie · Planung · Umweltrecht

TK Verlag legt Bände zu aktuellen Themen der Abfallwirtschaft auf.

„Der Druck im deutschen Abfallverbrennungsmarkt hat sich im Vergleich zum Vorjahr weiter erhöht“, heißt es einführend im Band 14 der Reihe „Energie aus Abfall“ des Neuruppiner TK Verlags. Und entsprechend widmet sich die rund 600 Seiten starke Artikel-Sammlung einer ganzen Reihe von Themen, die aktuell die Praxis der Abfallverbrennung bestimmen.

So geht bereits der erste Artikel der Frage nach, wie Anlagen hinsichtlich Energieeffizienz optimiert und gleichzeitig die Gewinnung von Wertstoffen mittels Trockenentschlackung integriert und angepasst werden können. Experten referieren darüber, wie der Anlagenwirkungsgrad durch die Reduktion des Stromeigenbedarfs, die Absenkung der Temperaturen im Abwärmenetz oder eine besser genutzte Verlustwärme gesteigert werden kann. Wobei, wie ein anderer Beitrag ausweist, auf den Einsatz möglicher problematischer Produktgruppen wie faserverstärkter Kunststoffe (CFK/GFK), Nanomaterialien, POP-haltiger Abfälle und Brennstoffe aus dem Deponierückbau geachtet werden sollte.

Abb.: TK Verlag

Dass Effizienzsteigerungen auch direkt mit der Klimafrage zusammenhängen, belegt ein Artikel, der über mehrere Energie- und Biogas-Gewinnungsverfahren aus Abfällen Auskunft gibt. Weitere Beiträge untersuchen die Möglichkeiten, CO2 aus Waste-to-Energy-Anlagen abzuscheiden, zu erfassen und zu lagern. Mit Abgasbehandlung befasst sich ein eigener Themenblock: Einen breiten Raum nehmen die nichtkatalytischen Reduktionsverfahren (SNCR-Technlogien) zur Entstickung ein, bei denen auch Verfahren wie TWIN-NOx, Dual-Injection und Opti-Link analysiert werden. Die Ursachen für Desaktivierungen von DeNOx-Katalysatoren und mögliche Gegenmaßnahmen kommen zur Sprache, die Verwendung von Seewasser zur Abgaswäsche wird beleuchtet, und Spezialisten erfahren Details über Sprühtrockner, Sprühabsorber und Verdampfungskühler.

Interessant: IT-Sicherheit

Mit interessanten Informationen – auch für Nicht-Experten – warten die Beiträge zum Thema Digitalisierung und IT-Sicherheit auf. Sie machen deutlich, wie sehr angesichts einer zunehmend dezentraleren Stromerzeugung die Akteure auf Digitalisierung angewiesen sein werden. Wie sich die Prozesssicherheit in Verbrennungsanlagen durch verbessertes Daten- und Informationsmanagement steigern lässt. Und was darüber hinaus unternommen werden muss, um die Sicherheit der Informationstechnologie vor Bedrohungen wie Hackerangriffen von innen wie außen zu beschützen.

Den energetischen Aspekt der Verbrennung verfolgen zwei Arbeiten zur Klärschlammverbrennung. Sie gehen der Frage nach, welche Möglichkeiten die Absenkung der Mindestverbrennungs-Temperatur und der Einsatz eines Pyrolysereaktors bieten. Zwei weitere Artikel widmen sich der Nutzung von heizwertreichen Deponiematerialien in Mitverbrennungsanlagen bei Kraft- oder Zementwerken. Und eine Untersuchung, inwieweit Quecksilber-Emissionen bei der Herstellung von Zementklinker reduziert werden können, erhält durch die kürzliche Unterzeichnung des Minamata-Abkommens durch Deutschlands und Österreich besondere Aktualität.

Was steckt hinter Maintenance 4.0?

Auch die werkstoffliche Seite bleibt nicht ausgeblendet. Eine eingehende Darstellung erfahren nitridisch gebundene Siliciumcarbid-Platten, NiCrMo-Legierungssysteme und die Schweißplattier-Technik. Darüber hinaus werden – Stichwort Maintenance 4.0 – integrierte Wartungssysteme vorgestellt, die anstelle der klassisch reaktiven Wartung einer schrittweise vorausschauenden Instandhaltungsstrategie folgen. Wie Chlor-Korrosion, Erosion und Schlackenangriff Kesselwerkstoffe belasten, wie man sie diagnostiziert und was gegen sie unternommen werden kann, zeigen zwei Experten mit „Erfahrungen aus zwanzig Jahren Revisionsbegleitung“. Und ein weiterer Artikel erörtert ausführlich die Optimierung der Online-Reinigung von Feuerungssystemen.Der letzte Themenblock des Buches geht auf gefährliche Abfälle ein. Dabei wird die Rolle der Sonderabfallverbrennung zwischen Schadstoffsenke und energetischer Verwertung beleuchtet, die Modernisierung einer Reststoff-Verbrennungsanlage nachgezeichnet und eine Methode vorgestellt, wie Gebinde in Drehrohröfen anhand von Kenngrößen erfasst und verfolgt werden. Der letzte Artikel wirft ein Schlaglicht auf die Entsorgungsmöglichkeiten gefährlicher Abfälle in der Russischen Föderation.

Um das Thema Planung erweitert

Band 11 der Vivis-Reihe „Strategie · Planung · Umweltrecht“ stellt eine ausgezeichnete thematische Ergänzung zum „Energie aus Abfall“-Band dar. Hier liefern zunächst zwei Artikel zusätzliche rechtliche Informationen: Der erste klärt über die Änderungen auf, die die novellierte Industrie­emissions-Richtlinie für Genehmigung und Betrieb von Abfallentsorgungsanlagen mit sich bringt, während der zweite über den Stand der Revision des Beste-Verfügbare-Technik-Merkblatts Abfalltechnik informiert. Zum Thema „Planung“ werden Konzepte zur Betriebsführung und Instandhaltung vorgestellt, die den vielfältigen Organisationsformen und Eigentümer-Strukturen von Abfallverbrennungsanlagen Rechnung tragen sollen. Diese Bedingungen erschweren – wie ein weiterer Beitrag erläutert – auch Mergers und Aquisitions in der Abfallwirtschaft, die im Gegensatz zu klassischen Transaktionen originär komplex verlaufen und fundierte Branchenkenntnis erfordern. An anderer Stelle wird gezeigt, wie das Betriebsergebnis von Abfallverbrennungsanlagen unter anderem durch Sicherheitsabschottung, Umbau einer Brennstoffaufgabe oder den Einsatz eines Primärluftvorwärmers verbessert werden kann.

Aus erster Hand

Abb.: TK Verlag

Aus erster Hand stammt ein Bericht über die zehnjährige Vorbereitungsphase einer Abfallbehandlungsanlage für organisch und energetisch verwertbare Abfälle mitten in Paris. Ein weiterer Artikel schildert die Erfahrungen mit der von MVV Energie realisierten Abfallverbrennungsanlage in Plymouth, die 2015 in Betrieb ging und bereits höchste Ansprüche hinsichtlich Energieeffizienz, Umweltfreundlichkeit und Zuverlässigkeit erfüllen soll.

Insbesondere für kommunale Unternehmen interessant sind die Ausführungen über Kosten- und Nutzenaspekte beim Ausbau von Recyclingaktivitäten, die für unterschiedliche Abfallfraktionen unterschiedliche Handlungsoptionen nahelegen. An anderer Stelle geht es um die perspektivische Entscheidungsfindung für kommunale Entsorgungsunternehmen: Welche Vor- und Nachteile bieten Privatisierung, Rekommunalisierung oder Private-Public-Partnerships? Welche Implikationen die Überführung einer Abfallverbrennungsanlage als GmbH in die kommunale Inhouse-Fähigkeit mit sich brachte, skizzierte der Geschäftsführer der Anlage. Und Mitarbeiter der Stadtreinigung Hamburg protokollierten Stilllegung, Betriebsmittel-Freistellung und Rückbau-Vorbereitungen der Müllverbrennungsanlage Stellinger Moor.

Als Teil eines Kompendiums

Autorenlisten sowie ausführliche Schlagwortverzeichnisse runden zwei Bände ab, die erneut aktuelle Themen und teilweise akute Problemstellungen behandelt. Die Bücher wenden sich an Entscheidungsträger und Fachleute in der Politik, in Behörden, in der Entsorgungswirtschaft und Wissenschaft, an Ingenieur- und Beratungsbüros sowie an Anlagenbauer und -betreiber. Zusammen mit den andern Fachbüchern und -reihen des TK Verlags könnte man „Energie aus Abfall“ und „Strategie · Planung · Umweltrecht“ durchaus ansehen als Teil eines wachsenden Kompendiums zur Abfallverbrennungswirtschaft – mit der Möglichkeit, auch zukünftig weitergeführt zu werden. Das wäre der Wunsch des Initiators und Herausgebers der Reihen – Karl J. Thomé-Kozmiensky – gewesen, der den Abschluss der vorliegenden Bände nicht mehr miterleben konnte.

■ Energie aus Abfall, Band 14, hrsg. Karl J. Thomé-Kozmiensky, Michael Beckmann, Neuruppin 2017, ISBN 978-3-944310-32-9
■ Strategie · Planung · Umweltrecht, Band 11, hrsg. Karl J. Thomé-Kozmiensky, Stefanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Neuruppin 2017, ISBN 978-3-944310-33-6

www.vivis.de

(EU-Recycling 08/2017, Seite 30)

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