Neuartige Biokunststoffe: Unsichtbar für die Sortiermaschinen?

Wie verhalten sich Produkte aus biobasierten, chemisch neuartigen Kunststoffen in den bestehenden Recycling­prozessen und -anlagen? Dieser Frage der Verwertungstrategien ging die Knoten Weimar GmbH in einem Forschungsverbund nach.

Den Großteil der Entsorgung von Post-Consumer-Abfällen läuft über öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und Rücknahmesysteme der Wirtschaft. Die Abfallprodukte werden durch duale Systeme oder über die Biotonne erfasst, um Altfahrzeuge und Elektroabfälle kümmern sich Rücknahmesysteme, und Restabfälle werden mechanisch-biologisch oder thermisch behandelt oder beseitigt. Rund 60 Prozent der Kunststoffabfälle resultieren aus dem Verpackungsbereich: An konventionellen Kunststoffen sind hier vor allem Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyethylenterephthalat (PET), Polyvinylchlorid (PVC) und Polystyrol (PS) vertreten.

Diese Materialien werden entweder über Mehrweg- beziehungsweise Pfandsysteme oder über die dualen Systeme erfasst und weitergeleitet. PET-Flaschen gelangen per Pfandsystem zu dem Letztempfänger, in dessen Anlagen sie trocken-nass aufbereitet und zu PET-Rezyklaten stofflich recycelt werden. Der andere Verwertungspfad betrifft die erfassten Leichtverpackungen, die im Entsorgungsfachbetrieb trocken-sortiert und behandelt werden. Hier anfallendes PET, PS, PE/PP sowie Folien werden ebenfalls nass-trocken und schließlich zu Rezyklaten aufbereitet. Aus der trockenen MKS-Aufbereitung resultieren PO-Rezyklate und nach rohstofflichem Recycling Reduktionsmittel, Gase, Öle und Brennstoffe. Ersatzbrennstoffe dienen wie Rest- und Störstoffe der energetischen Verwertung.

Was nach Technikstand möglich ist

Bislang ist in den vorhandenen Verwertungsabläufen ein sortenreines Recycling biobasierter Kunststoffe wirtschaftlich nicht realisierbar und sinnvoll. Je nach Stoff, Materialmenge, Sortier- und Aufbereitungskosten sowie Rezyklatpreisen im Markt ist dies aber denkbar: Polystyrol kann Angaben zufolge bereits ab einem einprozentigen Anteil separiert und verwertet werden.

Maisstärkechips (Foto: wikimedia / Achim Raschka)

Technisch stellt die Trennung und Sortierung etlicher Kunststoffarten – sowie deren Bio-Varianten – mittels Nahinfrarot-Geräten kein Problem dar. Selbst die Erkennung und Separation biobasierter neuartiger Kunststoffe ist technisch grundsätzlich realisierbar. Zu diesem Ergebnis führte ein Versuch, bei dem für Polylactid-Verschnitte und PVC-Materialien eigene NIR-Spektren in die Detektionsgeräte eingegeben wurden: Die modifierten Geräte waren durchaus in der Lage, das gesamte Spektrum der Polylactid-Blends und das PVC getrennt zu erfassen. Allerdings besteht die Gefahr, dass durch Fehlsortierung diese neuartigen biobasierten Kunststoffe als Störstoffe in die Aufbereitungsprozesse gelangen. Bei Mischkunststoffen kann der Anteil der Störstoffe bis zu zehn Masseprozent betragen; für bestimmte PET-Flaschen muss er unter zwei Prozent liegen.

Der aktuelle Masseanteil von Polylactid und Polylactid-Verschnitten an üblichen Leichtverpackungs-Abfällen liegt meist unter 1,1 Promille; das ergab ein weiterer Versuch, der die Frage aufwarf, ob bei dieser Größenordnung die Kunststoffe noch erkannt und sortiert werden können? Als Ergebnis dreier Sortierversuche mit unterschiedlichen Materialzusammensetzungen konnte festgehalten werden, dass das Erkennen und Separieren von Polylactid – auf einer Praxisanlage nach dem Stand der Technik – durchaus möglich ist. Bei Nichtaktivierung der Polylactid-Erkennung oder Nichtvorhandenseins eines Polylactid-Spektrums werden allerdings neun Prozent dieses Materials in die PVC-Fraktion sortiert. Die aktivierte Polylactid-Kennung ermöglichte hingegen eine Sortierrate von 55 Prozent für Polylactid und von 46 Prozent für Polylactid und PE/PP.

Foto: Steinert Elektromagnetbau

(EU-Recycling 08/2017, Seite 37)