Was der Nationale Asbestdialog außen vor ließ

Auf die Branche der Bau- und Abbruchunternehmen und der Schadstoffsanierer kommt ein folgenschweres Problem zu.

Der Nationale Asbestdialog ermöglichte, einen Maßnahmenkatalog zu entwickeln, der die Bedürfnisse der Branche miteinbindet. Die intensive Zusammenarbeit konnte als voller Erfolg gewertet werden. Die Dialogpartner Gesamtverband Schadstoffsanierung und der Deutsche Abbruchverband machen jedoch auf einige Punkte aufmerksam, denen der Asbestdialog bisher nicht gerecht werden konnte.

Aufgrund der Zusammensetzung der Materialien aus den Abbruch- und Rückbaumaßnahmen, welche seit längerem einem Wandel unterliegt, sehen die Verbände ein folgenschweres Problem auf die Branche zukommen: Klassische Massivbauweisen mit Klinker oder Ziegel wurden ab den 1960er/1970er Jahren durch den Einsatz von Verbundmaterialien substituiert. Im Gleichklang mit Leichtbauweisen, Porenbeton, Beschichtungen und nicht abtrennbaren Dämmstoffen etc. wurden auch asbesthaltige Fliesenkleber und Spachtelmassen in Gebäuden verbaut. Bis dato wird von Seiten des BMUB nicht erkannt, dass der Bauherr für die ordnungsgemäße Erkundung und Kennzeichnung von asbesthaltigem Abfall als gefährlicher Abfall in der Verantwortung stehen muss. In der gängigen Praxis werden vielfach asbesthaltige bauchemische Produkte durch fehlende Erkundungen in der Planungsphase nicht erkannt. Sie werden als ungefährlich erfasst, gelangen in den Recyclingprozess und anschließend in Neubauprojekte.

Ziel muss es aber sein, eine klare Verantwortung bereits in der Planung und Ausschreibung von Baumaßnahmen festzusetzen, um auch dadurch den verantwortungsbewussten selektiven Rückbau zu fördern. Dahingehend ist das novellierte Chemikaliengesetz ein guter Ansatz, die Pflicht des Bauherrn rechtlich zu verankern. Die in Kraft getretene Änderung, welche die Ermächtigungsgrundlage um die Informations- und Mitwirkungspflichten des Bauherrn erweitert, lässt die Branche der Bau- und Abbruchunternehmen und der Schadstoffsanierer hoffen.

Abzuwarten bleibt jetzt, wie diese Verordnungsermächtigung bei der Umsetzung der Gefahrstoffverordnung berücksichtigt wird. Im Zusammenhang mit der Asbestproblematik steht auch das Bedürfnis nach einer klaren Aussage, bis wann ein Material als „asbestfrei“ gilt, also dem Recycling zugeführt werden kann. Sich als ausführendes Unternehmen einfach an der Abgrenzung von gefährlichem/nicht gefährlichem Abfall zu orientieren, bietet in dem Fall nicht genug Rechtssicherheit, weshalb der Deutsche Abbruchverband und der Gesamtverband Schadstoffsanierung die Ministerien um eine Regelung beziehungsweise Klarstellung bitten.

Foto: O. Kürth

(EU-Recycling 09/2017, Seite 8)