Ressourceneinsparung mit Recyclingbeton

Ein Forschungsverbundprojekt an der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) arbeitet an der Etablierung von Recyclingbeton aus Mauerwerkbruch in der Bauwirtschaft.

Partner sind das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (IFEU), das Institut für Angewandte Bauforschung Weimar gGmbH (IAB), das Recyclingunternehmen Feess und das Transportbetonwerk Holcim. Ziel des Forschungsprojekts ist unter anderem, die Bekanntheit von Recyclingbeton und das Vertrauen in das Material zu steigern, das circa zu einem Viertel aus Betongranulat oder gemischtem Mauerwerkbruch besteht. „Es ist ein Trugschluss, dass die für Beton nötigen Gesteinskörnungen wie Sand am Meer zur Verfügung stehen“, erklärt Dr. Sylvia Stürmer, Professorin für Baustofftechnologie, Bauphysik und Bauwerkserhaltung an der HTWG. „Gerade die Niederlande sind mit der Knappheit des Kiesvorkommens im eigenen Land konfrontiert – wie im Übrigen auch die Schweiz.“ Kein Wunder, dass diese beiden Länder Vorreiter im Einsatz von Recyclingbeton sind. Häufig sind die Abbaustätten natürlicher Gesteinskörnungen umstritten. Wer will Bagger, Lkws und den damit verbundenen Lärm, Verkehr und Staub in der Umgebung haben? Dazu kommt eine weitere Problematik: Wohin mit dem Bauschutt bei Abbrucharbeiten? Deponien sind teuer und häufig in großer Entfernung von den Abbruch-Baustellen.

Nicht von minderer Qualität

Ein nicht zu unterschätzendes Argument für neue Wege in der Baustoffproduktion ist schließlich die Energieeinsparung: Die Herstellung von Zement ist sehr energieintensiv. Deshalb werden ausschließlich CEM II-Zemente eingesetzt und die Betonrezepturen bezüglich des Zementbedarfs optimiert. Moderne Verfahren ermöglichen bereits während der Abbrucharbeiten den selektiven Rückbau von Beton und Mauerwerk, die Trennung zwischen Ziegel, Beton, Asphalt und Störstoffen wie Holz und Kunststoffen. „Es ist zum Beispiel ein großer Unterschied, ob Mauerwerke mit Ziegel und Beton aus dem Jahr 1880 oder aus dem Jahr 1965 rückgebaut werden“, sagt Stürmer. Die für die Wiederverarbeitung nötige sorgfältige Aufbereitung der Abbruchmaterialien durch Brechen, Sieben und Fraktionieren kostet Zeit und Geld, ermöglicht aber durch die Ressourcenschonung Energieeinsparung und reduziert das Deponieaufkommen.

„Beton mit Recyclinganteilen ist nicht von minderer Qualität“, betont Stürmer. „Dies garantieren Normen und Regelwerke, wonach Recyclingbeton-Körnungen als vollwertige Substitute für Kies oder gebrochenes Primärgestein bei der Betonherstellung gelten.“ Dennoch ist die Bekanntheit des Materials und das Vertrauen indes gering – zumindest in Deutschland. Anders im Nachbarland. Stürmer: „In der Schweiz wird der Einsatz von Recyclingbeton gar nicht mehr gesondert gekennzeichnet; ein Anteil von fünfzehn Prozent bei öffentlichen Baumaßnahmen ist üblich.“

Auf zwei Jahre angelegt

Das Forschungsprojekt mit dem Titel „Untersuchung von Mauerwerksabbruch und Ableitung von Kriterien für die chemisch und physikalisch verträgliche und ökologische Anwendung in RC-Beton“ soll einen Beitrag dazu leisten, dass Recyclingbetone auch mit Mauerwerkbruch im modernen Hochbau eingesetzt werden. „Das ist besonders in den Regionen effizient und nachhaltig, in denen verstärkt Mauerwerkabbruch anfällt, die Transportentfernung für natürliche Gesteinskörnung vergleichsweise hoch ist und viele Hochbau-Projekte mit Beton realisiert werden“, erläutert Stürmer.

In dem auf zwei Jahre angelegten Forschungsprojekt untersucht das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (IFEU) die ökologische Bilanz der verwendeten Materialien vom Rückbau bis zum Einsatz auf Neubau-Baustellen im Vergleich zum Beton mit ausschließlich natürlichen Körnungen. Das Institut für Angewandte Bauforschung Weimar gGmbH (IAB) geht auf Aspekte der Aufbereitung und der Materialtechnik ein. Der Anteil der Fakultät Bauingenieurwesen der HTWG betrifft die umfassende Untersuchung der Betonkennwerte der handelsüblichen R-Betone im Vergleich zu herkömmlichen Betonen mit ausschließlich natürlicher Körnung. Für die Gefügeuntersuchungen werden moderne Analyseverfahren wie Rasterelek­tronenmikroskopie und LIBS (Laser induced breakdown spectroscopy) eingesetzt. Das Projekt wird durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gefördert.

www.htwg-konstanz.de

Foto: HTWG

(EU-Recycling 09/2017, Seite 12)