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In Kroatiens Abfallwirtschaft stehen Investitionen an

Kroatien wird es voraussichtlich nicht schaffen, landesweit bis nächstes Jahr ein integriertes und EU-konformes Abfallwirtschaftssystem zu realisieren. Die Verabschiedung des neuen nationalen Abfallbewirtschaftungsplans 2017 bis 2020 hatte sich verzögert.

Im Zeitraum 2014 bis 2020 stehen dem Abfallsektor in Kroatien aus EU-Mitteln 475 Millionen Euro zur Finanzierung von Projekten zur Verfügung. Die Anpassung an EU-Standards stellt das Land immer noch vor große Herausforderungen. Vor allem bei der Behandlung von Bioabfällen, Bauschutt, Klärschlamm sowie gefährlichen Abfällen gibt es Nachholbedarf. Investitionen in Abfallwirtschaftszentren und Deponiesanierungen stehen an. Abfalltrennung und Wiederverwertung werden stärker in den Vordergrund rücken.

Marktbeobachtern zufolge wird es Kroatien voraussichtlich nicht schaffen, bis 2018 ein integriertes und EU-konformes Abfallwirtschaftssystem zu realisieren. Die Verabschiedung des neuen Abfallbewirtschaftungsplans für 2017 bis 2020 hatte sich verzögert. Dieser ist Grundlage für die Nutzung von EU-Kohäsionsmitteln. Für die Kommunen dürfte sich zudem die Umsetzung einer neuen Durchführungsverordnung über die Bewirtschaftung von Siedlungsabfällen vom 26. Mai 2017 als kritisch erweisen. Sie soll ab 1. November 2017 die Rahmenbedingungen für die Gestaltung von Abfalltrennsystemen und die Preisfestsetzung schaffen. Für Kommunen, welche die Ziele für deponierte Abfallmengen überschreiten, sind Geldbußen vorgesehen. Ein Drittel der insgesamt 555 lokalen Verwaltungseinheiten verfügte 2015 noch über keinerlei Abfalltrennung.

Deponiesanierung verläuft schleppend

Vor allem in den Küstenregionen, die in den Sommermonaten rund das Sechsfache des üblichen Abfallaufkommens bewältigen müssen, ist der Systemumbau eine große Herausforderung. Es gibt aber auch schon Beispiele für erfolgreiche Kommunen, wie etwa die Städte Krk und Crikvenica (Nordadriaküste), die bereits 2015 die für 2020 angepeilte Recyclingquote von 50 Prozent erfüllten. Vorreiter ist die Stadt Prelog mit 57 Prozent. Für Ausrüstungskäufe waren bisher viele Gemeinden auf Zuschüsse des kroatischen Ökofonds (FZOEU) angewiesen. Seit 2017 sind dafür EU-Kohäsionsmittel entscheidend. Im Frühjahr 2017 wurden erste EU-Finanzhilfen ausgeschrieben – für den Bau von Recyclinghöfen (144,5 Millionen Kuna; 19,5 Millionen Euro) und für Deponiesanierungen (80 Mio. Kuna). Im Herbst 2017 soll die Mittelvergabe an Kommunen für den Ausbau von Sortier- (50 Mio. Kuna) und Kompostieranlagen für Bioabfälle (30 Mio. Kuna) folgen. FZOEU bietet fachliche Beratung sowie Subventionen für die Ausarbeitung von Projektunterlagen an, etwa für Recyclinghöfe. Bis Ende 2019 sind 150 solcher Anlagen zu errichten.

Schleppend verläuft die Deponiesanierung. Ab 2018 ist die Ablagerung auf nicht EU-konformen Deponien verboten. Derzeit werden Sanierungspläne für 60 Müllkippen ausgearbeitet; an 30 Anlagen sind Maßnahmen erforderlich. Am größten ist der Nachholbedarf bei der Sickerwasser- und Deponiegasbehandlung. Bis 2022 müssen die übrigen Deponien für gefährliche Industrieabfälle saniert werden. Bei nur sechs von 13 Anlagen war 2016 die Anpassung abgeschlossen.

Planung von AWZ wird überarbeitet

Der geplante Bau großer Abfallwirtschaftszentren (AWZ) hat sich stark verzögert. Der neue Abfallbewirtschaftungsplan sieht nur noch elf von ursprünglich 13 geplanten AWZ vor. Und es steht das Projekt in der Region Dubrovnik-Neretva auf dem Prüfstand. Zwei Anlagen sind in Istrien und Primorje-Gorski kotar bereits in Betrieb. Derzeit werden für die geplanten Zentren Machbarkeitsstudien auf Basis der neuen Vorgaben ausgearbeitet. Ausnahmen sind die Projekte in Zadar und Sibenik, die bereits ausgeschrieben wurden. Die Finanzierung der AWZ wird bis zu 90 Prozent aus EU-Strukturmitteln und Hilfen des FZOEU gesichert. Für den Rest gibt es günstige Kreditmöglichkeiten unter anderem der Europäischen Investitionsbank (EIB).

Statistische Erfassung? Nur zum Teil

Nach wie vor ist der Nachholbedarf bei der Kompostierung groß. Im Jahr 2015 waren nur neun Anlagen in Betrieb. Etwa 77 Prozent (828.564 Tonnen) des Aufkommens an biologisch abbaubaren Abfällen wurden 2015 deponiert. Bis 2020 soll für Haushalte in 130 Gemeinden ein System für die Eigenkompostierung aufgebaut werden. Als vorrangig gilt auch der Ausbau von Aufbereitungskapazitäten für Bauschutt. Kroatien muss hier bis 2020 eine Recyclingquote von 70 Prozent erreichen. Gegenwärtig werden jährlich etwa 2,6 Millionen Tonnen Bauschutt erzeugt, aber nur rund 0,5 Millionen Tonnen registriert. Bis 2020 sind 30 Verwertungsanlagen zu errichten. Nachholbedarf besteht zudem bei der Behandlung von tierischen Abfällen, Agrar- und Forstwirtschafts- sowie medizinischen Abfällen, Klärschlamm, Alttextilien und Altschuhen sowie Schiffswracks. Nach verfügbaren Angaben der HAOP lag das gesamte Abfallaufkommen 2014 bei 3,7 Millionen Tonnen. In Haushalten entstanden davon 31 Prozent, im Bau- und im Dienstleistungssektor jeweils 17 Prozent, in der Industrie zwölf Prozent und in anderen Sektoren wie Bergbau und Landwirtschaft 23 Prozent. Gefährliche Abfälle (2014:130.316 Tonnen) machen etwa drei Prozent des Gesamtaufkommens aus. Einige Abfallströme werden nur teilweise statistisch erfasst.

Wer in der Branche aktiv ist

Abfallsammlung und -abfuhr liegen in Kroatien in der Zuständigkeit der Kommunen. Sie erbringen die Leistung selbst, beauftragen einen Kommunalbetrieb oder erteilen Konzessionen an private Unternehmen. So ist die deutsche Jakob Becker GmbH & Co. KG in einigen Gemeinden als Konzessionär für die Müllabfuhr tätig. Die Scholz AG ist mehrheitlich an der bedeutendsten kroatischen Recyclinggruppe C.I.O.S. beteiligt. Dazu gehört auch Eko-flor plus, einer der größten privaten Abfallentsorger des Landes. Im Bereich Verpackungsabfälle ist mit Interseroh eine Tochter der Alba Group tätig. Papier- und Kunststoffrecycling betreibt die kroatische Niederlassung der österreichischen Prinzhorn Holding.

Die kroatische Produktion von Abfallbehandlungstechnik ist überschaubar. Mit Abstand größter Hersteller ist das Unternehmen Tehnix aus Donji Kraljevec, das ein breites Spektrum von Umwelttechnik für den Abfall- und Abwassersektor anbietet – Umsatz 2016: 33,6 Millionen Euro. Daneben gibt es einige Dienstleister für Deponiesanierungen. Der Sektor „Abfallsammlung, -entsorgung und -verwertung“ zählte 2015 amtlichen statistischen Angaben zufolge 539 Unternehmen mit 12.650 Beschäftigten und einem Umsatz von 528,9 Millionen Euro. Zusätzlich waren 94 Unternehmen in der „Umweltsanierung und sonstigen Abfallbehandlungsdienstleistungen“ tätig (1.569 Beschäftigte; 74,2 Mio. Euro Umsatz).

Was vorkommt: Annullierungen

In Kroatien beschaffen Kommunen und Kommunalbetriebe ihre Ausrüstung direkt. Die ausschreibenden Stellen sind im Fall der mit EU-Strukturhilfen geförderten Abfallzentren kommunale Zweckgesellschaften. Es kommt nicht selten zur Annullierung von Ausschreibungsverfahren, was auf geringe Erfahrung der Kommunalbetriebe mit der Tenderabwicklung sowie starken Wettbewerb zurückzuführen ist.

Alle öffentlichen Tender erscheinen im Amtsblatt „Narodne novine“ (www.nn.hr [1]); diejenigen über den EU-Schwellenwerten auch in der Datenbank TED (www.ted.europa.eu [2]). Darüber hinaus existiert für EU-finanzierte Vorhaben die zentrale Plattform für EU-Fonds (www.strukturnifondovi.hr [3]). Ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht stehen unter www.gtai.de/recht [4] sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen unter www.gtai.de/zoll [5] zur Verfügung.

Verfasser: Waldemar Lichter und Snjezana Buhin Peharec
Quelle: Germany Trade & Invest

Foto: Tehnix

(EU-Recycling 09/2017, Seite 24)

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