Schrottmarktbericht: Euphorische Erwartungen nicht erfüllt

Während viele Marktteilnehmer im September eine Fortsetzung der seit Juli positiven Marktentwicklung erwartet und mit nochmals deutlich steigenden Preisen gerechnet hatten, lagen bei guter Nachfrage und positiven Fundamentaldaten des Stahlmarktes in Wirklichkeit die Preiserhöhungen im Berichtsmonat je nach Werk und Sorte sowie Zeitpunkt des Abschlusses bei 2,50 bis 10 Euro pro Tonne. Betrachtet man die Preissteigerung im August und September, so lag diese je nach Sorte und Verbraucher bei 25 bis 35 Euro pro Tonne, sodass einige Werke einen Nachholbedarf im September ausgleichen mussten, während für andere der Schrott mit einer Seitwärtsbewegung der Preise zu beschaffen war.

In diesem Monat lief es umgekehrt wie im vergangenen, denn je später der Kaufabschluss erfolgte, desto günstiger wurden die Zukäufe. Die ersten Abschlüsse im Osten, Süden und Südwesten Deutschlands lagen bei um 10 Euro pro Tonne höheren Preisen als im Vormonat. Die Verbraucher, die erst in der 38. Kalenderwoche die Verträge abschlossen, konnten ihre Spitzen abbauen und sich mit den Erhöhungen am unteren Ende der Preisspanne bewegen, denn zwischenzeitlich blieb der erwartete hohe Importbedarf der türkischen Verbraucher komplett aus. Mit jedem Tag, den es keine Bewegungen im Tiefseemarkt gab, stiegen die Unsicherheit und schrittweise die Lieferbereitschaft des Handels. Das verstärkte bei den Abnehmern den Eindruck eines vorhandenen Schrottüberangebots.

Deutschland, Basisjahr 2010 = 100, Quelle: Statistisches Bundesamt/Destatis

Der Handel bestätigte, dass alle angebotenen Mengen für den laufenden Monat und darüber hinaus problemlos absetzbar gewesen seien. Der Bahnunfall verbunden mit der Streckensperrung bei Rastatt auf der meistbefahrenen Gütertransportstrecke Deutschlands hatte und hat für alle Beteiligten viele unangenehme Folgen. Seite Mitte September scheinen die Ausweichstrecken eingerichtet und kontinuierlich befahrbar zu sein, so dass sowohl der Abtransport von Fertigmaterial als auch die Belieferung mit Rohstoffen – zwar unvollständig und schleppend – aber dennoch erfolgen kann. Wenn wie angekündigt die Sperrung am 2. Oktober aufgehoben sein sollte, ist eine Entspannung im Ladungsverkehr absehbar.

Nachbarländer

Von der oben beschriebenen Marktabkühlung im Laufe des Monats berichteten die Marktteilnehmer aus Italien. Obwohl die Stahlproduktion hoch und die Absatzmöglichkeiten für die Stähle bei auskömmlichen Preisen gut waren, kühlte der Schrottmarkt auch in Italien ab. Die Abschlüsse mit den deutschen Lieferanten lagen bei guter Nachfrage am Monatsanfang bei 10 bis 15 Euro pro Tonne in Abhängigkeit vom Abschluss im August. Je länger die türkische Nachfrage ausblieb, desto vorsichtiger agierten die italienischen Verbraucher. Sie reduzierten in der 38. Kalenderwoche ihre Annahmepreise gegenüber den inländischen Lieferanten um 5 Euro pro Tonne. Aus Handelskreisen war zu hören, dass die Lieferbereitschaft von der Preisrücknahme unbeeinflusst blieb. Die polnischen Werke ließen ihre Schrotteinkaufspreise unverändert beziehungsweise senkten sie leicht. Wegen der in Deutschland gestiegen Preise war es für einige Lieferanten durchaus lukrativ, Mengen zu exportieren. Aus dem gleichen Grund verkauften die tschechische Lieferanten Mengen an grenznahe Werke. Der Verbraucher in Luxemburg reduzierte seine angebotenen Preise im Laufe der Verhandlungen – zum Missfallen der Anbieter. Letztendlich erhielten die deutschen Lieferanten aber durchschnittlich 7,50 Euro pro Tonne und Sorte mehr als im Vormonat.

Durch die Ruhe im Exportmarkt, die bis zum Redaktionsschluss andauerte, war das Kaufinteresse der Exportläger gering. In den letzten Tagen versuchten sie die Zulieferer auf niedrigere Preise einzustimmen. Die Schrottverbraucher in Belgien und Frankreich zahlten für die ersten Abschlüsse noch 10 Euro pro Tonne mehr, reduzierten die Zuschläge dann jedoch schrittweise auf 5 bis 8 Euro pro Tonne. Wegen des geringen Bedarfs im August hatten die Schweizer Stahlwerke Nachholbedarf und importierten aus Deutschland Schrott zu 20 Euro pro Tonne mehr als im Vormonat. Im Vereinigten Königreich waren die Preiseerhöhungen mit rund 20 Euro pro Tonne umfangreicher als auf dem Kontinent, da die Nachfrage im Inland angezogen hat. British Steel in Scunthorpe kaufte zum ersten Mal seit drei Monaten wieder Schrott, da seine Ofenprobleme beseitigt werden konnten. Eine Nachfragebelebung erlebte der englische Schrotthandel bei den Gießereien, die mit Preisaufschlägen von rund 30 Euro pro Tonne im Markt waren.

Drittlandmarkt

Die allein im Juli von türkischen Werken importieren Schrottmengen aus der EU in Höhe von über 1 Million Tonnen bei einer Gesamtimportmenge von gut 2,0 Millionen Tonnen zeigen, welche Bedeutung der Schrottabfluss in die Türkei für das europäische Marktgefüge hat. Das Kaufverhalten der türkischen Seite hat einen entscheidenden Einfluss auf die Preisentwicklung innerhalb der EU. Seit Mai bewegen sich die Preise nach oben, aber seitdem der Absatz von Baustahl schwieriger zu werden scheint und bei dem ein oder anderen das Problem knapper werdender Elektroden spürbar wird, halten sich die türkischen Verbraucher vom Tiefseemarkt fern und sind seit Monatswechsel fast vollständig kaufabstinent. An jedem Tag, an dem sie nicht bestellen, kommen sie ihren Vorstellungen näher, die Einkaufspreise verglichen mit August um rund 20 bis 30 US-Dollar pro Tonne CFR Türkei zu senken. Die türkischen Werke haben Bedarf und werden ihn decken, und es ist durchaus interessant, ihre Beschaffungstaktiken zu verfolgen.

Die dies- und letztjährige Preisentwicklung auf den internationalen Rohstoffmärkten bis Ende August zeigt die Grafik. Durch die Indexierung mit dem Wert 100 zum 8. Januar 2016 werden die Verläufe der einzelnen Rohstoffe vergleichbar. Aus der Sicht des Schrotthandels haben sich neben der diesjährigen Schrottpreiserholung ebenso die in der Grafik (links) ausgewählten Basismetallnotierungen für Kupfer und Nickel erfreulich entwickelt.

 

Gießereien

Gießereien, die ihre Preise frei verhandeln, erhöhten die Einkaufspreise im September je nach Sorte und Werk um 5 bis 10 Euro pro Tonne. Wie der Handel berichtete, war die Nachfrage wegen der guten Auslastung durchweg zufriedenstellend. Die Roheisennotierungen egal von welchem Anbieter sind nach wie vor fest. Die schwächeren Erz- und Kokskohlepreise hätten sich eigentlich im Roheisenpreis niederschlagen sollen, was bisher nicht geschehen ist, denn die Anbieter rücken nicht von ihren Forderungen ab.

Schlussbemerkungen

Durch den im Monatsverlauf gestiegenen Druck auf die Schrottpreise gehen die Marktteilnehmer – unabhängig davon, wie sich der Exportmarkt entwickelt – bestenfalls von unveränderten, eher aber von leicht fallenden Preisen für den kommenden Monat aus. Ein deutlicher Preisabschlag wird wegen des hohen Schrottbedarfs der Verbraucher im Oktober und den negativen Auswirkungen auf die Stahlverkaufspreise ausgeschlossen. Im europäischen und türkischen Markt scheinen einige Hersteller deutlich gestiegene Preise für die Beschaffung der knapp werdenden Elektroden zum Einsatz in den Elektro- und Pfannenöfen akzeptieren zu müssen. Einige türkische Produzenten haben begonnen, verstärkt Knüppel zu kaufen, um die Heißphase zu umgehen und die vorhandenen Walzaufträge dennoch erfüllen zu können. Als Folge haben sich in diesem Monat die Betonstahl- und die Knüppelpreise stark angenähert. Der Wechsel zu den Knüppeln könnte einen verringerten Schrottbedarf nach sich ziehen. Bisher war der Marktverlauf für die Schrottwirtschaft erfreulich positiv, und mit einer nachhaltigen Eintrübung wird in diesem Jahr nicht gerechnet.

Redaktionsschluss 21.09.2017, BG-J/bvse

(Alle Angaben/Zahlen ohne Gewähr)

Foto: O. Kürth

(EU-Recycling 10/2017, Seite 34)

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