Siedlungsabfälle: Wo hapert es noch? (Teil II)

EU-Kommission nimmt Implementierungen der Mitgliedstaaten unter die Lupe.

Die Europäische Kommission hat erstmals einen umfassenden Überblick darüber veröffentlicht, wie EU-Umweltpolitik und Umweltgesetze in den Ländern verwirklicht werden. Der Report zeigt, dass die Politik etwas bewirkt, dass aber auch große Lücken bestehen, um diese Regeln und Maßnahmen überall in Europa in die Praxis umzusetzen. Wir setzen hiermit die Reihe mit Kurzporträts der europäischen Mitgliedstaaten fort. Die vollständigen Länderporträts können unter http://ec.europa.eu/environment/eir/country-reports/index_en.htm ausgewählt und heruntergeladen werden.

Irland

Auch wenn in Irland die jährliche Siedlungsabfallmenge zwischen 2007 und 2013 von 772 auf 586 kg pro Einwohner sank, lag sie immer noch rund 100 kg über dem EU-Durchschnitt. Die Recyclingrate legte im gleichen Zeitraum von 37 auf 40 Prozent zu und erreichte fast den EU-Durchschnitt. Die Menge der deponierten Abfälle hat sich mittlerweile halbiert, ist mit 42 Prozent aller behandelten Abfälle aber noch hoch: Auf Deponien gelagerte biologisch abbaubare Abfälle unterschritten bereits die 50 Prozent-Marke, und auch die Restmüllmenge verzeichnete in den letzten Jahren einen erheblichen Rückgang. Das stoffliche Recycling blieb annähernd gleich, während Verbrennung inklusive Energierückgewinnung deutlich zunahm. Dazu haben eine hohe Deponiegebühr und eine Reihe von Regularien für Haushaltsabfälle beigetragen. Allerdings sollte Sorge getragen werden, dass die zukünftigen Investitionen in Energierückgewinnung oder mechanisch-biologische Behandlungsanlagen für Mischabfälle Irland nicht daran hindern, seine Recyclingziele bis 2020 zu erfüllen. Bei Verwirklichung der gegenwärtigen EU-Gesetzgebung könnten über 6.100 Arbeitsplätze geschaffen und der jährliche Umsatz im Abfallsektor um 640 Millionen Euro gesteigert werden.

Italien

Italiens Siedlungsabfallaufkommen sank in den vergangenen Jahre auf 488 kg pro Einwohner und Jahr und lag damit nur knapp über dem EU-Durchschnitt. 2014 belief sich die Quote für stoffliches Recycling und Kompostierung von Kommunalabfällen – mit großen regionalen Unterschieden – bei 46 Prozent, knapp über EU-Durchschnitt und wenig unterhalb des 50-Prozent-Ziels für 2020. Wiederverwendung und Recycling von Verpackungsabfällen machten seit 2000 Fortschritte, erreichten schon 2008 die Marke von 55 Prozent und lagen 2014 bei 65,9 Prozent. Die Verbrennung trug mit 21 Prozent zur Abfallbehandlung bei.

Die Deponierung von Siedlungsabfällen sank seit 2002 kontinuierlich und erreichte 2014 die 34-Prozent-Marke. Bereits 2011 erfüllte Italien die Zielvorgabe für 2014 von 92 kg pro Einwohner und scheint sich auf dem Weg zur Erfüllung der Ziele für 2018 zu befinden. Der Regierung ist daran gelegen, dauerhaft diejenigen irregulären Deponien zu verbessern, für die sie vom Europäischen Gerichtshof mit Geldstrafen belegt wurde. Einer Studie zufolge könnte die Einhaltung der Ressourceneffizienz-Ziele der EU-Roadmap zusätzliche 83.400 Jobs und der Abfallbranche einen Umsatzanstieg von 8,8 Milliarden Euro bescheren.

Kroatien

2014 lag in Kroatien die Produktion von Siedlungsabfällen mit 387 kg pro Einwohner deutlich unterhalb des EU-Durchschnitts mit 475 kg. Die Recycling- und Kompostierungsrate stieg zwischen 2007 und 2014 zwar von drei Prozent auf 17 Prozent, lag damit aber weiterhin unterhalb des EU-Durchschnitts von 44 Prozent und hatte wenig Aussichten, die Ziele für 2020 zu erreichen. Auch wenn die Menge an deponierten biologisch abbaubaren Kommunalabfällen sich verringerte, stand die – in den letzten Jahren leicht gesunkene – Deponierungsquote von 83 Prozent in keinem Verhältnis zum EU-Durchschnitt von 28 Prozent. Damit wurden auch die Ziele für einen EU-Beitritt, die 2013 bei 75 Prozent hätten liegen müssen, deutlich verfehlt.

Illegale Abfalldeponierung bleibt auch in naher Zukunft ein drängendes Problem für Kroatien. Ein vorläufiger Abfallwirtschaftsplan wurde für die Periode 2015 bis 2021 erstellt, verzögerte sich aber aufgrund eines Regierungswechsels. Eine neue Richtlinie wurde im Januar 2017 angenommen.

Lettland

Das lettische Aufkommen an Siedlungsabfällen im Jahr 2014 betrug 325 kg pro Einwohner. Die hauptsächliche Entsorgungsmethode ist auch hier die Deponierung, die sich zwischen 2013 und 2014 von 83 auf 79 Prozent verringerte. Die stoffliche Verwertung von Kommunalabfällen erhöhte sich im gleichen Zeitraum leicht von 17 auf 21 Prozent. Die Kompostierungsrate sank derweil von sechs auf vier Prozent – im Gegensatz zum EU-Mittel mit durchschnittlich 16 Prozent. Damit steht Lettland in Gefahr, im Jahr 2020 die Messlatte von 50 Prozent für Recycling und von 75 Prozent für biologisch abbaubare Abfälle zu reißsen.

Allerdings könnte die Umsetzung der vorhandenen EU-Gesetzgebung über 2.800 Arbeitsplätze schaffen und den jährlichen Umsatz der Branche um 304 Millionen Euro steigern. Die Zielverfolgung des Fahrplans für ein ressourcenschonendes Europa stünde für 3.300 Zusatzjobs und zusätzliche 350 Millionen Euro Umsatz.

Litauen

Mit 433 kg Siedlungsabfällen pro Einwohner blieb Litauen im Jahr 2014 unter dem EU-Durchschnitt. Doch auch wenn der Anteil des Recyclings an der nationalen Abfallbehandlung seit 2011 ständig stieg, erreichte das Land lediglich eine Quote von 31 Prozent und blieb auch damit unter dem EU-Mittel. Die Deponierung der Kommunalabfälle sank seit 2007 sukzessive, betrug mit 60 Prozent im Jahr 2014 aber noch doppelt so viel wie der EU-Durchschnitt. Litauen konnte 2010 die Zielvorgaben für biologisch abbaubare Abfälle nicht erfüllen, reduzierte 2012 aber deren Deponieaufkommen auf 55 Prozent. Kompostierung legte bis 2014 auf zehn Prozent Anteil zu; der EU-Durchschnitt brachte es auf 16 Prozent.

Die seit 2010 gestiegene Recyclingquote übertraf zwar 2014 die 30 Prozent, dürfte die 50 Prozent bis 2020 aber kaum erreichen. Immerhin entsprach das Recycling von Verpackungsabfällen 2012 mit einer Quote von 62,2 Prozent den Zielvorgaben, sank aber im folgenden Jahr unter die 55-Prozent-Marke. Seit 2013 verfügte Litauen über ein nationales Abfallvermeidungs-Programm, seit 2014 über einen Abfallwirtschaftsplan. Würde durch diese die EU-Gesetzgebung realisiert, könnte das 5.200 Arbeitsplätze und einen Umsatzzuwachs der Recyclingbranche von 550 Millionen Euro pro Jahr bedeuten. Folgte das Land einer spezifischen EU-Roadmap, wäre mit 3.000 Zusatzjobs und einem jährlichen Umsatzplus von 630 Millionen Euro zu rechnen.

Luxemburg

Auch wenn im Laufe der letzten Jahre die Menge der Siedlungsabfällen um elf Prozent sank, lag Luxemburg im Jahr 2014 mit 616 kg pro Einwohner sehr deutlich über dem EU-Mittel von 475 kg. Die Recycling- und Kompostierungsquoten rangierten mit insgesamt 47 Prozent über dem EU-Durchschnitt, ebenso wie die Verbrennungsrate mit 35 Prozent. Da sich der Prozentsatz deponierter luxemburgischer Abfälle mit 18 deutlich unter dem Durchschnitt von 28 Prozent der anderen Mitgliedstaaten befand, werden dem Land gute Chancen zum Erreichen der 2020er-Ziele eingeräumt; zusätzliche Anstrengungen seien allerdings für eine Quote von 65 Prozent für 2030 notwendig.

Bei Umsetzung der bestehenden EU-Gesetzgebung wird mit einem Mehr von 200 Arbeitsplätzen und einem gesteigerten Jahresumsatz von 24 Millionen Euro gerechnet. Im Falle der Realisierung der EU-Roadmap für Ressourceneffizienz werden 400 Jobs zusätzlich und ein Umsatzplus von 45 Millionen für die Branche kalkuliert.

Malta

Im Vergleich zum EU-Durchschnitt von 475 kg verfügte Malta 2014 mit 600 kg pro Einwohner über ein hohes Siedlungsabfallaufkommen. Die Recycling- und Kompostierungsrate lag mit insgesamt zwölf Prozent weit unter dem Durchschnitt und weit unterhalb der Zielvorgaben für 2020. Verbrennung fand nicht statt. Die maltesische Deponierungsquote lag mit 88 Prozent dreimal so hoch wie der EU-Durchschnitt; neuere Zahlen deuteten eine Quote von 79,7 Prozent an. Alles in allem muss das Land enorme Anstrengungen unternehmen, um das Recycling voranzubringen. Insgesamt sind nur zwei biologisch-mechanische Anlagen zur Behandlung von gemischten Haushaltsabfällen in Betrieb; nicht verwertbare Reststoffe dieser Anlagen und unbehandelte Haushaltsabfälle wanderten auf die Deponien.

Bei Umsetzung der gegenwärtigen EU-Gesetzgebung darf man mit 1.100 Arbeitsplätzen und einem Anstieg des jährlichen Branchenumsatzes um 116 Millionen Euro rechnen. Die Befolgung der EU-Roadmap für ein ressourcenschonendes Europa stünde für 1.200 Zusatzjobs und einen um 134 Millionen Euro höheren Umsatz im Abfallsektor.

Niederlande

2014 konnten die Niederlande den Abwärtstrend ihrer Siedlungsabfallmengen bei 527 kg pro Einwohner stoppen. Obwohl das Land damit weiterhin über dem EU-Durchschnitt rangierte, konnte es mit einer Recycling- und Kompostierungsrate von 51 Prozent, einer Energie-Rückgewinnungsquote durch Verbrennung von 48 Prozent und einer Deponierungsrate von einem Prozent aufwarten. Mit einer Recyclingrate von 50,9 Prozent lagen die Niederlande nicht nur über dem EU-Durchschnitt von 43,4 Prozent, sondern erreichten bereits 2014 die Ziele von 2020.

Mit dem nationalen Aktionsplan „Vom Abfall zur Ressource“ wurde das Ziel gesetzt, das Aufkommen von verbranntem oder deponiertem Restmüll von zehn Millionen Tonnen im Jahr 2012 auf fünf Millionen Tonnen im Jahr 2022 zu reduzieren. Würde die aktuelle EU-Gesetzgebung realisiert, könnte das in der Branche für 2.000 Arbeitsplätze und einen Anstieg des jährlichen Umsatzes um 230 Millionen Euro sorgen. Bei Verwirklichung der Ressourceneffizienz-Roadmap vermutet das Papier 7.100 zusätzliche Arbeitsplätze und ein Umsatzplus von 750 Millionen Euro. 2013 veranschlagte die niederländische Organisation für Angewandte Wissenschaftliche Forschung das Wachstumspotenzial in einer niederländischen Kreislaufwirtschaft sogar auf 7,3 Milliarden Euro und dadurch bedingte 54.000 Arbeitsplätze.

Österreich

Die Erzeugung von Siedlungsabfällen in Österreich hatte in den letzten Jahren abgenommen, lag aber mit 566 kg pro Einwohner im Jahr 2014 im Vergleich zum EU-Durchschnitt noch immer relativ hoch. In der Abfallbewirtschaftung gehört Österreich zu den führenden EU-Staaten, denn die Recyclingquote bei Siedlungsabfällen lag im Jahr 2014 mit 58 Prozent – davon 32 Prozent Kompostierung – deutlich über dem EU-Durchschnitt von 44 Prozent. Der Anteil der Verbrennung einschließlich Energierückgewinnung betrug rund 38 Prozent, während der Anteil der Deponierung mit vier Prozent als sehr gering einzustufen war.

Österreich hat bereits alle EU-Recycling-Ziele erfüllt, jene für das Recycling von Verpackungsabfällen ebenso wie die Deponierungsziele für 2006 und 2009. Allerdings sollen zusätzliche Anstrengungen erforderlich sein, um das Recyclingziel von 65 Prozent bis 2030 erreichen zu können. Durch Erreichen des Fahrplans für ein ressourcenschonendes Europa könnten über 3.400 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden und der Jahresumsatz des Abfallsektors um mehr als 350 Millionen steigen.

Polen

2014 produzierten Polens Einwohner 272 kg Siedlungsabfälle pro Kopf und lagen damit weit unterhalb des EU-Durchschnitts. Allerdings lag zeitgleich das Land mit einer Recycling- und Kompostierungsquote für Kommunalabfälle von 32 Prozent ebenfalls deutlich unter dem Durchschnitt. Trotz etlicher Bemühungen wurde mit 53 Prozent immer noch ein Großteil der Abfälle auf Deponien verbracht. Immerhin meldete Polen für 2014 mit 35 Prozent bereits die Erfüllung der Ziele für 2020 im Bereich der biologisch abbaubaren Abfälle. Der Anteil der Verbrennung bewegte sich erst seit 2011 im zweistelligen Bereich. Polen muss daher verstärkt in Recycling investieren, um die Ziele für 2020 zu erreichen.

Der überarbeitete nationale Abfallwirtschaftsplan und die Überarbeitung der regionalen Programme sind ermutigend. Die polnische Wirtschaft würde von einem umfassenden Abfallwirtschaftssystem profitieren, das sich den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft verpflichtet fühlt. Die vollständige Umsetzung der jetzigen Gesetzesvorgaben wird schätzungsweise 37.000 inländische Arbeitsplätze und ein Umsatzplus von vier Milliarden Euro in der Recyclingbranche bewirken. Das Verfolgen eine Null-Abfall-Deponierung wird mit mehr als 44.000 Zusatzjobs und einem um 4,6 Milliarden erhöhten Umsatz veranschlagt.

Teil 3 – Siedlungsabfälle: Wo hapert es noch? – lesen Sie in der nächsten EU-Recycling Ausgabe 12/2017.

Foto: Petra Hoeß, FABION Markt + Medien / abfallbild.de

(EU-Recycling 11/2017, Seite 26)

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