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RFID und das ElektroG: Der Teufel steckt im Detail

Ab August 2018 wird das Elektro- und Elektronikgeräte-Gesetz (ElektroG) durch die Offene Anwendungsbereich-Regelung (Open Scope) verschärft. Und stiftet schon jetzt in verschiedenen Branchen Rechtsunsicherheit durch Interpretationsspielräume. Auch die Zuordnung von RFID-Tags ist nicht für jedermann verständlich: Fallen sie unter das ElektroG oder nicht?

Falls Textilprodukte potenzielle Elektronikabfälle enthalten, unterliegen sie der Waste Electrical and Electronic Equipment-Direktive (WEEE) beziehungsweise deren deutscher Umsetzung, dem Regime des Elektro- und Elektronikgeräte-Gesetzes (ElektroG). 2013 ging der große Textilhersteller Gerry Weber jedoch davon aus, dass RFID durch Entsorgung keine negativen Auswirkungen auf die Entsorgung haben und folglich nicht meldepflichtig sind: „Die RFID-Transponder im Etikett selbst fallen unter keine umweltrechtliche Regelung und können zusammen mit dem Restmüll entsorgt werden.“ Und auch das Schuhhaus Enners vertrat 2016 die Ansicht: „Das RFID-Etikett kann nach Abschluss des Kaufvorganges von dem Produkt entfernt und über den Hausmüll entsorgt werden.“

Speicher-, Prozessor-  oder Magnetkarte?

Hingegen machte schon 2012 der Beratungs-Dienstleister take-e-way GmbH darauf aufmerksam, dass zwei Sorten von Chipkarten, worunter auch RFIDs fallen, unterschieden werden müssen. Zum einen Speicher-Chipkarten, die nur aus einem Speicher bestehen, der ausgelesen oder beschrieben werden kann. Und zum anderen Prozessor-Chipkarten, die über einen Mikroprozessor mit einem eigenen Betriebssystem verfügen, über den man auf die gespeicherten Daten zugreifen kann. Der in die Karte integrierte Chip verfügt entweder über sichtbare Kontaktflächen für die mechanische Kontaktierung oder über eine meist unsichtbare Antenne für die kontaktlose induktive Kontaktierung – sogenannte Transponderkarten/Radio-Frequency-Identification-Systeme (RFID). Da bereits die Speicherfunktion in der Karte selbst elektrischen Strom oder elektromagnetische Felder voraussetzt, fallen beide Arten von Chipkarten unter den Anwendungsbereich des ElektroG und sind damit registrierungspflichtig. (Im Gegensatz zu Magnetkarten: Plastikkarten, die nur mit einem mit Metalloxid überzogenen Magnetstreifen versehen sind.)

Mit oder ohne RFID-Funktion?

In ähnlicher Weise hat jetzt die stiftung elektro-altgeräte register entschieden: Sie differenziert zwischen Produkten ohne und solchen mit RFID-Funktion für den Endnutzer. Die erste Kategorie umfasst RFID-Tags, die der Diebstahlkontrolle oder Verwendung zur Warenbewirtschaftung dienen. Begründung: Die Funktion des RFID-Tags steht in diesem Fall lediglich dem Verwender, also etwa dem Handel, zur Verfügung. „RFID-Tags hingegen, die in Produkten verbaut sind und eine Funktion enthalten, die sich an den Endnutzer richtet, können sehr wohl den Begriff eines Elektro- und Elektronikgeräts gemäß Elek­troG erfüllen. Dies trifft zu, wenn der ordnungsgemäße Betrieb des Geräts erst durch die Funktion des RFID-Tags ermöglicht oder modifiziert wird. Als Beispiel können hier RFID-Tags für Zutrittssysteme genannt werden.“

Ob diese Regelung in der Praxis so einfach wie angegeben anzuwenden sein wird, wird sich zeigen. Immerhin berichtet die stiftung elektro-altgeräte register von „vermehrten Anfragen“, die sie in letzter Zeit erhalten hat. Und Hannes Fröhlich (Electrorecycling GmbH) unterstrich in seinem Vortrag über „Ständiger Wandel bei der Elektroaltgeräte-Aufbereitung“ auf der Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz am 20. März 2018 in Berlin: „Durch die neuen gesetzlichen Anforderungen werden alle an der Elek­troaltgeräteverwertung Beteiligten zusätzlich belastet.“ Die Verbraucher zweifelsohne.

Foto: IdeeID / fotolia.com

(EU-Recycling 05/2018, Seite 5)

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