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Buchbesprechung: Rolf Schiller – Kabale um Hausmüll

Hat Deutschland als vorgeblicher Weltmeister im Recycling bei der Hausmüllabfuhr und der getrennten Müllsammlung wirklich das beste System? Oder haben im Laufe der Entwicklung und Einführung ganz andere Interessen den Ausschlag gegeben?

Angesichts einer Vielzahl bunter Tonnen für verschiedene Müllfraktionen, die alle separat und gebührenpflichtig geleert werden, sind Zweifel angebracht. Die furiose Geschichte der getrennten Müllabfuhr, die der Erfinder Rolf Schiller in den vergangenen 40 Jahren am eigenen Leibe erfahren musste, hat er in seinem Buch „Kabale um Hausmüll“ minutiös dokumentiert. Diplomingenieur Schiller erforschte in den 1970er Jahren in einem Feldversuch in Konstanz, ob die Bevölkerung zur Getrenntsammlung motiviert werden kann. Seine Erkenntnisse waren die Grundlage dafür, dass nach langem politischen Zögern keine reine maschinelle Müllsortierung installiert wurde, sondern nur durch Vorsortierung an der Quelle eine ausreichende Qualität der Rohstoffe für das Recycling erreicht werden kann. So darf er als „Vater“ der getrennten Hausmüllsammlung gelten.

Langer Kampf um das beste Trennverfahren

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Abb.: Rolf Schiller

Schon in den 1970er Jahren zeigte sich, dass die getrennte Abfuhr – mit dem von Schiller bei der Dornier-System GmbH patentierten Mehrkammer-Müllsystem (Mekam) – deutlich rationalisiert werden kann und dabei ausgezeichnete Ergebnisse erzielt. Er geriet damit in einen langen Kampf um das beste Trennverfahren für die Wertstoffsammlung und um die entsprechenden Verträge, Rechte, Patente und Lizenzen. Mit welchen Finten und Prozessen vor allem die Behälterindustrie jahrelang versuchte, Schillers Ideen und Patente zu Sammelbehältern und zu der effektivsten Ausstattung der Sammelfahrzeuge einzufangen, zeigt dieser Erlebnisbericht im Detail – als ein leider typisch zu nennendes Beispiel für ein deutsches Erfinderdasein. Erst 13 Jahre nach der Erfindung kam über das Ausland sein System ins Laufen. So sammelt man in Tilburg/NL vier Müllfraktionen mit zwei durch eine Trennwand geteilte Behälter, die wöchentlich in ein Müllfahrzeug mit Trennwand abwechselnd geleert werden. Nach und nach bekundeten auch Investoren in Frankreich, Belgien, Österreich, der Schweiz und den Vereinigten Staaten Interesse.

Ein Milliardengeschäft

Der Abfallmarkt ist ein Milliardengeschäft, in dem ohnehin die Bürger letztlich die Zeche zahlen müssen. Da nimmt es nicht Wunder, wenn nicht nach der technisch besten Lösung, sondern nach der ökonomisch lukrativsten Vorgehensweise verfahren wird. Wie es der wohl größte deutsche Müllabfahrer bei der ersten Ergebnis-Präsentation des Mekam-Systems in Konstanz ausdrückte: „Wir wollen den Müll mehrfach abfahren und die Bürger sollen es zahlen.“ Schillers Buch ist daher mehr als ein Erfahrungsbericht eines von der Branche gebeutelten Erfinders. Es lehrt uns, wachsam zu sein, wem und zu welchem Preis wir welche Abfälle anvertrauen. Daher steht am Ende der Satz: „Es bleibt – auch bei uns – ein hohes Potenzial an unerfassten Sekundärrohstoffen. Es ließe sich verringern.“ Rolf Schiller ist seit 15 Jahren ehrenamtlicher Vorsitzender des Erfinderclub Bodensee-Oberschaben e.V. Sein Buch ist beim Stuttgarter Verrai-Verlag erschienen und im Buchhandel unter ISBN 978-3-946834-38-0 erhältlich.

Abb.: Rolf Schiller

(EU-Recycling 05/2018, Seite 58)