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Kaufen, teilen oder ordern: Was bedeutet die „Shared Mobility“ für den Abfallmarkt?

Mobilitätsforscher gehen davon aus, dass künftig immer mehr Menschen in Europa, den USA und auch China die Dienste von Ride Hailing- und Car Sharing-Anbietern in Anspruch nehmen werden.

Die steigende Weltbevölkerung und der Trend zur ihrer Verstädterung werden auch den Bedarf der Menschen nach mehr Mobilität befördern. So sollen sich die weltweit gefahrenen Personenkilometer von 2010 zu 2030 um 36 Prozent und von 2030 zu 2050 um 38 Prozent steigern – insgesamt auf fast das Doppelte. Die beförderte Menge an städtischen Gütern soll sich im gleichen Zeitraum sogar verdreifachen, meldet eine Studie der UN-Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten. Zeitgleich wird sich – trotz Urbanisierung und makroökonomischem Wachstum – der Verkauf privater Fahrzeuge verringern: Die jährliche Zuwachsrate von 3,6 Prozent in den Jahren 2010 bis 2015 wird sich im Zeitraum bis 2030 auf 1,9 bis 2,4 Prozent verringern, berichtete ein McKinsey-Report im April 2017.

Wachsende Anzahl an Dienstleister

Daran wird die „geteilte Mobilität“ (Shared Mobility) ihren Anteil haben – rund ein Drittel des Rückgangs sollen Modelle wie Car Sharing oder Ride Hailing bewirken. McKinsey ging 2016 von einem diesbezüglichen Markt in China (24 Milliarden US-Dollar), den USA (23 Milliarden US-Dollar) und Europa (knapp sechs Milliarden US-Dollar) aus, rechnet aber bis 2030 mit einem jährlichen Zuwachs zwischen 15 und 28 Prozent. In China und den Vereinigten Staaten herrscht das E-Hailing-System mit Marktanteilen von über 80 Prozent vor, bei dem über verschiedene App-Anbieter eine meist private Mitfahrgelegenheit gefunden und geordert werden kann. In Europa ist dagegen – aus Infrastrukturgründen – eher Car Sharing installiert. Ein McKinsey-Umfrage ergab, dass innerhalb der nächsten zwei Jahre 63 Prozent der Befragten mehr oder sehr viel mehr die Dienste von Ride Hailing-Anbietern in Anspruch nehmen und 67 Prozent dies bei Car Sharing-Anbietern tun wollen. Wie Didier Marginèdes in seinem Vortrag auf dem Internationalen Batterierecycling-Kongress am 26. September in Berlin ausführte, wird der Car Sharing-Markt von 2015 bis 2021 von weltweit 86.000 Fahrzeugen auf rund die siebenfache Anzahl und im Wert von 650 Millionen US-Dollar auf rund 4,7 Milliarden US-Dollar wachsen. Statt 150 bis 200 Anbietern wird es dann nach Schätzungen der Boston Consulting Group bereits 1.000 bis 1.500 Dienstleister geben, die in den USA 140.000, Europa 260.000 und in Fernost 200.000 Fahrzeuge auf den Straßen laufen haben.

Allerdings beträgt laut McKinsey-Untersuchung der jetzige Anteil geteilter Mobilitätsdienste erst ein Prozent der der möglichen Fahrzeug-Kilometer – bedingt durch zu geringe Verfügbarkeit in manchen Städten und zu geringe Attraktivität für Pendler. Car Sharing sei zudem in Städten unter einer halben Million Einwohner wenig wirtschaftlich. Selbstfahrende Fahrzeuge hingegen würden den Fahrzeugeinsatz optimieren, angemessene Abdeckung sichern und die Fixkosten reduzieren; zudem könnten sogenannte Robotaxis – selbstfahrende Taxis ohne Fahrer – die Kosten für den Chauffeur einsparen: Beim Ride Hailing betragen sie bis zu 45 Prozent.

Für den Automarkt bedeutet dies, dass zukünftig weniger private Fahrzeuge benötigt und gekauft werden. So rechnet Didier Marginèdes vor, dass ein gemeinsam genutzter Pkw sieben traditionelle Fahrzeuge und ein autonom fahrendes Fahrzeug aus einem Fuhrpark 17 herkömmliche Pkw ersetzt. Der öffentliche Dienstleistungstransport wird daher auf weniger Fahrzeuge zurückgreifen. Allerdings führt die höhere Frequentierung auch zu gestiegenem Verschleiß, höherer Reparaturanfälligkeit und früherer Verschrottung der Maschinen. Inwieweit sich diese Faktoren quantitativ im Abfall- und Recyclingaufkommen auswirken werden, bleibt abzuwarten.

In qualitativer Hinsicht – schätzt McKinsey – werden die benötigten Fahrzeuge Sonderanfertigungen sein, die weniger komplex konstruiert sind, über geringere PS verfügen, einen leichter zu reinigenden Innenraum besitzen und niedrigere Vertriebskosten benötigen – kurz: um 25 Prozent billiger als typische Fahrzeuge zu haben sind. Und sie sollen einen geringeren Montageaufwand vonnöten machen – was im Umkehrschluss auch leichtere Demontage und Entsorgung bedeutet.

Foto: pixabay

(EU-Recycling 12/2018, Seite 28)