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„Wir brauchen neue Verwertungs­wege für Altreifen“

Reinhard Danninger sen. sieht den Altreifenmarkt im Umbruch – weg von der energetischen hin zur stofflichen Verwertung. Dabei sollte sich die Branche heute schon Gedanken machen, wie „neue Produkte“ aus Gummigranulat entsorgt werden können. „Dazu kann nur die Reifenindustrie den Grundstein legen“, sagt der Geschäftsführer der Danninger OHG Spezialtransporte im Interview.

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Reinhard Danninger sen. (Foto: Danninger OHG)

Das 1956 gegründete Familienunternehmen Danninger befasst sich seit 1974 mit der Entsorgung und Verwertung von Altreifen und zählt hierbei zu den Pionieren der Branche in Deutschland. Firmensitz ist Fürstenzell im Landkreis Passau, Niederbayern. Das weitere Portfolio des zertifizierten Entsorgungsfachbetriebs und Gründungsmitglieds der Initiative ZARE umfasst Container- und Schüttguttransporte, Kanal- und Rohrreinigung, die Entleerung von Gruben, Öl-, Benzin- und Fettabscheideranlagen.

Herr Danninger, Ihr Unternehmen hat sich vor über 40 Jahren auf die Entsorgung von Altreifen sowie Gummiabfällen aller Art spezialisiert. Warum haben Sie damals diesen Tätigkeitsbereich gewählt?

Anfang der Siebzigerjahre hatten wir von den Problemen eines bayernweit tätigen Reifenhändlers erfahren, die dieser mit der Altreifenentsorgung hatte. Zu dieser Zeit wurden landauf – landab Müllverbrennungsanlagen geplant und gebaut. So überlegten wir, die Altreifen zu sammeln, vorerst zu lagern und später der Verbrennung zuzuführen. Als Lagerplatz dienten uns stillgelegte Kiesgruben. Für die Sammlung und den Transport der Altreifen statteten wir ein Kipperfahrzeug mit einem Käfig aus und transportierten so die ersten Altreifen.

Und wie ging es dann weiter?

Bald bekamen wir Anfragen von weiteren Reifenhändlern und mussten feststellen, dass es eine rege Nachfrage nach unseren Dienstleistungen gab. Nachdem die erste Kiesgrube schnell gefüllt war, wurde die Lagerfläche auf eine weitere Grube ausgedehnt. Dabei haben wir immer darauf geachtet, dass die gelagerten Reifen nicht unnötig verschmutzt oder gar vergraben wurden. 1974 haben wir den ersten Abrollkipper mit Containern angeschafft. Nun wurden Container bei den Kunden aufgestellt und bei Vollmeldung gegen einen leeren Container getauscht. Im Frühjahr 1978 erhielten wir eine Anfrage von einem österreichischen Zementwerk, das von unseren Altreifenlagern erfahren hatte und diese Reifen als Brennmaterial einsetzen wollte. Nach einigen Gesprächen wurde man sich einig, und wir übergaben somit unsere Reifen einer geordneten Verwertung. Wir konnten so unsere Altreifenlager räumen und neue Kunden bedienen. Schnell zeigte sich, dass wir eine Marktlücke gefunden hatten und unser Tätigkeitsfeld dehnte sich auf ganz Bayern und teilweise Österreich aus. Mit dem Wegfall der Grenzen ergaben sich auch Möglichkeiten, Altreifen in Tschechien zu verwerten. Im Laufe der Jahre wuchs unser Fuhrpark auf 18 Abrollkipper-Züge und einen Containerpool von circa 400 Stück an. Wir belieferten nun Zementwerke in Süddeutschland und Österreich.

Wenn man die Altreifenentsorgung in den Siebzigerjahren in Deutschland und Europa mit heute vergleicht: Was hat sich verändert?

In den Siebzigerjahren steckte die Altreifenentsorgung in den Kinderschuhen. Zementwerke suchten nach einem Öl-Ersatz und fanden diesen in den Altreifen. Es entstand eine riesige Nachfrage, da immer mehr Zementwerke auf Altreifen als Heizmaterial umstellten. Fast 40 Jahre hat dieser Trend angehalten!

Ende der Neunzigerjahre fanden sich die ersten Firmen, die Altreifen zerkleinern und zu neuen Produkten verarbeiten wollten. Es dauerte aber noch einige Jahre, bis sich „Überlebende“ im Markt etabliert hatten und echte Verwertungsmöglichkeiten vorweisen konnten. Heute – 2018 – hat sich das Blatt gewendet. Zementwerke wollen keine Altreifen mehr einsetzen, steigen auf Ersatzbrennstoffe und Plastikabfälle um; Granulierbetriebe werden mit Reifen überschüttet und der Einsatz von Reifengranulat hat auch seine Grenzen. Auch sollten wir uns heute schon Gedanken machen, wie wir die „neuen Produkte“ aus Gummigranulat wieder entsorgen!

Ihr Aktionsradius umfasst Süddeutschland, Österreich und Tschechien. Woher beziehen Sie welche Reifensorten?

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Foto: Danninger OHG

Unser Tätigkeitsfeld ist Süddeutschland und das angrenzende Österreich. In diesem Umfeld findet auch die Verwertung statt. Wir übernehmen Reifen aller Größen und spezielle Gummiabfälle, die einem Recyclingprozess zugeführt werden.

Wie läuft die Entsorgung bei Ihren Kunden ab?

Die meisten unserer Kunden haben Container zur Befüllung am Hof stehen und bei Vollmeldung erfolgt der Containertausch. Anschließend transportieren wir die vollen Container zum nächstgelegenen Sortierplatz in Fürstenzell oder Volkenschwand. Dort werden die Reifen nach Größe und Qualität sortiert und für den abschließenden Transport zur Verwertung kundengerecht verladen.

Für Verwertung und Recycling ist Ihre Tochterfirma AVR GmbH in Volkenschwand zuständig. Worin unterscheiden sich die Aufgaben der AVR von denen des Fürstenzeller Stammwerks?

Unsere Tochterfirma AVR GmbH beschäftigt sich neben der Altreifensortierung auch mit der Vermarktung von Gebrauchtreifen. Allerdings ist diese Schiene sehr rückläufig, da viele Kleinunternehmer – meist aus den Oststaaten – bei Werkstätten und Reifenhändlern die gute Ware aussortieren und zu Geld machen. Am Stammsitz in Fürstenzell steht seit diesem Jahr unsere Altreifenzerkleinerungsanlage. Diese mussten wir anschaffen, um auch in Zukunft alle Altreifen annehmen und verwerten zu können. Einsparungen beim Transport kommen dann unseren Kunden zugute. Somit werden unsere Abnehmer mit Ganzreifen und geschredderten Reifen beliefert.

Wohin werden diese vermarktet?

Die Frage hört sich an, als ob wir für unsere Materialien Geld bekämen – dies ist leider nicht so! Wir müssen für jede Tonne Verwertungsgebühren entrichten, die im Laufe der letzten zwei Jahre um bis zu 300 Prozent angestiegen sind.

Durch welches Alleinstellungsmerkmal unterscheiden Sie sich von anderen Entsorgungsunternehmen im Markt?

Wir beschäftigen uns seit fast 50 Jahren mit der Entsorgung und Verwertung von Altreifen. Dadurch haben wir uns einen guten Namen am Markt und einen umfangreichen Kundenstamm geschaffen. Unsere Kunden werden pünktlich bedient und stets über alle Neuigkeiten in der Branche informiert. Der Kunde soll wissen, welche Probleme es um den Altreifen gibt, wie sich die Entsorgungsgebühren zusammensetzen und warum er seine Altreifen einem zertifizierten Altreifenentsorger anvertrauen soll.

Mit welchen Herausforderungen und Problemen müssen die Branchenunternehmen zurzeit kämpfen?

Die größte Herausforderung besteht zurzeit in der Verwertung der anfallenden Mengen. Der Preis ist somit Nebensache. Ein zuverlässiger Reifenentsorger wird in Zukunft nur noch der Betrieb sein, der seine Mengen ordnungsgemäß verwerten kann. Dies wird sicher nicht der „billige Jakob“ sein! Nachdem die Zementwerke weniger werden und die Granulierbetriebe an ihre Grenzen stoßen, brauchen wir dringend neue Verwertungswege. Wie diese in fünf bis zehn Jahren aussehen, kann ich heute noch nicht sagen.

Nach letztverfügbaren Brancheninformationen sind die Altreifenverwerter bezüglich der Anfallmengen im Betrieb relativ zufrieden. Trifft das zu oder beobachten Sie andere Marktentwicklungen?

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Altreifenzerkleinerungsanlage (Foto: Danninger OHG)

Nach unserem Wissen sind die Anfallmengen bei allen Entsorgern relativ hoch. Aufgrund der guten Wirtschaftslage fallen sehr viele Altreifen an.

Wohin entwickelt sich aus Ihrer Sicht der Altreifenmarkt in Europa: mehr in Richtung stofflicher oder energetischer Verwertung?

Für die Zukunft sehe ich eine Erweiterung der stofflichen Verwertung; die energetische Verwertung wird nach und nach zurückgehen.

Sie sind Gründungsmitglied der Initiative ZARE, einem Zusammenschluss von zertifizierten Altreifenentsorgern. Was müsste sich ändern, damit Altreifen stärker wertstofflich behandelt werden?

Die Initiative „ZARE“ befindet sich bereits auf der Suche nach neuen Verwertungsmöglichkeiten. Dazu brauchen wir aber auch neue Ideen, die nur Branchenkenner einbringen können. Deshalb meine Bitte an alle Altreifenentsorger: „Kommt zur ZARE und lasst uns gemeinsam Lösungen finden!“

Sehen Sie neue Recyclingtechnologien oder zukünftige Handlungsfelder, durch die die Altreifenverwertung lohnender werden könnte?

Wie bereits angeführt, brauchen wir dringend neue Recyclingtechnologien, sollten aber dabei nicht übersehen, wie wir die „neuen Produkte“ später wieder entsorgen können. Dazu kann allerdings nur die Reifenindustrie den Grundstein legen.

Herr Danninger, vielen Dank für das Interview!
(Die Fragen stellten Marc Szombathy und Dr. Jürgen Kroll)

www.danninger-spezialtransporte.de [4]

Foto: pixabay

(EU-Recycling 12/2018, Seite 14)