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Baustoffwissen für die Bau(stoff)wirtschaft

Am 5. Februar 2019 fand der Baustoff-Technik-Tag des Industrieverbandes Steine und Erden Baden-Württemberg e.V. (ISTE) statt. Rund 90 interessierte Teilnehmer aus ganz Deutschland kamen ins Haus der Baustoffindustrie in Ostfildern.

Bereits zum 8. Mal jährte sich das bewährte Format, welches sowohl als hochkarätige Informationsveranstaltung als auch als Plattform für Meinungsaustausch und Kommunikation geschätzt ist.

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Robert Zimmermann vom Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg (Foto: ISTE)

Der Branche gehe es sehr gut, dennoch habe sie ein massives Nachschubproblem, betonte Peter Rombold, Vizepräsident des ISTE, in seiner Begrüßungsrede. Der steigende Bedarf an Baustoffen für Infrastruktur- und Wohnungsbau erfordere gesicherte Rohstoffabbauflächen, die jedoch aufgrund langwieriger Genehmigungsverfahren sowie Ablehnung aus Politik und Bevölkerung rückläufig seien. Diese Fehlentwicklung führe zu größeren Entfernungen zwischen Rohstoffabbau und -verwendung.

Im Bereich des Straßenbaus in Baden-Württemberg wird die gute wirtschaftliche Lage besonders deutlich: Rund 1,5 Milliarden Euro hat die Straßenbauverwaltung in Baden-Württemberg im Jahr 2018 für Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen umgesetzt. Robert Zimmermann vom Ministerium für Verkehr in Stuttgart berichtete zu aktuellen Entwicklungen im Bereich des Straßenbaus, welcher den wichtigsten Abnehmer von Baustoffen darstellt.

Qualitätsoffensive „Straßenbau 4.0“

Stetig wachsende Verkehrszahlen erfordern umfassende Sanierungs- und Neubaumaßnahmen und innovative, effiziente Anwendungsmethoden. Durch die Einführung des Merkblattes für Asphaltfundationsschichten im Heißeinbau Baden-Württemberg (MAFS-H BW) sollen die teilweise sehr großen Asphaltgranulat-Halden abgebaut werden. Die Straßenbauverwaltung bleibt weiterhin dem Motto „Erhalt vor Neubau“ treu; hierbei soll unter anderem verstärkt auch die Digitalisierung mit BIM (Building Information Modelling) angestrebt werden. Neben einigen technischen Anpassungen will die Straßenbauverwaltung in Baden-Württemberg mit ihrer Qualitätsoffensive „Straßenbau 4.0“ zukunftsweisende Ziele setzen, um mit optimierten Prozessen die Lebensdauer der Straßen zu erhöhen und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit zu stärken.

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Prof. Dr. Leyla Chakar von der Hochschule für Technik in Stuttgart präsentierte Erfahrungen mit einer Erprobungsstrecke aus Waschbeton mit gebrochenem Kies des Oberrheins (Foto: ISTE)

Die Einsatzmöglichkeiten von Baustoffen werden von europäischen Normen und nationalen Anwendungsdokumenten bestimmt. Wie komplex die Erstellung und Veröffentlichung solcher Normen ist, verdeutlichte Stefan Janssen vom Bundesverband Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO). Durch die CE-Kennzeichnung soll, im Rahmen der Bauproduktenverordnung, ein einheitlicher Markt für Gesteinskörnungen entstehen. Die Einführung bleibt jedoch weiterhin ungewiss und die bisherigen Normen bleiben so vorerst erhalten.

Aktuelle Forschungsvorhaben

Der zweite Block der Veranstaltung widmete sich ganz den aktuellen Forschungsvorhaben des ISTE. Peter Rombold betonte, dass die Arbeit des Verbandes stetig zur Verbesserung der Produkte beitrage und deren Einsatzmöglichkeiten stärke. Die Erprobung von gebrochenem Kies des Oberrheins als Einsatz in Waschbeton stellte Prof. Dr. Leyla Chakar von der Hochschule für Technik in Stuttgart vor. Das Projekt zeigt durchweg positive Ergebnisse und bestätigt, wie wichtig Langzeiterfahrungen beim Einsatz einer neuen Bauweise im Hinblick auf AKR-Schäden, Griffigkeit oder Ebenheit sind. Volker Schäfer von Schäfer Consult in Oldenburg stellte vielversprechende Zwischenergebnisse zum Asphaltforschungsprojekt des ISTE vor, welches die Gleichwertigkeit in der Bruchflächigkeit bei Alpiner Moräne und gebrochenem Felsmaterial herausarbeiten soll.

Der neue Referent der ISTE-Fachgruppe Sand und Kies, Fabian Bruns, präsentierte das Thema „Modifizierte Kiestragschicht unter der Betondecke (KTSuB)“. Ein Vorteil dieser Tragschicht ist, dass die wirtschaftliche Betondeckenbauweise regional vermehrt eingesetzt werden kann sowie örtlich zur Verfügung stehende Gesteinsvorkommen Verwendung finden können. Die positiven Erkenntnisse aus den Projekten tragen zu einer flächendeckenden Versorgung von lokal verfügbaren Baustoffen bei und stärken somit die regionale Wirtschaft und die dezentralen Einsatzmöglichkeiten mit geringen Transportwegen.

Die weiteren Vorträge standen ganz im Zeichen von Innovationen und ressourcenschonenden, innovativen Anwendungsmöglichkeiten. Wie sich die Lieferfähigkeit der Baustoffproduzenten durch die Beurteilung von Qualität und Quantität der Feinanteile erhöhen lässt, erläuterte Dr. Sara Neidinger von der TU München. Zwei laufende Forschungsprojekte für die Anwendungsbereiche Asphalt und Beton lassen auf vielversprechende Ergebnisse erhoffen.

Auch ein Thema: Energieeinsparung

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Spannende, interdisziplinäre Energieeffizienznetzwerke in Deutschland waren Themen von Manuel Mohr vom bbs (Foto: ISTE)

Manuel Mohr vom Bundesverband Baustoffe, Steine und Erden e.V. (bbs) stellte faszinierende Energieeffizienznetzwerke in ganz Deutschland vor, ein Konzept von Zusammenschlüssen verschiedener Branchen, welches sich mit Erfahrungs- und Ideenaustausch ein gemeinsames Energieeinsparungsziel setzt. Das Bündnis zwischen Bundesregierung und Wirtschaft möchte bis Ende 2020 deutschlandweit 500 solcher Netzwerke aufbauen. Der bbs wirbt als Partnerverband der Initiative in der Baustoffindustrie für den Aufbau solcher Netzwerke, vor allem in Baden-Württemberg.

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Wie man Tunnelausbruchmaterial zu einem qualifizierten Baustoff aufbereitet, stellte Thorsten Volkmer (Wilhelm Stürmlinger GmbH & Co. KG) vor (Foto: ISTE)

Energieeinsparung ist auch das Motto der Firma eSaver GmbH aus Böblingen, welche durch eine enorme Stromersparnis zu Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit einzelner Unternehmen beiträgt. Die nachhaltige und innovative Arbeit der Branche wird durch ein Verfahren der Wilhelm Stürmlinger & Söhne GmbH & Co. KG in Iffezheim deutlich, das Geschäftsführer Thorsten Volkmer vorstellte. Die Aufbereitung von verunreinigtem und schwer zu verarbeitenden Tunnelausbruchmaterial ist extrem aufwändig, gelingt aber durch eine enorme technische und organisatorische Leistung wie dem Entwickeln und Bauen neuer Prozessschritte in die bestehende Anlage. Die Idee zur Verarbeitung des Materials zu einem ressourcenschonenden, qualifizierten Baustoff mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten wurde zurecht vom Umweltinnovationsprogramm des Bundesministeriums für Umwelt gefördert.

Foto: ISTE

(EU-Recycling 03/2019, Seite 30)