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Recyclingbetrieb – Sorgenkind der Versicherer?

Die zahlreichen Brände in der Entsorgungswirtschaft – rund 1.400 gemeldete Feuerschäden in den letzten zehn Jahren – belasten den Ertrag der Versicherer. Als Versicherer im Risk Management mit konkreten Maßnahmenkatalogen dagegen zu steuern, ist schwierig, da die Ursachen für Feuerschäden bei einem Recyclingbetrieb sehr verschieden sind.

Neben technischen Defekten in der Anlagentechnik durch fehlende Wartung und Instandhaltung sowie die nicht zu unterschätzende Gefahr der Brandstiftung sind auch Störstoffe (zum Beispiel Lithium-Ionen-Akkus oder Spraydosen) häufig Auslöser von Feuern. Dies insbesondere dann, wenn sie unkontrolliert in den Verarbeitungsprozess (zum Beispiel in Shredder oder Presse) gelangen. Das Selbstentzündungsrisiko der Abfälle ist auch immer wieder – insbesondere, aber nicht nur, im Sommer – ein Thema. Die Abfälle stellen eine hohe Brandlast dar, sind oft leicht entzündlich, und organische Anhaftungen können chemische Reaktionen auslösen, die exotherm ablaufen. Inhomogene Stoffgemische und die große Brandlast der Abfälle sorgen für eine hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit. Abfälle werden im Freien auf riesigen Bergen gelagert. Kommt es hier zum Beispiel zur Selbstentzündung, ist eine Brandausbreitung nur schwer zu verhindern und der Brand gerät schnell außer Kontrolle. Zudem ist jederzeit mit Brandübertrag auf angrenzende Gebäude aufgrund der großen Hitze und der leichten Stoffe, die schnell durch Wind weitergetragen werden können, zu rechnen.

Wenn Forderungen nicht eingehalten werden

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Nachdem die Versicherungswirtschaft so über Jahrzehnte Verluste in der Feuerversicherung von Recyclingbetrieben verzeichnet hat, entscheiden sich viele Gesellschaften dafür, die Zeichnung entsprechender Risiken einzustellen und bestehende Verträge zu kündigen. Dies geschieht auch teilweise unter dem Druck der Rückversicherer, die weltweit eine mit Deutschland vergleichbare Situation vorfinden. Die Zahl der am Markt agierenden Sachversicherer, die exponierte Risikogruppen wie die Entsorgungsbranche versichern, ist inzwischen sehr gering. „Die versicherungstechnische Lösung für die besonderen Fragestellungen würde in einer individuellen Betrachtung jedes einzelnen Betriebs liegen. Ein solches Vorgehen passt aber nicht zum aktuellen Trend der Digitalisierung und der damit einhergehenden standardisierten Verarbeitung und Einsparung von Sachexperten“, meint Nico Hübener, Gründer und Vorstand der Hübener Versicherungs AG. Die prozessoptimierte Bearbeitung bei den Versicherern hat zur Folge, dass die Recyclingbranche mit anderen Industriezweigen gleichgestellt und die besonderen Bedürfnisse der Branche vernachlässig werden. Eine gängige Forderung der Versicherer ist beispielsweise der Mindestabstand zwischen Gebäuden und brennbaren Materialien.

Doch wie reagieren Versicherungsgesellschaften, wenn die Forderungen nicht eingehalten werden können, da der Betrieb über Jahrzehnte gewachsen ist und die Lagerkapazitäten auf dem Betriebsgrundstück erreicht sind? Was passiert, wenn hinzukommt, dass sich der Betrieb in mitten eines Mischgebietes befindet? In diesen Fällen wären individuelle und auf den Betrieb abgestimmte Schutzmaßnahmen erforderlich, die den Fortbestand und die Produktivität des Betriebes fördern. Die wenigen Versicherer, die überhaupt noch Recycler versichern, bieten Versicherungsschutz häufig nur noch dann, wenn nachweislich ordnungsgemäß geführter organisatorischer Brandschutz besteht und der Betreiber zusätzlich umfassende Investitionen in den technischen Brandschutz vornimmt. In Zeiten schwankender Marktpreise für Rohstoffe und Abfälle und verschärfter gesetzlicher Vorgaben an Recyclingquoten reicht der Ertrag häufig nicht aus, um die kostenintensiven Forderungen der Versicherer zu erfüllen. Anders ausgedrückt: Die finanziellen Mittel für den geforderten Technischen Brandschutz sind vielerorts nicht vorhanden.

Ein anderer Versicherungsweg

Die Hübener Versicherung geht als Spezialversicherer für feuergefährdete Betriebe einen anderen Weg. „Die Vermeidung und Minimierung von Risikopotenzialen in der Recyclingbranche haben neben der Ordnung und Sauberkeit im Betrieb oberste Priorität. Die Auslegung und das Hauptaugenmerk des Brandschutzes in der Recyclingbranche liegen entgegen anderen Industriebetrieben nicht auf dem baulichen oder technischen Brandschutz“, sagt Adrian Kahts, Koordinator Brandschutz der Hübener Versicherungs AG. Das bedeutet, dass der betriebliche und der darauf aufbauende organisatorische Brandschutz im Vordergrund stehen sollten. Alle im Unternehmen tätigen Personen müssen den betrieblichen und organisatorischen Brandschutz „leben“. Darauf aufsetzend kommen dann technische Lösungen zur Brandfrüherkennung und Brandbekämpfung in Betracht, wobei Hersteller gewählt werden sollten, deren Lösungen den spezifischen Anforderungen der Recyclingbranche gerecht werden.

„Als Partner der Recyclingbetriebe legt Hübener großen Wert auf die Beratung zum vorbeugenden Brandschutz und Begleitung der Betriebe. Dies erfolgt immer in enger Zusammenarbeit mit dem jeweils betreuenden Makler, da dieser das Vertrauen seines Kunden genießt“, betont Dietmar Linde, Vorstand der Hübener Versicherungs AG. Neben dieser fachlichen Begleitung sind die Unterzeichner bevollmächtigt, die für die Branche geltenden Brandschutzstandards individuell bezogen auf die jeweilige Risikosituation anzupassen. Für die Versicherungsbranche eher ungewöhnlich ist auch, dass Ausschnittsdeckungen angeboten werden. So kann beispielsweise nur die Gefahr Feuer versichert werden, wenn Maschinen ansonsten über eine Maschinenbruch- oder -kaskoversicherung verfügen und dort Feuer als ausgeschlossen gilt. Es können aber auch zum Betrieb neu hinzugekommene Gebäude versichert werden, während der Bestand beim bisherigen Versicherer verbleibt. Feuerversicherung für die Recycling- und Entsorgungswirtschaft wird unter Berücksichtigung der aktuellen Rahmendaten absehbar ein Sorgenkind bleiben, und die Versicherungskapazitäten werden auch eher knapper.

Quelle: Hübener Versicherungs AG, www.huebener-ag.eu [2]

Foto: Blurf / dreamstime.com

(EU-Recycling 03/2019, Seite 28-Meinung)