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Recyclingquoten: Neu berechnen statt schönrechnen

Die Recyclingquoten für Siedlungsabfälle in Deutschland, Österreich und der Schweiz liegen nur deutlich über der europäischen Durchschnittsquote. Das liegt aber hauptsächlich an den bisherigen Berechnungsmethoden, wie DGAW-Ehrenpräsident Thomas Obermeyer am 12. März auf der Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz betonte.

Bei Siedlungsabfällen erreicht die Schweiz eine Recyclingquote von 52 Prozent. Österreich kommt auf 59 Prozent. Und Deutschland glänzt mit 67 Prozent, womit es die Ziele für 2025, 2030 und 2035 schon jetzt übertreffen würde. Diese Zahlen geben freilich nicht wider, dass Deutschland mit 82,5 Millionen Einwohnern und 52,1 Millionen Tonnen pro Jahr ein wesentlich höheres Siedlungsabfall-Aufkommen verursacht als Österreich (8,8 Mio. Einwohner; 4,3 Mio. Tonnen) und die Schweiz (8,4 Mio. Einwohner; 6,1 Mio. Tonnen). Und sie verdeutlichen nicht, dass die Schweiz mit 718 Kilogramm pro Einwohner und Jahr das höchste spezifische Abfallaufkommen im Vergleich zu Deutschland mit 632 Kilogramm und Österreich mit 484 Kilogramm pro Einwohner und Jahr aufweist. Davon abgesehen, betreffen die Angaben für Österreich und die Schweiz nur den reinen Haushaltsabfall, während in Deutschland neben 46.605 Tonnen Haushaltsabfällen auch 5.528 Tonnen sonstige Siedlungsabfälle zu Buche schlagen.

Statistische Ermittlung vereinfachen

Mit der Umsetzung des Kreislaufwirtschaftspakets sollen bis Juli 2020 neue Richtlinien in das nationale Recht der Mitgliedstaaten überführt werden. Auch ist beabsichtigt, die statistische Ermittlung der Recyclingquoten zu vereinheitlichen. Das ist dringend notwendig, da bislang in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterschiedliche Berechnungsmethoden zum Tragen kamen. So gilt in Deutschland der Input in R2- bis R13-Verwertungsverfahren als Recycling, wovon der Output aus biologischen, mechanisch-biologischen und Sortier-Anlagen, der nicht recycelbar ist, nicht statistisch abgezogen wird. In Österreich hingegen wird der Output aus biologischen und Sortier-Anlagen an Wertstoffen, die verbrannt oder beseitigt werden, bei der Berechnung bereits abgezogen, während die Output-Mengen an Wertstoffen aus mechanisch-biologischen Anlagen und der Output an der biologisch abgebauten Fraktion zum Recycling zählen. Die schweizerische Berechnungsmethode schließlich zieht bei Sortieranlagen den Output von Wertstoffen, die verbrannt oder beseitigt werden, teilweise ab, während sie den Input in biologische Anlagen hinzuzählt.

Neue Quoten

Das neue statistische Verfahren bedeutet beispielsweise für Deutschland die Ermittlung von solchen Output-Mengen aus R2-R13-Verfahren, die nicht recycelt werden, sowie deren rechnerischer Abzug. Gleiches gilt für die stofflich nicht verwertbaren (Teil-)Mengen von biologisch abbaubaren Abfällen. Andererseits sollen Metalle, die aus der thermischen Abfallbehandlung rückgewonnen wurden, statistisch in die Recyclingquote einfließen. Nach Abzug nicht recycelfähiger Anteile ergeben sich beispielsweise für Grünabfälle und Bioabfall Quoten von 99 und 97 Prozent, für Metall, Altglas und Altpapier solche von 93, 89 und 87 Prozent, und für Textilien und Verbunde jeweils eine von 80 und 76 Prozent. Die Recyclingrate von Altholz wird auf 27 Prozent veranschlagt, jene für Kunststoffe auf 20 bis 50 Prozent. Bei den gemischt gesammelten Fraktionen erreicht Sperrmüll eine Quote von 20 bis 50 Prozent, Hausmüll-ähnlicher Gewerbeabfall 13 bis 20 Prozent und Hausmüll lediglich fünf Prozent.

Statt 69 nur 51 Prozent

Die Ergebnisse ausschließlich der Haushaltsabfälle zusammengerechnet, kommt Deutschland damit statt auf 69 nur auf 51 Prozent Recyclingquote. Werden in Österreich vergleichbare Änderungen vollzogen und in der Hauptsache nur noch diejenigen Wertstoffmengen berücksichtigt, die in weiterführende Recyclingverfahren gelangen, verringert sich die dortige Recyclingquote von 59 auf 52 Prozent. Und auch die Schweiz darf unter ähnlich modulierten Voraussetzungen statt 52 Prozent lediglich 48 Prozent bilanzieren.

Zusammenfassend kam Obermeyer auf Basis der neuen Berechnungsmethoden letztlich zum Schluss, dass die drei Länder die EU-Recyclingziele von 55 Prozent für Siedlungsabfälle im Jahr 2025 verfehlen werden. Auch sei in der Kategorie der sonstigen Siedlungsfälle in Deutschland bestenfalls mit einer 26-prozentigen und in Österreich und der Schweiz eher mit einer jeweils sinkenden Recyclingquote zu rechnen. Und Verfahren zur Behandlung von Restabfällen hätten dann keine Auswirkungen mehr auf die Recyclingquote, die in mechanisch-biologischen und Müllverbrennungs-Anlagen in Deutschland und Österreich nicht höher liege als in thermischen Verwertungsanlagen der Schweiz.

Inwieweit die neuen Berechnungsmethoden in anderen EU-Mitgliedstaaten Anwendung finden werden, ließ der Experte allerdings ebenso offen wie die Frage, „ob wir wirklich eine europaweit vergleichbare Statistik im Bereich Siedlungsabfall hinkriegen“.

Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de

(EU-Recycling 04/2019, Seite 8)

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