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Weiterhin schwierig zu verwerten: Wärmedämmverbundsysteme

Die Gewitterwolke, die 2017 wegen des Flammschutzmittels HBCD über der Entsorgung von EPS-haltigen Wärmedämmverbundsystemen hing, hat sich mittlerweile verzogen. Dennoch ist die Behandlung von WDVS problematisch, da die Mehrheit der Materialien nur energetisch genutzt und zum geringsten Teil recycelt wird. Auf den 16. Münsteraner Wirtschaftstagen stellte ein Arbeitskreis andere Verwertungsstrategien vor.

Vorliegenden Zahlen zufolge fallen zurzeit rund 63.000 Tonnen an EPS-Dämmstoffen zur WDVS-Produktion an. An EPS-Abfällen wird mit jährlich rund 30.000 Tonnen aus Dämmstoffen und 61.000 Tonnen aus dem gesamten Baubereich gerechnet. Hinzu kommt etwa der fünf- bis zwölffache Massenanteil an Putz und Kleber, sodass sich die Gesamtabfallmenge aus WDVS auf rund 300.000 Tonnen pro Jahr summiert. Aber: EPS-Abbruchabfälle mit einem HBCD-Gehalt über 1.000 Milligramm pro Kilogramm gehören zwecks Zerstörung in die Müllverbrennungsanlage. Für die energetische Nutzung dieser Materialien sollte der Anteil an EPS unter zwei Masseprozent gehalten werden. Und die Verbrennung von Dämmverbunden als Gesamtmaterial resultiert in einem erheblich höheren Aschegehalt. Das sind gute Gründe, um nach anderen Entsorgungsstrategien zu suchen.

Sortenreines EPS ohne HBCD-Belastung kann – nach vorsorglicher Stoffanalyse – gesammelt, zu Granulat aufbereitet und werkstofflich wiederverwertet werden. Rücknahme und Aufbereitung von Baustellen-Schnittresten aus Mineralwolle sind aufgrund unklarer Sortenreinheit und hohem Transportgewicht unwirtschaftlich und finden nur vereinzelt bei großen Bauprojekten statt. Hier könnte eine Kompaktierung des Materials, das bislang meist deponiert wird, Abhilfe schaffen. Auch andere Dämmstoffe wie Holzweichfasern, Polyurethan, Phenolharz oder Mineralschaum werden nur zurückgenommen bei großen Mengen und geringem Logistikaufwand; ansonsten erfolgt die Entsorgung bei organischen Stoffen über die thermische Verwertung beziehungsweise bei mineralischen Stoffen über die Verwendung als Bauschutt.

Welche Verfahren sich anbieten

WDVS-Abfälle aus Rückbau gelten als heterogene, schwer trennbare und möglicherweise HBCD-belastete Verbundstoffe. Für ihre Behandlung bietet sich zum einen das von Fraunhofer IVV entwickelte CreaSolv-Verfahren an. Es sieht vor, Polystyrole chemisch aufzulösen, feste Verunreinigungen und Additive wie HBCD oder Brom abzutrennen, die Polystyrole vom Lösungsmittel zu separieren und zu Polymer-Granulat zu verarbeiten. Die niederländische PolyStyreneLoop Cooperative will noch in diesem Jahr eine entsprechende Pilotanlage bauen. Sie soll vor allem auf lose verlegte Dämmplatten zurückgreifen und auf spezielles, wenig verunreinigtes Material. Das Verfahren lässt allerdings nur die EPS-Rezyklierung von rund zehn Prozent des WDVS-Abfallstroms zu, und die verbleibenden Putze und Kleber dürfen aufgrund ihrer organischen Bestandteile auf keiner DK III-Deponie entsorgt werden. Prinzipiell ist – wie Versuche an der FH Münster gezeigt haben – eine Verwertung von sortenreinem EPS möglich, sofern Putz, Kleber, Befestigungselemente und Armierungsgewebe mechanisch abgetrennt werden.

Ein anderer Behandlungsweg besteht darin, WDVS-Abfälle in der Zementindustrie stofflich-energetisch zu verwerten; In den Zementwerken wird der hohe EPS-Heizwert von rund 38 Megajoule pro Kilogramm geschätzt. Ein vom Bundesumweltamt gefördertes Projekt namens „Ressource.WDSV“ prüft zurzeit aber auch ein Verfahren, bei dem zusätzlich die Asche von Putz, Kleber und Glasfasergeweben stofflich genutzt wird. Zu untersuchen sind dabei auch die optimale Separation der Stoffe, die Korngröße, der geeignete Anteil am Brennstoffinput und der beste Zufuhrort. Erste Ergebnisse liegen vor, wonach die reine EPS-Fraktion im Hauptbrenner Einsatz findet, während sich die mineralischen Fraktionen mit kleinerem Korn für die Sekundärverbrennung eignen.

Hinsichtlich Wirtschaftlichkeit ist das PolyStyreneLoop-Verfahren im Nachteil, da die mechanische Aufbereitung von EPS ohne Verwertung von Materialien wie Putz und Kleber ökonomisch wenig sinnvoll erscheint. Andererseits sinkt – wenn der Anteil an solchen Materialien steigt und der der EPS-Fraktion dadurch fällt – auch in den Zementwerken die finanzielle Wertigkeit von EPS.

Foto: Rainer Plendl / Dreamstime.com

(EU-Recycling 05/2019, Seite 28)