Lohnt sich eine verstärkte Rückgewinnung von Edel- oder Sonder­metallen?

Inwieweit lassen sich geeignete Abfallströme so lenken, dass die Rückgewinnung von Edel- oder Sondermetallen gestärkt wird? Das untersuchte das ILESA-Projekt im Auftrag des Bundesumweltamtes. Ergebnisse stellte Dr. Siegfried Kreibe, Stellvertretender Geschäftsführer der bifa Umweltinstitut GmbH, auf der Berliner Recycling- und Rohstoff-Konferenz vor.

Beispielhaft untersuchte das Projekt Neodym-Eisen-Bor-Magnete (NdFeB-Magnete) und Edelmetall-haltige Leiterplatten aus Altfahrzeugen, wobei die Magnete aufgrund ihrer Menge im Einzelgerät und Leiterplatten aufgrund ihres Gesamtpotenzials ausgewählt wurden. Bei der Separation von NdFeB-Magneten aus Industriemotoren bestehen Schwierigkeiten, das Material kaum identifizieren und oft nur zerstört oder mit großem Aufwand entnehmen zu können. Der manuelle Ausbau von Festplattenmagneten bereitet Probleme aufgrund der geringen Größe und der Notwendigkeit zur Entmagnetisierung. An Leiterplatten aus Altfahrzeugen steht ein jährliches Potenzial von rund 500 Tonnen mit einem Edelmetall-Neuwarenwert von rund sechs Millionen Euro zur Verfügung. Allerdings ist ihr Ausbau nur teilweise mit vertretbarem Aufwand möglich, und der Erlös muss die gesamte Verwertungskette finanzieren. Zwar werden Mehrerlöse durch bessere Aluminiumpreise möglich, jedoch sinkt tendenziell der Edelmetallgehalt von Leiterplatten.

Gesamtausbeute gleich null

Die ILESA-Forscher entwickelten eine Berechnungs- und Bewertungsmethode für die einzelnen Verfahrensschritte, mit denen die Metalle rückgewonnen werden. Dabei ergibt für 2020 die detaillierte Betrachtung der jetzigen Erfassung, Vorseparation, Aufbereitung und Verwertung von NdFeB-Magneten aus Industriemotoren, IT-Anwendungen und Pkw-Elektromotoren eine Gesamtausbeute gleich null, da Dysprosium, Neodym und Praseodym vollständig verloren gehen. Nach Umsetzung und Verbesserung von Maßnahmen wäre eine Rückgewinnungsquote von 6,8 Prozent realistisch und könnte – sehr optimistisch geschätzt – bis 42,3 Prozent steigen. Ein ähnliches Bild liefert die Behandlung von Leiterplatten. Auch hier gehen derzeit die Zielmetalle Gold, Silber, Palladium und Platin im Recyclingprozess komplett verloren. Durch Verbesserungen sind realistische Ausbeute-Raten von 5,9 Prozent und bestenfalls von 41,6 Prozent denkbar. Um dahin zu gelangen, müssten die Erfassungsstrukturen effizienter gestaltet, bei der Vorseparation die manuelle Demontage von Elektronik-Bauteilen ausgeweitet, Ziel-Prozessketten bei der Aufbereitung realisiert sowie bei der Verwertung die Edelmetallausbeute gesteigert werden.

Was sich verbessern lässt

Zur Verbesserung des Recyclings Seltenerdmetall-haltiger Magnetwerkstoffe werden unter anderem eine Kennzeichnungspflicht für Magnete, die Einführung einer Verwertungsquote für Sondermetalle, die Einrichtung von Langzeit-Zwischenlagern und die Initiierung eines Netzwerks zur Erfassung und Demontage von Elektro-Fahrrädern empfohlen. Zur Stärkung des Edelmetallrecyclings aus Fahrzeugelektronik schlägt ILESA unter anderem Designvorgaben für die Fahrzeughersteller, verbesserten Rücklauf von Altfahrzeugen und Projekte zur optimierten Edelmetallausbeute aus Schredderfraktionen vor. Zu den übergeordneten Maßnahmen zählen die Entwicklung eines Recycling-Warenwirtschaftssystems, die Verbreitung von Füllstand-Erfassungssystemen und eine Stoffstrom-übergreifende Bündelung zur besseren Auslastung der Logistikketten.

Nur wenige tausend Einwohnerwerte

Das Umweltentlastungs-Potenzial des Sonder- und Edelmetall-Recyclings berechnet sich aus den eingesparten Treibhausgasmengen durch Verzicht auf Primärproduktion abzüglich der Emissionen aus der Verwertung. Dabei wird bei den NdFeB-Magneten bei einem Einsparpotenzial von rund 370 Einwohnerwerten (EW) selbst bei einer Ausbeute von 50 Prozent lediglich ein Bruttonutzen von rund 180 EW erzielt; eine zehnprozentige Ausbeute ergibt einen Bruttonutzen von rund 35 EW. Ähnliche Werte liefert auch das Recycling von Fahrzeug-Elektronik, die ein Potenzial von rund 330 EW aufweist. Zwar werden künftig erheblich steigende Mengen an NdFeB-Magneten erwartet, doch werde der Effekt durch zunehmende Gebrauchtgeräte-Exporte, Verluste entlang der Versorgungskette und Emissionen bei der Verwertung auf wenige tausend Einwohnerwerte gedämpft. Aus Sicht des Klimaschutzes – so Siegfried Kreibe – „erscheinen daher in Implementierung und Umsetzung aufwendige, gesetzgeberische Maßnahmen kaum angemessen“. Freilich sei der Klimaschutz nur ein Aspekt, durch den die Umweltbelastung durch Primärgewinnung von Metallen, die Versorgungssicherheit und die Rohstoffsicherung nicht aus dem Blick geraten dürfe. Weitere Aktivitäten, die auf die Rückgewinnung von Sonder- und Edelmetallen aus den Abfallströmen zielen, seien daher „sinnvoll und wünschenswert“.

Der vollständige Artikel ist nachzulesen im neuen Tagungsband Recycling und Rohstoffe, Band 12, hrsg. von Stephanie Thiel, Olaf Holm, Elisabeth Thomè-Kozmiensky, Daniel Goldmann und Bernd Friedrich, Neuruppin 2019, ISBN 978-3-944310-46-6.

Foto: Marc Weigert

(EU-Recycling 06/2019, Seite 11)

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