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Wie fortgeschritten ist die Digitalisierung in der Abfallwirtschaft?

Der Grad der Digitalisierung ist in hohem Maße von der Größe des Unternehmens abhängig, stellte Monika Tonne im Interview fest. Dabei werden unter Digitalisierung immer noch allein Ortung oder einfache Telematiklösungen verstanden.

Seit ihrer Gründung im Jahr 2000 hat sich die Couplink Group AG vom ERP-System-Anbieter zum Experten für prozessorientierte Digitalisierung in der mobilen Telematik entwickelt. Mit hardwareunabhängigen Telematik-Lösungen passt das Software- und Beratungsunternehmen digitales Flottenmanagement und mobile Servicesteuerung einfach und individuell an die Bedürfnisse seiner Kunden an. EU-Recycling sprach mit Monika Tonne, Vorständin der Couplink Group AG, über mögliche Entwicklungen in der Entsorgungswirtschaft durch Digitalisierung.

Frau Tonne, in welchen Bereichen sehen Sie für Entsorger langfristig die größten Vorteile durch Digitalisierung?

Natürlich bringt die Digitalisierung innerhalb des Unternehmens große Zeit- und Kosteneinsparungen. Richtig interessant wird es, wenn auch Subunternehmen und weitere Beteiligte des Logistikprozesses miteinander vernetzt werden. Denn dadurch entfällt langfristig der manuelle Austausch einer immensen Zahl von Papierdokumenten. Es gibt heute bereits Kommunikationsplattformen, die diesen Austausch digital ermöglichen. Es mangelt manchmal jedoch noch an standardisierten Schnittstellen. Erste gute Ansätze entwickeln beispielsweise der BDE mit seiner Aval-Schnittstelle und der Telematik-Verband OpenTelematics. Dieser will eine Standardschnittstelle etablieren, damit Daten zwischen unterschiedlichen Systemen zukünftig einfacher ausgetauscht werden können.

Welche Bereiche der Abfallwirtschaft werden nach Ihrer Einschätzung am schlechtesten von der Digitalisierung erreicht und am längsten für ihre Durchdringung brauchen?

Der Grad der Digitalisierung ist in hohem Maße von der Größe des Unternehmens abhängig: Während die großen Mittelständler und Konzerne bereits dabei sind, Sensortechnik und Künstliche Intelligenz zu etablieren, sind es meist die kleinen und mittelgroßen Logistiker, die unter Digitalisierung noch immer allein Ortung oder einfache Telematiklösungen verstehen. Hier kann man bereits mit bewährten Standardlösungen viel erreichen. Solche Systeme sind spezialisiert auf die unterschiedlichen Bereiche, in denen ein Entsorgungsunternehmen tätig ist. Es gibt Digitalisierungslösungen für Sperrmüllentsorgung, gewerbliche Entsorgung inklusive Container-Verwaltung und für die kommunale Entsorgung mittels Routendigitalisierung. Hier können auch kleine Unternehmen die gleichen Lösungen nutzen wie die großen und somit Chancengleichheit herstellen – sie müssen es nur einfach machen!

An welchen politischen, wirtschaftlichen oder finanziellen Stellschrauben sollte gedreht werden, um der Digitalisierung in der Entsorgungsbranche weiter den Weg zu ebnen?

Die Politik ist ein wichtiger Akteur. Sie ist verantwortlich dafür, dass alle Unternehmen mit dem größtmöglichen Nutzen an der digitalen Revolution teilhaben können und eine gewisse Chancengleichheit hergestellt wird. In diesem Zusammenhang sind weitere finanzielle Förderprogramme gerade für kleine und mittlere Unternehmen sehr wünschenswert. Außerdem ist es wichtig, dass der Entsorgungsbranche die Praktikabilität der Digitalisierung noch stärker zugänglich gemacht wird. Es gibt viele Vorträge und Berater, die in diesem Bereich vor allem theoretisch unterwegs sind. Dabei ist entscheidend zu zeigen, was Digitalisierung – praktisch umgesetzt – für Entsorger bedeutet. Hier bedarf es noch vieler Aufklärungsarbeit.

Frau Tonne, vielen Dank für das Gespräch!
(Das Interview führte Dr. Jürgen Kroll)

Foto: Couplink Group AG

(EU-Recycling 06/2019, Seite 25)

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