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Kunststoffabfälle: Die EU-Mitgliedstaaten werden aktiver

Lediglich neun Mitgliedstaaten verfolgen bislang explizite Ziele einer Abfallvermeidung in ihren Programmen. Die meisten der Maßnahmen beruhen dabei auf freiwilligen Vereinbarungen und informativen Instrumenten.

Die Vermeidung von Plastikabfällen und -verschmutzungen gehört zu den Zielen der Europäischen Union. Sie wurde in jüngster Zeit beispielsweise durch die Strategie für Kunststoffe in einer Circular Economy vom Januar 2018 oder das Verbot von bestimmten Plastik-Einwegartikeln ab 2021 tätig. Doch darf die europäische Strategie nicht aus den Augen verlieren, dass kaum ein Drittel der Kunststoffabfälle ins Recycling kommt und viele Recyclingaktivitäten außerhalb von Europa stattfinden. Die Europäische Umwelt-Agentur hat daher solche Maßnahmen zur Abfallvermeidung gesucht und begutachtet, die die 27 EU-Mitgliedstaaten – ohne Zypern, aber inklusive Island, Norwegen, Schweiz und Türkei – entweder eingeführt haben oder einführen wollen.

31 Prozent rückgewonnen

Die Nachfrage nach Kunststoffen in der EU stieg zwischen 2010 und 2017 von 46 auf 52 Millionen Tonnen. Rund 40 Prozent benötigt die Verpackungsindustrie, rund 20 Prozent verbraucht der Bausektor, zehn Prozent finden den Weg in die Automobil-Herstellung, und rund sechs Prozent werden in der Elektronik eingesetzt. Inzwischen beträgt die europäische Kunststoffproduktion rund ein Fünftel der weltweiten Plastikherstellung. Was die Entsorgung von europäischen Kunststoff-Abfällen anlangt, ließen sich 31,1 Prozent zurückgewinnen, allerdings nur 63 Prozent davon in Europa. Und nur sechs Prozent des gegenwärtigen europäischen Bedarfs wurden 2016 durch inländisch recycelten Sekundärkunststoff gedeckt.

Die Europäische Umwelt-Agentur konnte europaweit 173 Maßnahmen zur Abfallvermeidung identifizieren, wovon 105 die Produktionsphase und 69 den Konsumtionssektor betrafen. Abgesehen von gesetzlichen Verpflichtungen auf nationaler Ebene wie Steuern auf Tragetaschen aus Kunststoff, beziehen sich die meisten der Maßnahmen zur Abfallvermeidung auf freiwillige Vereinbarungen und informative Instrumente. 25 Initiativen erfolgten regulativ und betrafen Verbote von Mikroplastik, Kunststoff-Kügelchen und etliche Sorten von Einwegplastik. 37 Maßnahmen der jeweiligen EU-Länder waren marktbezogen – zumeist Gebühren auf Tragetaschen aus Kunststoff. Lediglich neun der einbezogenen Mitgliedstaaten verfolgen explizite Ziele einer Abfallvermeidung in ihren Programmen. Klare und allgemein gültige Ziele sind nach Darstellung der Studie jedoch nach wie vor für die meisten Produktgruppen Mangelware; das erklärt die unterschiedlichen Niveaus an Aktivitäten und Ambitionen zwischen den Ländern.

Wenig konkrete Ziele

Nach Ansicht der Umwelt-Agentur lässt sich die Mehrzahl der politischen Instrumente, auf die die Mitgliedstaaten zurückgreifen, als sanfte Maßnahmen zur Information oder öffentlichen Kommunikation – sie betreffen 42 Prozent aller identifizierten Aktionen – und als freiwillige Vereinbarungen beschreiben. Letztere wurden von verschiedenen Gruppierungen an Interessenvertretern initiiert. Spezifische und konkrete Ziele zur Abfallvermeidung sind in Europa wenig verbreitet – mit Ausnahme der erwähnten neun Länder. Jedoch haben die meisten Nationen Indikatoren- oder Überwachungs-Systeme eingeführt, um den Fortschritt in ihren Abfallvermeidungs-Programmen einschätzen zu können.

Insgesamt konnte der Report eine Reihe von guten Praxisbeispielen in Europa identifizieren, die über das durchschnittliche Niveau an Maßnahmen zur Abfallvermeidung hinausgehen. Dazu gehören einerseits regulative Aktionen wie Verbote bestimmter Kunststoffprodukte, andererseits sanftere Initiativen wie Vereinbarungen von Interessenvertretern, den Verbrauch von Kunststoffprodukten hauptsächlich für Verpackungen zu reduzieren sowie Training und den Ausbau von Kapazitäten zu verstärken. Unglücklicherweise liegen nur sehr wenige Beispiele vor, bei denen die Maßnahmen angemessen ausgewertet wurden: Die meisten positiven Praxisbeispiele lassen eine Auswertung, die zur Feststellung der Effektivität beitragen könnten, vermissen.

Der Report kann unter www.eea.europa.eu/publications/preventing-plastic-waste-in-europe/at_download/file [1] heruntergeladen werden.

Foto: O. Kürth

(EU-Recycling 07/2019, Seite 6)