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Sonderabfallverbrennung: ein Marktüberblick

Die Marktbedingungen haben sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. In Deutschland verringerte sich die Kapazität der Sonderabfallverbrennungsanlagen (SAV) um etwa zehn Prozent.

In der EU 28 weisen die installierten SAV derzeit eine Kapazität von insgesamt etwa 3,5 Millionen Jahrestonnen auf. Die Gesamtkapazität von thermischen Behandlungsanlagen liegt im Vergleich in Europa bei 65 Millionen Tonnen pro Jahr. Deutschland und Frankreich haben die größten SAV-Kapazitäten; zu den Ländern mit kleineren und wenigen Anlagen in Betrieb zählt die Schweiz. Bei den Anlagen in Deutschland mit einer Gesamtkapazität von 1,3 Millionen Tonnen (Stand: 2018) lassen sich drei Typen unterscheiden: solche mit vollem Marktzugang, jene der chemischen Industrie mit Marktzugang und etliche der chemischen Industrie für spezielle interne Abfälle. Zwei Anlagen vom Typ 1 wurden zuletzt abgebaut und in Polen wieder aufgebaut.

Infolge der Kapazitätserweiterung von thermischen Behandlungsanlagen für Siedlungs- und Gewerbeabfälle hat sich die SAV-Kapazität in Deutschland in den letzten zehn Jahren um etwa zehn Prozent reduziert. Die Wirtschaftskrise ab 2008 verringerte die Auslastung der Anlagen erheblich, sodass einige Hausmüllverbrennungsanlagen zunehmend gefährliche Abfälle mitbehandelten. Mit dem Kapazitätsabbau bei den SAV-Anlagen stiegen die Anfallmengen in Hausmüllverbrennungsanlagen (HMV) von 120.000 Tonnen im Jahr 2000 auf 350.000 Tonnen im Jahr 2015. Danach gingen die Mengen aufgrund der besseren Auslastung der HMV-Anlagen leicht zurück.

Gefördert wurde dieser Trend durch Vorbehandlungs- oder Mischanlagen, welche die Hausmüllverbrennungsanlagen als preisgünstige Alternativen für ihren Output genutzt haben. Während bei den Anlagen zur thermischen Behandlung von Hausmüll und Gewerbeabfällen in Deutschland und Europa ein Zuwachs zu verzeichnen ist, wurden in Deutschland einige SAV geschlossen. Durch Steigerung der Kapazitäten in bestehenden Anlagen konnte dies zum Teil ausgeglichen werden.

Anlagenoptimierungen und Emissionsminderung

Dass neue Sonderabfallverbrennungsanlagen in Deutschland und Europa gebaut werden, ist angesichts hoher Investitionskosten und Auslastungsrisiken unwahrscheinlich. In Belgien ist allerdings eine Verbrennungsanlage für Klinikabfälle stillgelegt und an anderer Stelle durch eine SAV mit erweitertem Produktspektrum ersetzt worden. Kapazitätserweiterungen bestehender Anlagen kompensierten zum Teil den Kapazitätsabbau. So gelang es in einigen Fällen, den Anlagenbetrieb zu optimieren und den Durchsatz zu erhöhen. Größere technische Änderungen mussten dabei nicht vorgenommen werden.Die dennoch erforderlichen Maßnahmen zur Emissionsminderung nach Gesetzeslage umfassen die Installation mehrstufiger Abgasreinigungssysteme mit Wäscher, Gewebefilter, Aktivkohlefilter und Katalysator sowie die Quecksilberrückhaltung. Um auftretende Emissionsspitzen bei Quecksilber frühzeitig erkennen und gezielt Maßnahmen zur Elimination des Quecksilbers einleiten zu können, wurde vor etwa zwölf Jahren bei dem Entsorgungsunternehmen HIM in Biebesheim ein innovatives System entwickelt, bei dem im Rohgas vor dem Wäscher der Quecksilbergehalt gemessen wird. Zur Bindung der Quecksilbergehalte eignen sich besonders gut polysulfidische Lösungen und dotierte Aktivkohlen, die speziell für die Entschwefelung von Biogas entwickelt wurden. Das Additiv wird dosiert vor dem Wäscher beziehungsweise vor dem Schlauchfilter zugegeben, sobald das Quecksilber im Rohgas ansteigt. Durch die Änderung der Luftführung konnte außerdem der Ausbrand in SAV-Anlagen verbessert und dadurch niedrigere Kohlenmonoxid-Konzentrationen erzielt werden.

Der Artikel basiert auf „Anpassung der Sonderabfallverbrennungsanlagen an veränderte Marktbedingungen“ von Andreas Neuss, erschienen in: Energie aus Abfall, Band 15, hrsg. v. Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Peter Quicker und Alexander Gosten, Thomé-Kozmiensky Verlag 2018, ISBN: 978-3-944310-39-8.

Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de

(EU-Recycling 07/2019, Seite 36)