Hübener Versicherung: „Brandschutz bestimmt, ob Versicherungsschutz gewährt wird“
Entsorgungs- und Recyclingunternehmen sind für Versicherungsgesellschaften eine Risikogruppe: Mehr als 1.400 Feuerschäden wurden in den letzten zehn Jahren allein in Deutschland gemeldet. Viele Gesellschaften haben die Zeichnung entsprechender Risiken eingestellt und bestehende Verträge mit Abfallwirtschaftsbetrieben gekündigt. Unter welchen Voraussetzungen besteht Versicherungsschutz im Brandfall und warum kann ausgerechnet ein kleinerer Versicherer Feuerversicherung anbieten? Darüber hat EU-Recycling mit Dietmar Linde, Vorstand der Hübener Versicherungs Aktiengesellschaft, gesprochen.
Dietmar Linde fokussierte sich früh in seiner beruflichen Laufbahn auf Nischenthemen in der Assekuranz. Nach Stationen bei den Versicherungsmaklern Aon und Marsh bringt er heute neben langjährigem Fachwissen seinen Blick für den Kunden und für Versicherungsmakler ein. Im Team werden mit Kreativität Versicherungslösungen für Branchen kreiert, die Versicherer normalerweise meiden.
Herr Linde, die Hübener Versicherungs Aktiengesellschaft ist Spezialversicherer für feuergefährdete Betriebe. Zur Risikogruppe zählt auch die Entsorgungs- und Recyclingbranche. Warum?
1.400 Schäden in den letzten zehn Jahren alleine in Deutschland sprechen eine deutliche Sprache. Keine Branche produziert so viele große Feuerschäden wie die Recycler. Nicht nur die Frequenz der Schäden, auch die Totalschadengeneigtheit ist einmalig. Und es ist auch kein exklusiv deutsches Phänomen. Im europäischen Ausland und auch weltweit stellt sich die Situation ähnlich dar.
Was ist denn das Besondere an der Recyclingbranche?
Das Geschäft, bei dem aus Altem wieder Neues wird, birgt viele Risiken. So sind die zu recycelnden Stoffe häufig mit organischen Anhaftungen versehen, die zu exothermen Reaktionen führen. Dann sind die großen Mengen an zu verarbeitenden Stoffen sehr häufig leicht brennbar. Denken Sie nur an tonnenweises Altpapier und Altholz, welches zur Weiterverarbeitung und Wiederverwertung von großen Maschinen grob bearbeitet wird. Ein kleiner Funken führt so schnell zu einem Vollbrand. Zudem unterliegt die Branche aufgrund der geforderten Recyclingquoten einem hohen Innovationsdruck, der dazu führt, dass die eingesetzten Anlagen zwar häufig aus erprobten Teilkomponenten bestehen, das Zusammenwirken der einzelnen Elemente aber eher einem Prototypenbetrieb entspricht. Technische Defekte, Selbstentzündung und Störstoffe sind also die typischen Entstehungsherde. Aber auch Brandstiftung kommt gelegentlich vor.
Wie reagiert die Versicherungswirtschaft darauf?
Meistens mit Ablehnung. Sich mit den spezifischen Risiken auseinanderzusetzen, fordert einerseits Fachwissen und andererseits Zeit. Zwei Aspekte, denen im digitalen Zeitalter und der Fokussierung auf Massenverarbeitung bei Versicherern wenig Raum gegeben wird. Da tendieren die meisten Versicherer dann eher dazu, keinen Versicherungsschutz zu gewähren.
Viele Sachversicherer übernehmen also keine Feuerversicherungen mehr für Recyclingbetriebe und kündigen sogar bestehende Verträge. Aber warum werden Müllverbrennungs- oder reine Deponie- und Biogasanlagen noch eher versichert als Einrichtungen zum Umschlag und Recycling von Stoffströmen oder zur mechanisch-biologischen Abfallbehandlung?
Müllverbrennungsanlagen sind, soweit wir es beurteilen können, heute in der Regel mit automatischen Löscheinrichtungen ausgestattet und verfügen über optimierten baulichen Brandschutz. Außerdem können Entstehungsbrände im Müllbunker vom Kranführer oder mittels IR-Überwachung frühzeitig erkannt und dann direkt in die Brennkammer verbracht werden. Diese Aspekte führen zu einem reduzierten Exposure.
Deponien haben vergleichsweise geringe Versicherungswerte. Die Vorräte der Deponie haben einen negativen Wert, womit sich die Schadenkosten maßgeblich auf die Löschkosten und den nicht in der Sachversicherung zu berücksichtigenden Umweltschaden beziehen. Biogasanlagen werden bei den Versicherern häufig aus dem Bereich „Landwirtschaft“ versichert. In diesem Segment sind andere Versicherer unterwegs als im Gewerbe-/Industriegeschäft.
Auf der Homepage der Hübener Versicherungs AG ist über Ihr Geschäftsmodell zu lesen: „Wir versichern das, was normale Versicherer vermeiden.“ Warum kann ausgerechnet ein kleinerer Versicherer Feuerversicherung anbieten?
Unsere Fokussierung liegt auf Betrieben, die eine besondere und individuelle Risikoanalyse benötigen. Vertriebsdruck und Umsatzziele sind nicht der Unternehmenstreiber. Ein hoher Grad digitaler Verarbeitung und homogene Prozesse führen dazu, dass sich die Mitarbeiter den größten Teil ihrer Arbeitszeit tatsächlich mit Kunden und ihrem Risiko auseinandersetzen können. So entsteht für jede Betriebsstätte ein individuelles Risikoprofil, an dessen Ende der individuelle Preis steht. Zudem verfügen wir über ein ausgeprägtes Netzwerk an Spezialisten. Neben einem eigenen Risikoingenieur besteht jederzeit Zugriff auf externe Spezialisten aus den Bereichen Risikomanagement, Brandschutz, Thermografie und Schaden.
Unter welchen Voraussetzungen können Unternehmen der Abfallwirtschaft eine Feuerversicherung bei Ihnen abschließen?
Starre Voraussetzungen im Sinne eines Annahmekatalogs gibt es nicht. Die Situation, die wir vorfinden, fließt in die Prämie und die Produktausgestaltung ein. Guter organisatorischer Brandschutz, auf den Betrieb abgestimmter technischer Brandschutz und bauliche Maßnahmen wirken prämienreduzierend. Dann gibt es aber auch Themen, die wir nicht gerne sehen: Inhaber beziehungsweise Betriebsleiter, die die Feuergefahr kleinreden und ungenügendes Housekeeping betreiben, also insbesondere fehlende regelmäßige Reinigung, zählen dazu. Zudem legen wir darauf Wert, dass der Kunde einen angemessenen Selbstbehalt im Schadenfall akzeptiert. Wir denken, dass nur so eine annähernde Gleichschaltung der Interessen des Kunden und des Versicherers möglich ist. Anders ist Feuerversicherung für Recycler nicht möglich.
Was bedeutet ein Feuerschaden für den Recycler?
Der Brand eines Recyclingbetriebes ist für das Unternehmen ein einschneidendes Erlebnis. So sehr Recycling politisch gewünscht ist, so sehr ist es beispielsweise für Anrainer unerwünscht, wenn sich der brennende Betrieb in der eigenen Nähe befindet. Bei einem Feuer kommt es häufig zu Warnmeldungen, da die Zusammensetzung der brennenden Stoffe zunächst nicht bekannt ist und die Behörden vorsorglich eine Warnung aussprechen. Negative Berichterstattung sind dem Betrieb heute nahezu sicher, ebenso unangenehme Fragen der Behörde und teilweise der Politik. Hinzu kommen die klassischen Herausforderungen, die ein großer Feuerschaden nach sich zieht: Sind Personen zu Schaden gekommen? Wer zahlt den Schaden? Wie kann man Kunden trotz Betriebsstillstand halten? Die bittere Erfahrung zeigt, dass ein Großteil der Betriebe nach einem Totalschaden in die Insolvenz gerät. Wenn dann auch noch Versicherungssummen zu gering bemessen sind oder wesentliche Elemente wie Betriebsunterbrechung, Mehrkosten und Entsorgung von kontaminiertem Löschwasser nicht von der Versicherung erfasst sind, dann wird es für das Unternehmen schnell existenzbedrohend.
Die Anlagen müssen immer mehr Brandschutzauflagen erfüllen und mit entsprechender Technik ausgerüstet sein. Trotzdem steigen allgemein die Versicherungsprämien und haben unseren Informationen nach in den letzten Jahren deutlich über 100 Prozent zugelegt. Wie ist das zu erklären: Wenn die Recycler die Sicherheit in ihren Betrieben erhöhen, müssten die Prämien doch wieder sinken?
Im Grundsatz haben Sie völlig Recht, und für den Kunden ist es zunächst unverständlich. Hier hilft ein Blick auf die Entwicklung der Versicherungswirtschaft im Allgemeinen: Teils seit Jahrzehnten machen einige Versicherer mit der industriellen Feuerversicherung Verluste. Um nicht Marktanteile zu verlieren, wurden diese über Zinserträge und Quersubvention aus ertragreichen Bereichen (zum Beispiel Privatgeschäft und Unfall) kompensiert. Im Klartext heißt das, dass der Versicherungsschutz der Recyclingbranche jahrelang viel zu günstig war.
Seitens des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gibt es auch für die Entsorgungsbranche brauchbare Schadenstatistiken. Die zeigen sehr deutlich, dass der Versicherungsschutz teilweise für 30 Prozent des tatsächlichen Schadenbedarfs angeboten wurde. Das kann mancher für einen Moment durchhalten – dauerhaft ergibt es keinen Sinn. Zudem zeigen die Statistiken, dass der Gesamtschadenbedarf in den letzten Jahren in einigen Teilbereichen der Recyclingindustrie teils deutlich gestiegen ist. Blickt man auf Recycler, so stellt man fest, dass diese Branche nicht von vielen kleinen Schäden betroffen ist, sondern von wenigen Großschäden geprägt wird. Wenn dann ein einzelner Betrieb mit rund 80.000 Euro Prämie in einem 15 Millionen Euro Schaden mündet, dann muss ein Versicherer noch viele andere Kunden haben, um diese Lücke zu schließen. Ein weiterer Punkt kommt hinzu: Der durchschnittliche Schaden steigt. Dieses Phänomen beobachten wir insgesamt, aber auch bei den Recyclern. Die Werte je Quadratmeter sind heute deutlich höher als noch vor zehn Jahren. Wo früher ein Mitarbeiter sortierte, arbeitet heute eine High-Tech-Maschine, die beispielsweise automatisch Metall abscheidet. Mit dieser Maschine erhöht sich einerseits die Feuergefahr und anderseits steigt auch der Schadenbetrag.
Hunderte von versicherten Betriebsstätten und eine permanente Marktbeobachtung lassen uns zu dem Ergebnis kommen, dass wir uns derzeit erstmalig auf einem bedarfsgerechten Prämienniveau bewegen und Brandschutz nicht über eine Reduktion der Prämie entscheidet, sondern bestimmt, ob überhaupt Versicherungsschutz gewährt wird.
Wie schaffen es Betriebe, den Brandschutz zu optimieren?
Ein gut geführter Betrieb verfügt über einen eigenen internen oder externen Brandschutzbeauftragten. Damit ist schon ganz viel Wissen in den Betrieben. Und wenn der Betriebsleiter dieses Wissen auch abruft und mit seinem Prozesswissen verbindet, ist viel erreicht. Von unserer Seite aus besichtigen wir die Betriebe je nach Größe und Ausprägung alle ein bis drei Jahre durch unseren Brandschutzingenieur und geben unser Wissen weiter. Zudem stehen unsere Spezialisten den Kunden immer für Fragen zur Verfügung. So begleiten wir häufig Neu- und Erweiterungsbauten in Bezug auf eine auf Brandschutz optimierte Gestaltung. Entsprechend für die heutige Zeit können interessierte Personen auch unseren E-Mail-Newsletter abonnieren oder uns auf Instagram unter #recyclingversicherung folgen.
Wie verhält sich die Investitionsbereitschaft der Unternehmen in Brandschutzmaßnahmen?
Bei den Unternehmen entwickelt sich langsam ein Verständnis dafür, dass Investitionen in den Brandschutz sich langfristig auszahlen. Die Wirkung eines Brandschadens geht ja weit über die reine Entschädigung hinaus. Anderseits ist insbesondere technischer Brandschutz in Bestandsbauten eine sehr teure Angelegenheit. Für ein umfassendes Branderkennungs- und Bekämpfungssystem sind schnell hohe sechsstellige Investitionen erforderlich. Als hilfreich erweist es sich, bei Neubauten frühzeitig den Versicherer einzubinden und sich seiner Erfahrung zu bedienen.
Welche technischen Brandschutzeinrichtungen machen wirklich Sinn?
Eine Brandschutzeinrichtung sollte immer auf den jeweiligen Betrieb abgestimmt sein. Insofern ist es wichtig, dass das System auf seine Eignung überprüft wird, wenn sich verarbeitete Stoffe oder Prozesse im Betrieb ändern. Für Recycler gibt es innovative Brandschutzeinrichtungen, die allerdings bislang noch keine Anerkennung einer unabhängigen Prüforganisation, wie dem VdS, haben. Wir selber halten Funkenlöschanlagen von GreCon und Löschmonitore von Rosenbauer für zielführend, die mittels IR-Kameras, wie sie Orglmeister oder M-U-T anbieten, angesteuert werden. Aber auch bei diesen Systemen bedarf es einer genauen Überlegung, wo und in welchem Umfang solche Systeme verbaut werden. Hinwegtäuschen sollten diese Anlagen aber nicht darüber, dass keines dieser Systeme Brände verhindert, sondern lediglich die Ausbreitung begrenzt. Basis für einen erfolgreichen Brandschutz bleibt aufgrund unserer Erfahrung ohnehin der organisatorische Brandschutz. Mit anderen Worten: Sauberkeit, Ordnung und das Fördern eines deutlichen Bewusstseins für die Feuergefahr und ihre Reduzierung bei allen beteiligten Mitarbeitern sind das Wichtigste.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Unser Geschäft mit den Recyclern werden wir definitiv ausbauen. Neben unserem großen Kundenbestand in Deutschland, der diverse kleine Familienbetriebe, aber auch die Top 5 der Recycler umfasst, sind wir seit 2018 auch in Österreich. Dieses Jahr haben wir unsere Aktivitäten zudem auf die Niederlande ausgedehnt, und planen ab 2020 in den wesentlichen Ländern Europas entsprechende Lösungen anzubieten. Unsere Erfahrung aus dem heimischen Markt ist dabei sehr hilfreich, wobei auch immer die lokalen Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
In Österreich sind es geografisch bedingt teils längere Anfahrten der Feuerwehr zu den Betrieben, ein sehr auf den Personenschutz ausgerichtetes Löschvorgehen der Feuerwehr in den Niederlanden, mangelnde Einhaltung von Brandschutzstandards in UK, oder aber die Ablastung der Löschkosten auf den auslösenden Betrieb in Deutschland.
Herr Linde, vielen Dank für das Interview!
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Über die Hübener Versicherungs Aktiengesellschaft
Die von Nicolas Hübener gegründete Hübener Versicherungs AG in Hamburg ist ein ausgewiesener Spezialversicherer. Sie unterscheidet sich von den Wettbewerbern in der Art der Risiken, die sie versichert. Hier werden exponierte Risikogruppen gesucht, bei denen der Versicherungsmarkt kein oder nur ein sehr eingeschränktes Angebot macht. Dazu gehören unter anderem Recyclingbetriebe, Clubs, Diskotheken, Asylunterkünfte, leerstehende Gebäude, Pfandhäuser und Feuerwerkshandel. Zudem bietet Hübener auch Versicherungslösungen für ungewöhnliche Risiken an, die bei anderen Versicherern „durchs Raster“ fallen.
Darüber hinaus legt die Hübener Versicherung großen Wert auf persönlichen Service. Statt eines anonymen Servicecenters erreichen Versicherungsmakler und Kunden den kompetenten Ansprechpartner direkt. Angebote werden in der Regel innerhalb von 48 Stunden erstellt. Hübener ist ein von der deutschen Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin zugelassener Versicherer mit Geschäftstätigkeit in Deutschland und diversen europäischen Märkten.
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(EU-Recycling 08/2019, Seite 34-Advertorial, Foto: leszekglasner / stock.adobe.com)