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Recyclingpflicht für Yachten in Frankreich

Seit Anfang 2019 zahlen Bootsbauer in Frankreich eine Ökoabgabe. Dafür ist das Recycling von Yachten für die Besitzer kostenlos. Bis 2021 sollen rund 25.000 Boote zerlegt werden. Rückbauzentren sind im Entstehen.

Der Schiffbauverband FIN (Fédération des industries nautiques) schätzt die Zahl der nicht mehr genutzten Yachten, die auf eine Wiederverwertung warten, auf 40.000 bis 45.000 Einheiten. Der Rückbau erfolgte bisher auf freiwilliger Basis und in sehr geringem Umfang. Nach einer Studie der Umweltbehörde Ademe (Agence de l‘Environnement et de la Maîtrise de l‘Énergie) aus dem Jahr 2016 zum Bootsrecycling in Frankreich wurden in den letzten Jahren etwa 500 Boote jährlich für eine Wiederverwertung zerlegt.

Eine systematische Wiederverwertung ist seit einigen Jahren in der Diskussion. Das für Umwelt zuständige Ministerium für ökologischen und solidarischen Wandel (Ministère de la Transition écologique et solidaire) und der Verband konnten sich aber erst 2018 auf die Modalitäten einigen. Seit 1. Januar 2019 unterliegen zulassungspflichtige Boote mit einer Länge von 2,5 bis 24 Metern einer Recyclingpflicht. Das heißt, dass alle Firmen, die Wasserfahrzeuge in Frankreich in Umlauf bringen (vornehmlich die Hersteller), entweder selbst das Recycling sicherstellen oder eine Abgabe entrichten müssen.

Wie in anderen Branchen in Frankreich, die einer Recyclingpflicht unterliegen, haben sich Ministerium und Hersteller auf ein Wiederverwertungssystem geeinigt. Bereits beim Verkauf behalten die Bootshersteller eine Ökoabgabe (éco-contribution) ein, die zwischen 5 Euro für ein Schlauchboot unter vier Metern Länge und 6.500 Euro für ein Segelboot mit mehreren Rümpfen und mehr als 20 Metern Länge liegt. Verantwortlich für das Recycling ist der Verein Aper (Association pour la plaisance écoresponsable), der 2009 vom Schiffbauverband FIN gegründet wurde und am 18. Juni 2019 offiziell seine Arbeit aufgenommen hat. Seitdem können Bootsbesitzer unter www.recyclermonbateau.fr [1] online einen Recyclingantrag stellen.

Besitzer zahlen Transport zu Recyclingzentren

Aper hatte per Ausschreibung landesweit 18 Rückbauzentren bestimmt. Nach Aussagen von Guillaume Arnauld des Lions, der Aper vorsteht, werden bis September 2019 weitere zehn Zentren hinzukommen. Bis Ende 2020 sollen es etwa 40 sein. Bootsbesitzer in Frankreich sollen höchstens 150 Kilometer zum nächstgelegenen Recyclingzentrum zurücklegen müssen. Denn während die Zerlegung der Boote kostenlos ist, wird der Transport zur Recyclingstelle weiterhin zulasten der Bootseigentümer gehen.

Neben der Éco-contribution erhält Aper einen Anteil an der sogenannten Navigationsabgabe DAFN (Droit Annuel de Francisation et de Navigation), die jährlich auf einen Großteil der nicht-kommerziell genutzten Boote in Frankreich erhoben wird. Aper gibt diese Mittel an die Recyclingbetriebe weiter. Sie reichen von 75 Euro für das Recyceln einer kleinen Jolle bis zu 2.500 Euro für größere Segelboote. Das Ministerium und Aper haben ein Ziel von 20.000 bis 25.000 recycelten Booten bis 2023 vereinbart, bei einer Jahreskapazität von 6.000 Booten ab 2022. Zunächst will Aper 2019 etwa 1.800 Yachten recyceln lassen und strebt für 2020 die doppelte Zahl an.

Über den Zustand und das Durchschnittsalter der Bootsflotte in Frankreich gibt es kaum belastbare Daten. Nach den neuesten Angaben des Ministeriums waren zum 31. August 2018 insgesamt 1,02 Millionen Boote zugelassen. Jährlich sind in den vergangenen Jahren etwa 12.000 Neuzulassungen hinzugekommen.

Verbundstoffe als Brennstoff für die Zementindustrie

Das Umweltministerium möchte, dass ein möglichst großer Teil der bei der Zerlegung der Boote gewonnenen Materialien Abnehmer findet. Ab 2021 sollen Hersteller, die ihre Boote aus recyclingfähigen Materialien bauen, eine niedrigere Ökoabgabe zahlen müssen.

Ähnlich wie bei der Wiederverwertung von Rotorblättern von Windkraftanlagen stellen einige Firmen die bei der Zerlegung von Booten gewonnenen Verbundstoffe zerkleinert und mit anderen Materialien vermischt der Zementindustrie als Brennstoff zur Verfügung. Groupe Péna aus Mérignac beliefert Zementhersteller in Frankreich und Spanien und will 2019 zwischen 100 und 200 Boote zerlegen. Dafür hat die Firma 2018 etwa 2,5 Millionen Euro in Ausrüstungen investiert. 2020 sind weitere 3,2 Millionen Euro für ein neues Gebäude geplant, wo die Boote dann auf einer Hebebühne auseinandergebaut werden können.

Verfasser: Peter Buerstedde, Quelle: Germany Trade & Invest

(EU-Recycling 11/2019, Seite 4, Foto: photosforyou / Pixabay)