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70 Jahre bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung

In Bonn schien die Sonne, als der bvse im Rahmen seiner Jahrestagung das 70-jährige Bestehen der Vereinigung feierte.

Die Erfolgsgeschichte der mittelständischen Branchenvertretung begann, als 15 Unternehmen im Jahr 1949 einen Altpapierverband gründeten, den Vorläufer des heutigen bvse. Durch die Fusion des Bundesverbandes Papierrohstoffe mit dem Fachverband Glasrecycling entstand dann später der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung als Interessenvertreter der mittelständischen Unternehmen des Wirtschaftszweigs.

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Bernhard Reiling: Wer das Klima schützen will, muss auch die Kreislaufwirtschaft unterstützen (Foto: bvse)

Heute zeige sich, wie wichtig dieser Schritt war, betonte bvse-Präsident Bernhard Reiling im öffentlichen Teil der Jahrestagung. Der Verband stehe für Demokratie und soziale Marktwirtschaft. Die bvse-Mitgliedsunternehmen und ihre Mitarbeiter leisteten auch einen wichtigen Beitrag für die Umwelt, denn sie schonten Ressourcen und sparten – auch durch die Erzeugung von Ersatzbrennstoffen – Energie ein. Zudem trage das von den Unternehmen praktizierte Recycling zur CO2-Reduzierung bei. „Wer das Klima schützen will, muss auch die Kreislaufwirtschaft unterstützen“, betonte Bernhard Reiling.

Zum Engagement einer Branchenvertretung gehört nach Ansicht des bvse-Präsidenten auch, über den „Tellerrand“ hinaus zu schauen und Initiativen zu fördern. Der Verband unterstütze die Stiftung für Artenvielfalt von UNO-Botschafter Dirk Steffens ebenso wie das Projekt „Ein Lächeln für Togo“, in dem es darum gehe, schrittweise ein funktionierendes Abfallsammelsystem zu etablieren.

Aktuelle und künftige Herausforderungen

Das Thema „Wahrnehmung von Verantwortung“ werde in der Öffentlichkeit sehr intensiv in Bezug auf das Thema Kunststoffe diskutiert, so Bernhard Reiling. Die Debatte sei dabei oftmals auf Verbote von einigen Einweg-Artikeln verengt. Für die Branche gelte, „dass es keinen Export von Kunststoffabfällen in Staaten geben kann, die nicht über die notwendigen Aufbereitungsanlagen verfügen. Das bedeutet für Deutschland und Europa, dass wir neue Recyclingkapazitäten aufbauen und die Modernisierung der vorhandenen Anlagen in Angriff nehmen müssen“, betonte Reiling. Für diese Investitionen müssten die Rahmenbedingungen stimmen. „Das bedeutet Vorfahrt für das Recycling, genehmigungsrechtlichen Flankenschutz und eine mittelstandsgerechte Investitionsförderung.“ Mit Blick auf die Zentrale Stelle Verpackungsregister begrüßte Reiling ausdrücklich die Veröffentlichung von Mindeststandards für Verkaufsverpackungen. Gleichzeitig kündigte er an, dass der bvse für weitere Verbesserungen eintreten werde: „Es ist für uns nicht wirklich nachvollziehbar, warum die Restentleerbarkeit der Verpackungen nicht aufgenommen wurde.“ Dadurch würden die Sortierung wie auch der Recyclingprozess deutlich erschwert.

Ein weiteres Thema war die Novellierung des Elektro-Gesetzes. Laut Reiling ist abzusehen, dass in diesem Jahr die vorgeschriebene Sammelmenge an Elektro-Altgeräten in Höhe von 65 Prozent wahrscheinlich nicht erreicht wird. Neben den kommunalen Wertstoffhöfen sollten auch die zertifizierten Erstbehandlungsanlagen als Annahmestellen zugelassen werden, lautete deshalb seine Forderung. Der vorliegende Entwurf für eine Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes findet ebenfalls nicht den ungeteilten Beifall des Verbandes. Der bvse kritisiert, dass den Kommunen ein neues Klagerecht gegen gewerbliche Sammlungen eingeräumt wird. Dies werde gewerbliche Wertstoffsammlungen erschweren und könne bestehende Sammelstrukturen gefährden, unterstrich Reiling.

Klimapolitische Herausforderungen

Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, registriert in Deutschland einen „seriellen Alarmismus“, wenn es um das Klima geht. Seiner Ansicht nach sollten wichtige Themen nachhaltig abgearbeitet werden, anstatt ein Thema nach dem anderen zu „skandalisieren“ und dann zur Tagesordnung zurückzukehren. Was die beschlossenen Klimaziele angeht, so vertritt er die Auffassung, dass Verbote nicht die Lösung sind. Die Union von CDU und CSU setzt laut Brinkhaus auf Vernunft und Eigenverantwortung. Im Klimapaket der Bundesregierung werde der Schwerpunkt auf Anreizen oder die Steuerung über den Markt liegen, kündigte er an.

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Ralph Brinkhaus: Im Hinblick auf die beschlossenen Klimaziele sind Verbote nicht die Lösung (Foto: bvse)

Darüber hinaus machte er die Anwesenden darauf aufmerksam, dass sich unter anderem das Verbraucherverhalten verändern wird. So gebe es in Großstädten immer mehr Menschen, die weder ein Auto noch einen Führerschein besitzen. Als weiteres Beispiel führte er an, dass der 3D-Druck die zerspanende Industrie beeinflussen wird. Der Politiker rät, sich auf solche und andere Veränderungen vorzubereiten.

Initiativen für mehr Kreislaufwirtschaft

Die wichtige Rolle des Mittelstands in der Recycling- und Entsorgungsbranche unterstrich auch Dr.-Ing. Christoph Epping, Leiter der Unterabteilung Ressourcenschutz und Kreislaufwirtschaft im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Dabei lobte er den fachlichen Austausch zwischen dem Bundesumweltministerium und dem bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung. In diesem Zusammenhang hob er hervor, dass der Mittelstand ein wichtiger Innovationsmotor sei, dafür jedoch verlässliche Rahmenbedingungen benötige.

In seinem Vortrag stellte Epping die verschiedenen geplanten Maßnahmen der Europäischen Union und des Bundesumweltministeriums für den Bereich der Kreislaufwirtschaft vor. Von der Exportverschärfung für Kunststoffabfälle (beschlossen während der 14. Vertragsstaatenkonferenz zum Basler Übereinkommen in Genf und gültig ab Januar 2021) über das Kreislaufwirtschaftspaket bis hin zur Novelle des Elektro-Gesetzes (mit dem Referentenentwurf ist Ende dieses Jahres zu rechnen) und des Batteriegesetzes.

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Stellte die geplanten Maßnahmen der Europäischen Union und des Bundesumweltministeriums für mehr Kreislaufwirtschaft vor: Christoph Epping (Foto: bvse)

Eppings Worten zufolge will das Bundesumweltministerium mehr Kreislaufwirtschaft als bisher organisieren. In diesem Sinne sei auch die Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu sehen, die die EU-Abfallrahmenrichtlinie in nationales Recht umsetzen soll. Er verwies dabei auf die neuen, deutlich verschärften Recyclingquoten bei gleichzeitiger Umstellung auf eine output-orientierte Berechnung. Im kommenden Jahr soll die Hälfte aller Siedlungsabfälle auf diese Weise verwertet werden. Es sei geplant, dass die Recyclingquote bis 2035 schrittweise auf 65 Prozent steigt; ab diesem Jahr darf die Menge des unbehandelten Siedlungsabfalls auf Deponien maximal zehn Prozent betragen. In diesem Zusammenhang bedauerte der Redner, dass es kein europaweites Deponieverbot für Kunststoffabfälle gibt. Seiner Meinung nach behindert dies ein faires „level playing field“. Darüber hinaus referierte der BMU-Vertreter den 5-Punkte-Plan der Bundesregierung für weniger Kunststoffe und mehr Recycling:

■ Überflüssige Produkte und Verpackungen vermeiden (geplante Themen sind unter anderem Mikroplastikeinsatz in Kosmetika sowie der Dialog mit Handel/Herstellern).
■ Umweltfreundlichere Gestaltung von Verpackungen und anderen Kunststoffprodukten (beispielsweise finanzielle Anreize über Lizenzentgeltgestaltung und ein ressourceneffizientes Produktdesign).
■ Recycling/Rezyklateinsatz stärken (finanzielle Anreize über Lizenzentgeltgestaltung sowie eine Rezyklat-Initiative).
■ Vermeidung von Kunststoffabfällen in Bioabfällen.
■ Internationales Engagement gegen Meeresmüll/für einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen (unter anderem in Zusammenarbeit mit G20, G7-Ocean-Plastics-Charter und Basler Übereinkommen-Partnerschaft für Kunststoffabfälle).

Auch auf die Mantelverordnung, speziell auf die Ersatzbaustoffverordnung, ging Dr. Christoph Epping in seinen Ausführungen ein. Nach wie vor gebe es Besprechungsbedarf mit den Bundesländern, berichtete er. Man habe aber in den jüngsten Beratungen jedoch deutliche Fortschritte erzielt. Es sei nun vereinbart worden, die Ersatzbaustoffverordnung zu überarbeiten.

-Brigitte Weber-

(EU-Recycling 11/2019, Seite 6, Foto: bvse)

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