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Batterierecycling: Überwiegend optimistische Perspektiven

„Der steigende Bedarf an Batterien wird reflektiert in den geschäftlichen Perspektiven der Batterie-Recycler.“ So stand es in einer Pressemitteilung zum diesjährigen Internationalen Batterierecycling-Kongress ICBR 2019 zu lesen. Angesichts wachsender Mengen an Altbatterien gehören Preisfluktuationen, Circular Economy, Rücknahmesysteme, Lithium-Ionen-Batterien und das Mercator-Projekt zu den aktuellen Themen der Branche.

Die generellen wirtschaftlichen Bedingungen in der Batterierecycling-Industrie werden sich in den nächsten beiden Jahren verbessern. Davon war die Mehrzahl der ICBR 2019-Teilnehmer (58 Prozent) überzeugt. Was die Volumina anlangt, gingen sogar 78 Prozent von einer Steigerung aus. Die gegenwärtige Situation beschrieben die Hälfte der Befragten als gut, während rund 68 Prozent die Entwicklung der Mengen bereits jetzt positiv beurteilten. Die Menge an Altbatterien, die in den entsprechenden Einrichtungen sortiert, zerlegt oder recycelt werden, wächst und wird auch weiterhin wachsen. Allerdings sinkt gleichzeitig die Profitabilität, die zurückzuführen ist auf Preisfluktuationen bei den aus Batterien rückgewonnenen Materialien, die an der Londoner Metall-Börse notiert werden. Mit Blick auf die Harmonisierung von Abfall-Definitionen und -Zielvorgaben bereiten auch die Überschneidungen verschiedener Richtlinien – für Abfälle generell, Altbatterien und Elektro(nik)schrott – Schwierigkeiten.

Hochmotiviert für eine Circular Economy

Nichtdestotrotz „ist die Batterierecycling-Industrie hochmotiviert, in eine Circular Economy einzutreten, wie sie die EU-Behörden verlangen“, betonte Jean-Pol Wiaux, Vorsitzender des ICBR 2019-Präsidiums. „Diese Motivation wird unterstützt von einer bemerkenswerten Marktentwicklung von mobilen Elektroenergie-Quellen. Der Einfluss des Recyclings auf die Versorgung der Batterien mit aktivem Material wird deutlich, wenn diese Politik effizient umgesetzt wird und wenn der wirtschaftliche Zusammenhang vorteilhaft bleibt“. Denn, fügte Wiaux hinzu, „die Marktentwicklung elektrischer Energiequellen ist ebenso eine globale Fragestellung wie das Batterierecycling-Geschäft. Die Erfahrungen, die wir in Europa machen, können andere Länder übernehmen und in ihre nationalen Richtlinien übernehmen. So würden gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den wirtschaftlichen Akteuren für eine effiziente Sammlung und ein effizientes Recycling von gebrauchten Batterien entstehen.“

GRS versus hRS

Zu den Erfahrungen, die die Batterierecycling-Industrie in jüngster Zeit in Deutschland machen musste, gehört unter anderem aber auch der vorübergehende Rückzug der GRS Batterien (Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien) aus der flächendeckenden Rücknahme, um Wettbewerbsgleichheit mit den herstellereigenen Rücknahmesystemen (hRS) herzustellen. Würden angesichts dessen die rechtlichen Vorgaben zur Stärkung eines gemeinsamen Rücknahmesystems nicht schnellstmöglich vollzogen, „droht die Gefahr, dass Batterien nicht mehr flächendeckend und zeitnah abgeholt werden”. Das befürchtet Dr. Reiner Weyhe-Sojka, Geschäftsführer von Accurec Recycling. Das bisherige Nebeneinander von GRS und einer sehr überschaubaren Zahl an hRS fördere zwar den Wettbewerb, sei aber für eine geordnete, für den Bürger gut zugängliche Sammlung doch eher ungünstig. Wenig hilfreich erscheint Weyhe-Sojka auch die rechtliche Trennung von Gerätebatterien, für die Sammel- und Recyclingziele gelten, und Industriebatterien, die nahezu „überwachungsfrei” von Sammelquoten und exekutiver Überwachung sind. In der Praxis würden beide Batterie­typen immer stärker durchmischt, könnten bei der Verarbeitung nicht mehr unterschieden werden und seien nicht mehr auseinander zu rechnen. Darum plädiert er dafür, die Unterscheidung der Geräte- und Industriebatterien zu überdenken und gegebenenfalls komplett aufzugeben. Und er tritt angesichts steigender Mengen ein für die Einführung einer Lithium-Zellen-Pfandpflicht und Recyclingquoten zur Rückgewinnung aller kritischen Metalle in Lithium-Zellen wie beispielsweise Lithium, Kobalt und Nickel.

Lithium-Ionen-Batterien für 1.200 GWh

Die globale Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien ist enorm, und die beginnende Popularität von Elektrofahrzeugen wird sie weiter steigen lassen. Die Zusatzraten bei den Volumina liegen bei 25 Prozent, beim Wert um 15 Prozent. Die Anwendung in der Elektrifizierung von Fahrzeugen ist bei weitem die wichtigste Anwendung, auch wenn die Marktdurchdringung von Elektrowagen nur bei rund zwei Prozent liegt, erklärte der international renommierte Batterieexperte Christophe Pillot, Director der französischen Consultingfirma Avicenne Energy. Im Jahr 2018 lag der Bedarf für Lithium-Ionen-Batterien bei über 160 GWh, wovon allein 44 Prozent für Fahrzeuge und Elektrobusse in China benötigt wurden. Bis 2030 soll die Nachfrage auf 1.200 GWh steigen und zu 38 Prozent den Bedarf chinesischer Fahrzeuge und Elektrobusse sowie zu 47 Prozent den Bedarf des nicht-chinesischen Fahrzeug- und Elek­trobus-Parks decken. Bis dahin sollen alle entsprechenden Batterien zehn Prozent Recyclinganteile enthalten.

Keine Revolution zu erwarten

Allerdings haben nach Aussage von Christophe Pillot Lithium-Ionen-Batterien bekanntermaßen ein Sicherheitsproblem, da sie nicht stabil sind und zum Überhitzen oder zu Kurzschlüssen neigen. Die meisten Marktteilnehmer arbeiten daher an Feststoffbatterien und verabschieden sich von entflammbaren flüssigen Elektrolyten. Dennoch muss eine Reihe an technischen Herausforderungen überwunden werden, bevor ein Festkörperakkumulator in einem Auto auf Umgebungstemperatur arbeiten kann. Die hauptsächlichen Herausforderungen bestehen in der Leitfähigkeit der Elektrolyte und der Regelung einer Verbindung zwischen den festen Elektrolyten und den Elektroden.

Für die Anwendung in Elektrofahrzeugen stimmen fast alle Marktteilnehmer darin überein, dass die Lithium-Ionen-Batterien die Technik nach Wahl für die nächsten zehn bis 15 Jahre sind. Man wird ihre Evolution und Verbesserung erleben, darf aber keine Revolution erwarten. Lithium-Schwefel-Batterien mögen über eine gute gravimetrische Dichte verfügen, aber auch über eine kurze Lebensdauer und eine geringe volumetrische Energie, die für Fahrzeuge höchst wichtig ist. Und Lithium-Luft-Akkumulatoren oder Brennstoffzellen sind noch davon entfernt, auf dem Fahrzeugmarkt wirtschaftlich rentabel eingesetzt zu werden.

Zweites Leben möglich

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Foto: O. Kürth

Unter Umständen kann es auch ein „zweites Leben“ für Lithium-Ionen-Batterien geben, erklärte Ghislain Lescuyer, CEO des Batterieherstellers Saft. Diese Batterien erreichen das Stadium nach schätzungsweise sieben bis zwölf Jahren Gebrauch. Bei solchen, zehn Jahre alten Akkumulatoren hat sich ihre ursprüngliche Kapazität zum unterbrechungsfreien, hochqualitativen Betrieb abgebaut. Darüber hinaus stehen sie in Konkurrenz zu neuen Batterien mit verbesserter Aufmachung, wobei das Preis-Leistungsverhältnis in Betracht gezogen werden muss. In erster Linie müssen die Altbatterien aber getestet und für geeignet erklärt werden. Falls das Material mehr als 70 Prozent seiner ursprünglichen Kapazität verloren hat, ist es nicht länger für Elektrofahrzeuge geeignet. Anwendungen könnte es beispielsweise in Energiespeicher-Systemen finden. Doch da Batterien für den jeweilige Benutzung mit bestimmten operationalen Parametern entworfen werden, bedeutet jeder andersartige Einsatz per se eine verschlechterte Eignung und damit geringere Leistung. Deshalb werden erwartungsgemäß Batterien mit einem zweiten Leben kaum über Nischenmärkte hinauskommen. Hingegen besitzt das Recycling von werthaltigen und seltenen Materialien einen Nutzen, auch wenn dieser unter dem von Primärstoffen liegt. So haben kürzlich Untersuchungen von Umicore und Audi ergeben, dass theoretisch 95 Prozent des werthaltigen Materials in Lithium-Ionen-Batterien – Cobalt, Nickel und Kupfer – recycelt werden können. Die Frage steht jedoch im Raum, ob dies auch in größerem Maßstab erfolgen kann.

Verfahrensoptimierung durch Mercator

Dieser Frage einer Reduzierung von Entsorgungskosten für Lithium-Ionen-Batterien durch eine kostengünstige Rückgewinnung ihrer Materialien geht auch ein vor kurzem gestartetes Projekt nach. Dafür schloss sich im August dieses Jahres ein Konsortium aus sieben Industrie- und Forschung-Partnern zusammen, um „Material Effizientes Recycling für die Circular Economy von Automobilspeichern durch Technologie Ohne Reststoffe“, kurz „Mercator“, zu untersuchen. Bislang angewandte Verfahren gewinnen werthaltige und zum Teil als kritisch eingestufte Sekundärrohstoffe wie Lithium oder Graphit nicht zurück, was auf die Versorgung der europäischen Batteriezellenproduktion mit Sekundärmaterialien wie auch auf die Gesamtökobilanz und Wirtschaftlichkeit von Elektrofahrzeugen negative Auswirkungen hat. Das Mercator-Projekt will die verfügbaren Techniken zum Recyceln von Lithium-Ionen-Batterien durch Prozessvereinfachung und Verwertung weiterer Batteriekomponenten erweitern. Dabei kommt – vorerst im Pilot-Maßstab – zunächst ein Zonen-Ofen zum Einsatz, um die komplette Batterie thermisch zu deaktivieren und für folgende Schritte vorzubehandeln. Das anschließende Mehrkammersystem besteht aus unterschiedlichen Temperatur- und Atmosphärenzonen, die die chemische Struktur der Materialien verändern.

Insgesamt sollen damit – mit nur geringem Energie- und Betriebsmittelaufwand – bislang als nicht recycelfähig geltende Stoffe wie Lithium als Sekundärrohstoff rückgewonnen werden. Außerdem stehen auf dem Mercator-Programm Tests zur Aufbereitung und Reinigung von Graphit, der wieder als Rohstoff zur Verfügung stehen soll. Und zusätzlich will man die in Lithium-Ionen-Batterien enthaltene Nickel- und Kobalt-Oxide auf die elementaren Metalle reduzieren, ausschleusen und schließlich hydrometallurgisch behandeln; das Verfahren ist gegenüber bisherigen Prozessen kürzer und verlustärmer. Ziel des Gesamtprojekts ist es laut Pressemitteilung, „den Recyclingprozess von Li-Ionen-Batterien vor dem Hintergrund ökologischer, ökonomischer und versorgungstechnischer Aspekte zu optimieren“.

(EU-Recycling 11/2019, Seite 29, Foto: ACCUREC Recycling GmbH)

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