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Abfallwirtschaft in Schweden: Vorfahrt für das Recycling

Rund die Hälfte aller Haushaltsabfälle wird in Schweden zur Energieerzeugung eingesetzt. Die Waste-to-Energy-Anlagen im Land sind über das Abfallaufkommen nicht ausgelastet, weshalb zusätzliche Mengen importiert werden müssen. Das soll sich ändern: Pläne der schwedischen Regierung sehen die Förderung des Recyclings, ein Verbot der Verbrennung von getrennt gesammelten Abfällen sowie die Einführung einer Müllverbrennungssteuer vor.

In Schweden stehen die Zeichen auf Vorfahrt für das Recycling. Grundlage ist die Abfallentsorgungsstrategie 2018 bis 2023 der Regierung, die eine Reform für Verpackungs-, Papier- und Essensabfälle vorsieht. So gilt es allgemein, über eine verbesserte Abfallsortierung die Recyclingquoten von Wertstoffen kontinuierlich zu erhöhen. Getrennt gesammelte Abfälle sollen künftig nicht mehr in die Verbrennung gehen dürfen. Möglicherweise schon am 1. April 2020 könnte die Müllverbrennungssteuer nach dem Vorbild der Niederlande in Kraft treten und früher oder später auch in anderen EU-Mitgliedstaaten Schule machen. Die Anlagenbetreiber müssten dann 75 Schwedische Kronen, umgerechnet circa 7 Euro, für jede Tonne Abfall, die bei ihnen landet, entrichten. Die Abgabe soll bis 2022 um jährlich 25 Schwedische Kronen erhöht werden.

Bürgernahe Entsorgungsmöglichkeiten

Den weiteren Plänen zufolge soll bis Ende 2023 die Getrenntsammlung und -verwertung von Bioabfällen landesweit realisiert sein. Ab 2024 werden voraussichtlich auch Alttextilien und gefährliche Abfälle aus Haushalten getrennt erfasst. Nach Informationen des Verbandes Avfall Sverige wurden 2018 je etwa zur Hälfte Siedlungsabfälle stofflich und energetisch verwertet. Abfälle sind eine tragende Säule der schwedischen Energieerzeugung. Um die Waste-to-Energy-Anlagen auszulasten, müssen jedoch zusätzliche Mengen importiert werden. Die Lieferungen stammen derzeit hauptsächlich aus Norwegen und dem Vereinigten Königreich. Bis 2045 will Schweden seinen Energiebedarf komplett aus erneuerbaren, nicht-fossilen Quellen decken. Dazu soll auch die Produktion von bio- und abfallbasierten Kraftstoffen ausgebaut werden.

Fördergelder für zirkulare Geschäftsmodelle

In Schweden sind gegenwärtig 580 Sammelzentren zur Entsorgung großvolumiger Abfälle eingerichtet. Rund 5.800 Sammelstellen für Verpackungs- und Papierabfälle gibt es, die ohne Personal auskommen und künftig im Rahmen der Produzentenverantwortung – nicht die Kommunen, sondern die Hersteller tragen die Kosten – näher an die Bürger in die Wohngebiete ausgeweitet werden sollen. Dabei bleiben die Städte und Gemeinden weiterhin rechtlich und regulativ zuständig für die Abfallentsorgung und können damit eigene Firmen oder private Dienstleister beauftragen.

Mit 33 Prozent Marktanteil haben kommunale Branchenunternehmen zuletzt ihre Position gegenüber privatwirtschaftlichen Akteuren – viele kleine und mittelständische Unternehmen, sehr heterogene Branchenstruktur – in Schweden gestärkt. Die meisten Deponien sind fest in kommunaler Hand beziehungsweise deren Firmen. In den kommunalen Recyclingzentren hingegen sind oft private KMU mit der Aufbereitung der dort anfallenden Wertstoffe betraut.

An kleine und mittlere Unternehmen richtet sich auch das Förderprogramm „Cirkulära Affärsmodeller“ von Till­växtverket, der staatlichen Agentur für wirtschaftliches und regionales Wachstum. Das Angebot umfasst Schulungen und Workshops sowie eine kostenlose Beratung und Unterstützung bei der Einführung und Umsetzung von zirkulären Geschäftsmodellen, die Unternehmen bis zu neun Monate lang gewährt wird und Fördergelder in Höhe von 58.000 Euro für den Kauf von technischen Systemen einschließt.

Hilfestellung beim Eintritt in den schwedischen Entsorgungs- und Recyclingmarkt – so bei Fragen zu Umwelt, Verträgen, Meldeverfahren oder der Behandlung von unter anderem Elektroschrott und Altbatterien – leistet zum Beispiel die Deutsch-Schwedische Handelskammer. Ein kompetenter Ansprechpartner ist auch Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing. Projektvergaben obliegen den Provinzregierungen und Kommunen und werden auf deren Webseiten ausgeschrieben. Die Plattform opic.com [1] (Visma Commerce) informiert in Schwedisch über die laufenden Verfahren.

(EU-Recycling 02/2020, Seite 7, Foto: Peggy und Marco Lachmann-Anke / Pixabay)