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EU-Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft: Begrüßt, aber nicht unumstritten

Mit einem neuen Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft will die Europäische Kommission den Weg zu einer klimaneutralen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft mit mündigen Verbrauchern ebnen.

Der am 11. März als Teil der EU-Industriestrategie vorgelegte Plan soll nachhaltige Produkte als Norm einführen, die Position der Verbraucher durch ein echtes „Recht auf Reparatur“ stärken und sich auf Sektoren konzentrieren, in denen die meisten Ressourcen genutzt werden und in denen ein hohes Kreislaufpotenzial besteht. Wie die davon betroffene Branche zu den politischen Vorhaben steht, zeigen im Folgenden einige – gekürzte – Stellungnahmen.

APEAL: Schließung von Deponien beschleunigen
Alexis Van Maercke, Generalsekretär von APEAL, ist froh über das CEAP 2.0 (Circular Economy Action Plan) und dessen Zielsetzung. Doch hätte sich der Verband (Association of European Producers of Steel for Packaging) auch Maßnahmen gewünscht, die die Schließung von Deponierung recycelbarer Materialien beschleunigt hätten. „Stahlschrott ist einfach zu wertvoll, um es auf der Deponie enden zu lassen“, betont der APEAL-Generalsekretär. Die EU-Politik sollte ein Verpackungsdesign fördern, das das Recycling von Materialien wieder und wieder erlaubt, während sie in der Ökobilanz auch Umweltfragen wie Meeresabfälle und Abholzung berücksichtigt. Und schließlich besteht der Verband darauf, dass weiterhin Mitgliedstaaten unterstützt werden, die möglicherweise die EU-Recyclingziele für 2020 und 2025 nicht erreichen.

AGVU: Produkte als Ganzes sehen
Die Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt positioniert sich gegen das Verbot von Verpackungslösungen aus Kunststoff. „Solche Verbote haben nichts mit Klimaschutz zu tun. Statt Kunststoff zu verteufeln, müssen wir die Produkte als Ganzes sehen. Dazu gehören neben der Verpackung auch die Herstellung und die Transportwege“, betont Carl Dominik Klepper. Der AGVU-Vorsitzende stellt dabei besonders darauf ab, dass bei Obst und Gemüse optimierte Verpackungen die CO2-Bilanz um teilweise mehr als ein Drittel verbessern. Für begrüßenswert hält die Arbeitsgemeinschaft jedoch Vorhaben wie die 50-prozentige Reduzierung des Restmülls bis 2030, die Stärkung des Markts für Sekundärrohstoffe und die flächendeckende Verwendung von Sekundärrohstoffen in Industrieprodukten, die bislang viel zu oft an fehlenden Qualitätsstandards für den Materialeinsatz scheitert.

BDE: Keine Exportbegrenzungen
Für BDE-Präsident Peter Kurth zählt in erster Linie, dass die langjährige Forderung seines Verbandes, „dass es wettbewerbsfähiger Rahmenbedingungen und funktionierender Märkte bedarf, um eine tatsächliche Kreislaufwirtschaft zu schaffen, von der Kommission nun offensichtlich aufgegriffen wurde“. Auch begrüßt der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft die progressive Einführung einer verpflichtenden „grünen Beschaffung“, wodurch die öffentliche Hand zu einem starken Marktteilnehmer wird, der eine Vorreiterrolle bei der Schaffung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft einnehmen soll.

Positiv wird die Absicht bewertet, künftig einen verpflichtenden Einsatz von Recyclingrohstoffen bei der Herstellung von Produkten festzulegen. Kritik erntet jedoch das Vorhaben, die Ausfuhr grüngelisteter Abfälle in Drittländer künftig begrenzen zu wollen. Die kritische Lage beispielsweise des europäischen und des deutschen Altpapiermarktes würde doch eindrücklich zeigen, das – selbst als „green fences“ deklarierte – Exportbegrenzungen oder Marktabschottungen das Schließen von Kreisläufen verhindern. Stattdessen sollte nach Ansicht von Peter Kurth sichergestellt sein, „dass qualitativ hochwertige Recyclingstoffe, die der europäische Markt nicht mehr aufnehmen kann, auch künftig in technologisch hochwertige Anlagen in Drittländern verbracht werden können“.

BIR: Sekundärrohstoffe nicht beeinträchtigen
Aus Sicht des Bureau of International Recycling nutzt der Aktionsplan den eigenen Mitgliedern, die Abfälle sammeln, sortieren und bearbeiten, und hilft Unternehmen, die Recycler ebenso mit Dienstleistungen beliefern wie die Betreiber von Recyclinganlagen und Anlagenhersteller. Der Plan setze Wiederverwendung vor Recycling, was Qualität, Haltbarkeit und Leistung von Produkten und damit deren Wiederverwendung, Reparatur und Wiederaufbereitung fördere.

In diesem Zusammenhang befürwortet BIR die Möglichkeit, aus EU-Mitteln bestimmte Mitgliedstaaten finanziell zu unterstützen, um qualitativ hochwertige und großvolumige Recycling-Wertketten innerhalb der EU zu bilden. Positiv wird auch gewertet, dass die EU-Kommission die Notwendigkeit einschätzen will, europaweit gültige Kriterien für das Ende von Abfalleigenschaften und Abfallprodukte zu entwickeln. Alles in allem stelle der Aktionsplan eine Reihe von Möglichkeiten auf, um sicherzustellen, dass bedenkliche Substanzen Sekundärrohstoffe nicht beeinträchtigen. Allerdings sieht der Plan auch nicht vor, Recycler von der ökonomischen Pflicht zu entbinden, Abfälle zu finden und zu dekontaminieren.

DUH: Schnell überprüfbare Ziele festlegen
Nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) legt der Aktionsplan einen wichtigen Grundstein, um Ressourcen zu schonen, das Klima zu schützen und Europa wettbewerbsfähiger zu machen. Doch drängt die DUH darauf, dass die EU-Kommission für die angekündigten Regelungen schnell überprüfbare Ziele und Zeitpunkte zur Umsetzung durch die Mitgliedstaaten festlegt. Und der Umwelt- und Verbraucherschutzverband kritisiert, dass der Aktionsplan ein Ziel zur Senkung des Ressourcenverbrauchs ebenso wie Maßnahmen zur Verteuerung des Einsatzes von Primärrohstoffen und ein konsequentes Verbot der Deponierung recyclingfähiger Siedlungs- und Gewerbeabfälle vermissen lässt. Die Stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin, Barbara Metz, sieht in diesem Zusammenhang die deutsche Bundesumweltministerin Svenja Schulze in der Pflicht, Abfallvermeidungsziele sowie verbindliche Wiederverwendungsquoten festlegen: „Eine ressourcenvergeudende und auf Einweg ausgerichtete Wirtschaftsweise hat keine Zukunft mehr.“

EEB: Maßnahmen nur skizziert
Das Europäische Umweltbüro (EEB) bezeichnet den Plan als „den ehrgeizigsten und umfassendsten Vorschlag, der jemals zur Verringerung der Umwelt- und Klimaauswirkungen unserer Produkte und wirtschaftlichen Aktivitäten vorgelegt wurde.“ Besonders hebt die Institution hervor, dass die EU-Kommission die Notwendigkeit einer neuen, umfassenden Strategie für Textilien umrissen hat, die auch sogenannte „Ökodesign“-Gesetze für in Europa verkaufte Textilien einschließt. Allerdings – wird angemerkt – enthalte der vorgestellte Fahrplan zum jetzigen Zeitpunkt keine harten Rechtsvorschriften, sondern skizziere vielmehr künftige Maßnahmen zur Abfallvermeidung. Neuere Ziele, hatte EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius erklärt, würden erst nach einer vollständigen Kosten-Nutzen-Analyse vorgelegt.

EuRIC: Myriaden von Gesetzgebungen
EuRIC-Generalsekretär Emmanuel Katrakis sieht seinen Verband darin bestätigt, kontinuierlich auf die Notwendigkeit eines Übergangs zur Circular Economy hingewiesen zu haben, indem der Bedarf nach Recyclingmaterial forciert und der Nutzen für die Umwelt internalisiert werde. Die Priorität auf Öko-Design, das den Recyclinggehalt in Produkten mit Schwerpunkt auf Kunststoff steigert, bestätigt die Wichtigkeit, Märkte in Richtung Zirkularität zu steuern. Allerdings – kritisiert der Generalsekretär der European Recycling Industries’ Confederation – sei der europäische Abfall- und Recyclingmarkt durch Myriaden von Gesetzgebungen, die wichtige Aspekte bei Recyclingaktivitäten über EU-Grenzen hinweg unterschiedlich interpretieren, vielfach zerstückelt. Demgegenüber unterstützt der Verband den neuerlichen Nachdruck auf europaweite Abfallende-Kriterien für wichtige Materialströme. Das sollte Hand-in-Hand mit der Vereinfachung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Recyclinghandlungen und dabei insbesondere für Abfalltransporte gehen.

EUBP: Nur PET zulassen
Für European Bioplastics greifen die angekündigten Vorschriften für das sichere Recycling von Kunststoffen für Material mit Lebensmittelkontakt zu kurz. Andere Rezyklate außer aus PET sollten – wegen potenzieller Belastungen – als Lebensmittelverpackung nicht zugelassen werden, fordert der EUBP-Vorsitzende François de Bie. Vielmehr sollte die Kommission den Einsatz von nachhaltig gewonnenem Primärmaterial auf Bio-Basis für lebensmitteltaugliche Verpackungen unterstützen. Die Verpflichtung der Kommission, biologisch abbaubare und kompostierbare Kunststoffe hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit zu beurteilen, befürwortet der Verband ebenso wie die verpflichtende Getrenntsammlung für Bioabfälle ab 2023.

FEAD: Unterstützung und Bedenken
„Unsere Unternehmen brauchen positive, ambitionierte und konkrete Signale um weiterzumachen, und viele davon enthält der heutige Aktionsplan“, kommentiert FEAD-Präsident Peter Kurth. Daher bietet er Unterstützung an für die Verpflichtung auf anteilige Recyclinggehalte, den Zwang zu grüner öffentlicher Beschaffung, die Prüfung von Recyclingquoten für Industrie- und Gewerbeabfälle und die verbindliche Regelung für Öko-Design und angemessene Kennzeichnung.

Doch der Präsident der European Federation for Waste Management and Environmental Services gibt auch zu bedenken: dass Recyclingmärkte offen und konkurrenzfähig bleiben müssen; dass die Erweitere Produzenten-Verantwortlichkeit nur Sammlung und Recycling von Haushaltsabfällen, nicht aber von Industrie- und Gewerbeabfällen fördern kann; dass Exportfragen sorgfältig im Hinblick auf tragfähige ökonomische Bedingungen auf dem europä­ischen Markt und auf die Sicherung des Umweltschutzes bei Transporten außerhalb der EU-Grenzen beantwortet werden müssen; dass weitere Initiativen ergriffen werden sollten, um die – erst bei der Hälfte der Mitgliedstaaten korrekt vollzogene – Implementierung des bestehenden EU-Acquis zu sichern; und dass Maßnahmen in die Wege geleitet werden müssen, um Deponierung im großen Stil zu reduzieren und Abfallbehandlung in der Hierarchie zu heben.

FEFCO: Getrenntsammlung gestartet
Der Verband der Wellpappe-Hersteller begrüßt den Aktionsplan und dessen nachhaltige Rahmenrichtlinien. Mit ihm werden die richtige Getrenntsammlung von Rohstoffen und der effiziente Einsatz von Ressourcen gestartet und erhält die Wettbewerbsfähigleit der europäischen Wirtschaft Unterstützung. FEFCO (European Federation of Corrugated Board Manufacturers) freut sich über die Initiative der EU-Kommission, den nachhaltigen und zirkulären bio-basierten Sektor zu stärken, da Bio-Ökonomie eine entscheidende Rolle bei der Lieferung von erneuerbarem Material auf Faserbasis als nachhaltige Alternative zu anderen endlichen Ressourcen spielt.

IK: Klare Erwartungen
Die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen hat klare Erwartungen an den Aktionsplan: Ein schnelleres Ende der Deponierung für Kunststoffverpackungsabfälle und die Stärkung der Rezyklatmärkte sind die wichtigsten Stellschrauben. Von der Politik sollten Impulse für die Entwicklung funktionierender Märkte für recycelte Kunststoffmaterialien kommen, die die von der kunststoffverarbeitenden Industrie benötigten Mengen und Qualitäten liefern können. Hierzu gehören auch marktwirtschaftliche Maßnahmen zur Steigerung des Einsatzes von Recyclingmaterialien.

Mindestquoten für Rezyklate in bestimmten Produkten hält die IK dagegen für den falschen Weg, da bei vielen Verpackungen keine ausreichenden Mengen und Qualitäten zur Verfügung stehen. „Es gibt andere Möglichkeiten, den Rezyklateinsatz effektiv zu fördern, etwa über finanzielle Anreize“, ist IK-Geschäftsführerin Isabell Schmidt überzeugt. Ebenso spricht sich der Verband gegen die in Brüssel diskutierten Vorschlägen für Produktverbote und eine sogenannte Plastiksteuer aus. Verbote von Kunststoffverpackungen bei Obst und Gemüse würden Lebensmittelverluste erhöhen und müssten durch andere, schwerere Materialien ersetzt werden. Und eine Abgabe auf nicht recycelte Kunststoffverpackungsabfälle würde „insbesondere Staaten mit schwacher Recyclinginfrastruktur dringend benötigte Investitionsmittel entziehen, um sich auf die veränderten Bedingungen der Kreislaufwirtschaft einzustellen“, befürchtet IK Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Engelmann.

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Foto: O. Kürth

ITAD: Wichtige Ansatzpunkte, ungenügende Maßnahmen
Nach Ansicht der Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland enthält der neu vorgestellte Aktionsplan nicht genügend Maßnahmen, um die Menge der zu deponierenden Industrie- und Gewerbeabfälle zu verringern. „Die EU verpasst hier die Chance, mehr Abfälle von der Deponierung in Richtung Recycling und energetische Verwertung zu bringen“, urteilt Carsten Spohn, Geschäftsführer der ITAD. Um Siedlungs-, Industrie- und Gewerbeabfälle unter einheitlichen Vorgaben der Deponierung entziehen zu können, fordert der ITAD europaweit schärfere Vorgaben und einen ambitionierteren Zeitplan für das Ende der Deponierung unbehandelter Abfällen. Auch dürften Abfälle nicht weiter unter dem Deckmantel der stofflichen Verwertung in Schwellenländer abgeschoben werden; darum sei der Export von Abfällen mit potenziell schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit einzuschränken.

Freilich sieht die ITAD im Aktionsplan auch wichtige Ansatzpunkte für die thermische Abfallbehandlung und unterstützt folglich die Nachhaltigkeitsstrategie der EU – einschließlich der Förderung eines hochwertigen Recyclings und einer umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung. Darüber hinaus begrüßt die Interessengemeinschaft die Etablierung eines Marktes für Sekundärrohstoffe sowie die Harmonisierung nationaler Kriterien für Nebenprodukte. Spohn: „So werden in Europa einheitliche Wettbewerbsbedingungen geschaffen.“

VDMA: Nicht im Klein-Klein verlieren
Aus Sicht des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau „darf sich die EU nicht in kleinteiliger Regulierung verlieren, sondern muss die richtigen Rahmenbedingungen schaffen und ihren Fokus auf die Ausgestaltung eines Sekundärrohstoffmarktes legen“, betont Holger Kunze, Leiter des VDMA Europabüros. Somit gelte es, „Qualitätsstandards für recycelte Materialien und deren Wiederverwendung gemeinsam mit der Industrie zu erarbeiten“. Im Moment seien Primärrohstoffe noch deutlich günstiger als Sekundärrohstoffe und somit sein kein Marktanreiz für deren Einsatz vorhanden. Für den Wandel brauche es aber Planungssicherheit und Konzepte aus einer Hand – auch für den Maschinenbau als wichtigem Teil einer Kreislaufwirtschaft: Maschinen seien reparierbar, aufrüstbar, oft wiederverwendbar und hätten dank Wiederaufbereitung eine jahrzehntelange Lebensdauer.

Zero Waste Europe: Flickenteppich von Initiativen
„Der CEAP ist ein schöner Flickenteppich von Initiativen, die in die richtige Richtung weisen. Jetzt muss die EU die Teile zusammenfügen, um sicherzustellen, dass zirkuläre Null-Abfall-Aktivitäten bequemer und wirtschaftlicher sind als die derzeitigen – fehlgeschlagenen – linearen“, erklärt Joan Marc Simon von Zero Waste Europe. Die Vorschläge der EU-Kommission gehen dieser NGO noch nicht weit genug. Sie seien gedacht, um Produkte, Lebensmittel oder Verpackungen nachhaltiger zu gestalten. Es sei aber wichtig, die politischen Rahmenbedingungen für Produkte durch Leitlinien zur Abfallprävention und Wiederverwendung zu ergänzen: Es müsse sichergestellt sein, dass ein nachhaltiges Produkt in keinem System für die Einmal-Nutzung vergeudet werde.

(EU-Recycling 04/2020, Seite 6, Foto: RealPhotoItaly / stock.adobe.com)

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