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Neufassung des Batteriegesetzes – Anhörung der Verbände: Die Vorlage geht kaum auf die massiv veränderte Marktsituation ein

Am 9. September 2020 diskutierte der Umweltausschuss des Bundestages über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Batteriegesetzes (BattG).

Nachdem die Beratungen im Bundesrat im Juli abgeschlossen worden waren und eine Erhöhung der Mindestsammelquote nicht, wie ursprünglich vom Umweltausschuss des Bundesrates gefordert, von 45 auf 50 Prozent beschlossen wurde, sollte in der parlamentarischen Beratung das gesamte Regelwerk noch einmal beleuchtet werden.

In einer Stellungnahme hat der bvse erneut seine Bedenken zu den, hinsichtlich des Paradigmenwechsels im Sammelsystem von Altgerätebatterien zu erwartenden, umweltpolitischen Rückschritten geäußert und wichtige Forderungen zu nachhaltigen Maßnahmen für eine Fortentwicklung des Rücknahmesystems aufgestellt.

Sammelziel dringend anpassen
„Kurze Abgabewege und Informationsarbeit sind wesentliche Grundpfeiler, den Umweltaspekt beim Verbraucher und die Abgabebereitschaft zu steigern“, machte bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock deutlich. Fehlen diese Bedingungen, besteht die Gefahr, dass Batterien unsachgemäß in andere Abfallströme entsorgt werden und damit nicht nur für das Recycling verloren gehen, sondern das Risiko für Umweltschäden durch Brände extrem erhöhen. Hierzu sieht der bvse neben den Elektrogeräteherstellern die Batteriehersteller in der Pflicht zu notwendiger Aufklärungsarbeit und der Errichtung moderner und dem Stand der Technik entsprechend ausgerüsteter Rückgabestellen.

Auch hinsichtlich des Sammelziels fordert der Verband dringend eine Anpassung im neuen Gesetzentwurf. „45 Prozent Sammelmenge bei Altbatterien sind längst erreicht. Um die gewünschten ressourcenpolitischen Effekte in dem im Gesetzentwurf favorisierten Wettbewerbssystem zu erreichen, muss die künftige Zielvorgabe bei der Sammlung von Altbatterien bei 65 Prozent liegen“, befürwortet Rehbock.

Unter dem Aspekt einer rein betriebswirtschaftlich fokussierten Kosten-Nutzen-Rechnung der herstellereigenen Rücknahmesysteme könnten künftig „nicht lukrative Sammelstellen“ auf der Strecke bleiben und die Abgabemöglichkeiten der Verbraucher extrem beschränkt werden: „Diese Ausdünnung des Sammelsystems mit längeren Wegen zur Abgabe für den Endnutzer ist vor dem Hintergrund eines zunehmenden Bedarfs an aus Altbatterien rückzugewinnenden Rohstoffen als auch im Hinblick auf eine sichere und umweltgerechte Entsorgung der in Altbatterien verbauten Schadstoffe absolut kontraproduktiv.“

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Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de

Informationspflichten ausweiten
Des Weiteren fordert der bvse die Festsetzung einer Ausweitung von Informationspflichten für die Produktverantwortlichen. Diese sollen die Verbraucher künftig zusätzlich über die von den Akkus ausgehende Brandgefahr und über die Notwendigkeit korrekter Entsorgungswege aufklären. Die Effektivität der Informationsarbeit soll in einem jährlichen Monitoring überprüft und der konkreten Zielsetzung folgend, gegebenenfalls angepasst werden.

Der Verband spricht sich zudem für die Einführung einer Pfandpflicht auf Hochleistungsbatterien und Akkus aus. „Sie wird dem Verbraucher den Wert der ausgedienten Akkumulatoren vor Augen führen und einen erforderlichen Anreiz für eine geordnete Rückgabe setzen“, ist Rehbock überzeugt. Mit der rasanten Zunahme und Verbreitung akkubetriebener Produkte kommt es fast wöchentlich aufgrund falsch entsorgter Lithium-Akkus auf Recyclinganlagen zu umweltschädlichen und für die Unternehmen oft existenzbedrohenden Schäden in Millionenhöhe.

Eine Ausweitung des Konzeptes des herstellereigenen Rücknahmesystems fordert der bvse schließlich auf bestimmte Industrie-Altbatterien, wie sie beispielsweise in E-Rollern und E-Bikes eingesetzt werden. Ein Clearing mit den Herstellern der Industriebatterien könnte über die Batterierücknahmesysteme erfolgen, lautet der Verbandsvorschlag.

Gefährlichkeit von Lithium-Ionen-Akkus ausgeblendet
Der BDE sieht erhebliche Lücken in der Neufassung des Batteriegesetzes. So gehe die Vorlage der Bundesregierung kaum auf die massiv veränderte Marktsituation ein. Kritikpunkte des Verbandes sind vor allem eine völlig unzureichende Sammelquote und ein völliges Ausblenden der Gefährlichkeit von Lithium-Ionen-Akkus.

„Bei der Betrachtung der Novelle müssen wir feststellen, dass sie keine neuen umweltpolitischen Akzente setzt. Mangelhaft ist auch, dass sich in der Gesetzesnovelle keinerlei Aussagen zu einer Pfandpflicht für Batterien finden“, erklärte BDE-Präsident Peter Kurth. Es sei unverzichtbar, die Mindestsammelquote von Geräte-Altbatterien auf mindestens 50 Prozent festzuschreiben. Die jüngst veröffentlichten Zahlen der Erfolgskontrollen der Rücknahmesysteme für 2019 belegten dies eindrucksvoll. Demnach sei eine Rücknahmequote von 52,2 Prozent erfüllt worden. Somit sei eine Quote von lediglich 45 Prozent unverständlich und setze zudem keine neuen Ziele.

In der Anhörung machte Kurth mehrfach deutlich, dass die europäisch vorgegebene Batteriesammelquote in Deutschland seit Jahren realisiert wird. Auch vor dem Hintergrund des weiter steigenden Gebrauchs von Lithium-Ionen-Systemen sei die Zahl jedoch nicht zufriedenstellend. Kurth: „Es ist Tatsache, dass die Hälfte der Gerätebatterien keinem sachgerechten Recycling zugeführt wird. Dabei gehen dem Kreislauf nicht nur wichtige Recyclingrohstoffe verloren. Falsch entsorgte Lithiumbatterien und -akkumulatoren stellen zudem eine hohe Gefahr für Mensch und Umwelt dar. Brandereignisse in Sortieranlagen der LVP-Sammlung, der Gewerbeabfallaufbereitung etc. bedeuten nicht nur für die Mitarbeiter ein lebensgefährliches Risiko. Sie verursachen in den betroffenen Unternehmen einen erheblichen wirtschaftlichen Sachschaden. Außerdem schwächen sie die komplette Kreislaufwirtschaft, da Kapazitäten an notwendigen Aufbereitungs- und Behandlungsanlagen reduziert werden.“

Pfandpflicht einführen
Unter den geschilderten Sicherheitsrisiken ist es aus BDE-Sicht notwendig, zu 100 Prozent Lithium-Ionen-Systeme aus den verschiedensten Abfallstoffströmen gezielt in die Batteriesammlung zurückzuführen. Dies könne unter anderem nur über eine in Summe hohe Sammelquote für alle Geräte- und Industriebatterien erreicht werden. „Der BDE hält weiter an der Idee fest, eine Pfandpflicht zur Erhöhung der Sammelbereitschaft und damit eine wirksame Lenkung insbesondere kritischer Batterieströme im Batteriegesetz einzuführen. Wir brauchen eine Pfandregelung, damit wir ein weiteres Instrument haben, Batterien über die richtigen Recyclingwege zu steuern“, plädierte Kurth.

Rückschritt für den Umweltschutz
Nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sind die geplanten Änderungen des Batteriegesetzes ein Rückschritt für den Umweltschutz. Die DUH fordert vor allem, dass die geringe Sammelquote bei Gerätebatterien von nur 45 Prozent deutlich erhöht wird. Außerdem setzt der Gesetzentwurf auf den Wettbewerb verschiedener Sammelsysteme anstatt auf ein gemeinschaftliches Solidarsystem. Das Ergebnis wäre ein preisgetriebener Kampf um möglichst geringe und nicht um hohe Sammelmengen. Anreize, freiwillig höhere Sammelmengen zu erzielen, seien nicht vorhanden.

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Foto: BHS

„Praktisch jede zweite Gerätebatterie wird falsch entsorgt und landet zum Beispiel im Restmüll. Es ist völlig unverständlich, warum Umweltministerin Svenja Schulze es weiterhin zulassen möchte, dass die in Batterien enthaltenen Schadstoffe und Schwermetalle die Gesundheit der Menschen und die Umwelt durch unsachgemäße Entsorgung schädigen. Die Ministerin muss dafür sorgen, dass viel mehr Gerätebatterien gesammelt werden. Dazu muss sie ab 2021 eine Mindestsammelquote von 65 Prozent festgelegen“, vertrat Thomas Fischer, in der Anhörung den Standpunkt der DUH. Die gesetzliche Sammelquote für Gerätebatterien sollte auf 65 Prozent ab 2021 und auf 85 Prozent ab 2023 angehoben werden. Belgien hätte bereits 2017 eine Sammelquote von 60,6 Prozent und Polen eine Quote von 66 Prozent erreicht, argumentierte Fischer und warnte:

„Die gesetzliche Sammelquote von nur 45 Prozent wird in Deutschland mit 52,2 Prozent knapp übererfüllt, sodass keine Anreize für Rücknahmesysteme bestehen, mehr Batterien von den Sammelstellen abzuholen. Jede über der gesetzlichen Mindestquote abgeholte Batterie kostet die Rücknahmesysteme Geld. Da im Batteriegesetz kein sinnvoller Kostenausgleich zwischen den Rücknahmesystemen für ‚zu viel‘ gesammelte Batterien vorgesehen ist, entsteht ein absurder Wettbewerb um geringstmögliche Sammelmengen zulasten der Verbraucher und des Umweltschutzes.“

Gleiche Rücknahmebedingungen und Verantwortlichkeiten schaffen
Die DUH fordert von Bundesumweltministerin Svenja Schulze die Einrichtung eines wettbewerbsneutralen gemeinsamen Sammelsystems. Sollte dies nicht der Fall sein, dann müssten Regelungen zum fairen Lastenausgleich zwischen Sammelsystemen, die wenig und viel Gerätebatterien sammeln, festgelegt werden. Im Gesetzentwurf fehlen zudem sämtliche Vorgaben zur Einhaltung der Abfallhierarchie nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz. Es sollte darauf hingewirkt werden, dass die Menge an nicht wiederaufladbaren Gerätebatterien durch den Gebrauch wiederaufladbarer Gerätebatterien deutlich reduziert wird. Die faktische Festlegung von maximalen Abholmengen für Gerätebatterien werde zu mehr Transportkilometern auf der Straße führen. Wenn Sammelstellen mehr Batterien als die festgelegte Maximalmenge erfassen, müssten sie mehrfach angefahren werden. Sinnvoller wären die Festlegung einer Mindestsammelmenge und die Möglichkeit für individuelle Absprachen mit den Sammelsystemen. Eine Pfandhöhe von 50 Euro wäre ein ausreichender Anreiz zur gesonderten Rückgabe von Lithium-Ionen-Batterien. Geräte- und Industriebatterien sollten außerdem klar abgegrenzt werden. Es sei notwendig, gleiche Rücknahmebedingungen sowie Verantwortlichkeiten zu schaffen. Für Industriebatterien, die zum Beispiel in E-Autos, E-Scootern oder E-Bikes verbaut werden, sollte eine eigene Sammel- und Wiederverwendungsquote festgelegt werden.

(EU-Recycling 10/2020, Seite 9, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)