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Lindner Feuer-Präventionssystem (FPS): Aktives Vorbeugen von Bränden durch beschädigte Akkus in der Ersatzbrennstoffproduktion

Eines der aktuellsten Probleme in der Aufbereitung von Abfällen zu Ersatzbrennstoffen (EBS) ist das hohe Brandrisiko, größtenteils bedingt durch die ständig steigende Anzahl an Lithiumbatterien im Restmüll. Werden diese beschädigt, kann eine chemische Reaktion in Gang gesetzt werden, welche zu enorm hohen Temperaturen führt.

Dieser Umstand kann einerseits zu schweren Beschädigungen der Anlage und schlimmstenfalls zu einem Großbrand führen. Um diese Gefahrenquellen zu minimieren, erkennt das Lindner FPS (Feuer-Präventionssystem) überhitzte Partikel im Materialstrom, kühlt diese auf ein ungefährliches Niveau oder ermöglicht die sichere manuelle Entnahme von nicht kühlbaren Objekten.

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Der Sensor des FPS nach der ersten Zerkleinerungseinheit erkennt überhitzte Partikel frühzeitig (Foto: Lindner-Recyclingtech GmbH)

Unter Umständen eine unaufhaltsame Kettenreaktion
Wie alle anderen Energiespeicherzellen bestehen Lithium-Ionen-Akkus aus Anode und Kathode, die durch einen für Lithium-Ionen durchlässigen Separator sowie einen nicht leitenden Elektrolyt getrennt sind. Durch den Fluss der Ionen zwischen den beiden Elektroden wird Energie freigesetzt oder durch das Ansetzen einer höheren Spannung wieder in der Anode gespeichert. Im Vergleich zu anderen Technologien weisen Lithium-Ionen-Akkus durch ein sehr großes erzeugbares Potential zwischen Anode und Kathode eine besonders hohe Energiedichte auf. Diese ist letztlich das Problem, sobald es zu einem Kurzschluss durch mechanische Beschädigung kommt. Wird die Zelle während der Aufbereitung geknickt oder durchtrennt, kann der Separator zerstört werden und ein Kurzschluss entstehen.

 

 

Dadurch fällt die Spannung zwischen den Polen auf null. Das bedingt eine Freisetzung der gespeicherten Energie in Form von punktueller Hitze. Selbst bei scheinbar entladenen Altbatterien ist die verbleibende Restenergie so hoch, dass Temperaturen von über 600 Grad Celsius entstehen können. Dies führt unter Umständen zu einer unaufhaltbaren Kettenreaktion: den Thermal Runaway. Durch die entstehenden Temperaturspitzen werden benachbarte Zellen im Akku überhitzt und setzen wiederum binnen Millisekunden ihre gespeicherte Energie frei. Es kommt zu einem kaum löschbaren Brand oder einer Explosion.

In diesem Zusammenhang ergibt sich das besondere Problem, dass der Thermal Runaway zeitverzögert und nicht unmittelbar nach einer mechanischen Beschädigung stattfinden kann. In der Ersatzbrennstoffproduktion stellt das ein erhöhtes Gefahrenpotential während des gesamten Verarbeitungsprozesseses dar. Schlimmstenfalls gelangt der beschädigte Akku in den Brennstoffbunker und löst dort einen verheerenden Brand aus. Selbst wenn es nicht direkt zu einer Explosion kommt und der Akku nicht brennt, sind die entstehenden Temperaturen – bedingt durch den Zündpunkt des Brennstoffes von 319 bis 460 Grad Celsius – ein enormes Risiko.*)

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Durch den mechanischen Aufbereitungsprozess
beschädigte Akkus und Batterien stellen ein
enormes Brandrisiko bei der EBS-Produktion dar (Foto: Lindner-Recyclingtech GmbH)

Kontinuierliche Überwachung, frühzeitige Detektion
Als aktive Sicherheitsmaßnahme zur Bekämpfung von potentiellen Brandherden bei der Herstellung von Ersatzbrennstoffen hat sich die prozessbegleitende und kontinuierliche Überwachung der Oberflächentemperatur an mehreren relevanten Stellen innerhalb der Anlagen erwiesen. Das Lindner Feuer-Präventionssystem (FPS) verfügt dazu über optische Sensoren, welche die Temperatur an den Förderbändern ständig messen und vollautomatisch die Kühlung von überhitzten Partikeln im Materialstrom mittels Sprühnebel auslösen. Durch die sehr frühe Detektion dieser Partikel direkt nach dem Schredder werden die meisten Gefahrenquellen schon am Anfang einer thermischen Reaktion erkannt und die benötigte Wassermenge gering gehalten.

Zusätzlich verfügt jede Einheit über einen Kontrollsensor, welcher nicht kühlbare Objekte, beispielsweise einen Lithium-Ionen-Akku, bei dem der Thermal Runaway bereits eingesetzt hat, erkennt. In diesem Fall wird ein Alarm ausgelöst und das Förderband unter einer aktiven Kühldüse zum Stillstand gebracht, um die Gefahrenquelle manuell entfernen zu können. Der jeweilige Schwellwert ist dabei, abhängig vom Anwendungsfall, frei definierbar. Damit auch einer zeitverzögerten Reaktion der Energiezellen entgegengewirkt werden kann, ist die Zahl der installierbaren Sensorpaare je nach Anlagengröße frei skalierbar. Um das System auch in bereits bestehende Anlagen leicht integrieren zu können, ist das Lindner FPS als platzsparende Plug & Go-Lösung ausgelegt und eignet sich durch die beheizte Box-Ausführung auch zur Aufstellung in kalten Umgebungen.

Best Practice-Beispiel: Mayer Recycling GmbH
Eines der ersten Unternehmen, in welchen das Feuer-Präventionssystem zum Einsatz kam, ist das Unternehmen Mayer Recycling GmbH in St. Michael, Obersteiermark/Österreich. Seit Mitte 2019 werden Daten erhoben, die klar die Vorteile der Technologie belegen. Die Abbildung (Seite 22) zeigt den Temperaturverlauf am Förderband bei klassischer EBS-Produktion.

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Typischer Temperaturverlauf einer Anlage
zur EBS-Produktion (Grafik: Lindner-Recyclingtech GmbH)

Durchschnittlich werden pro Monat über 350 überhitzte Partikel im Materialstrom erkannt. Circa zehn Prozent davon waren nach dem ersten Kühlvorgang immer noch zu heiß für die Weiterverarbeitung, führten zur Auslösung des Alarms und wurden manuell entfernt. Von den entfernten Materialien waren ungefähr 70 Prozent Batterien, bei welchen eine chemische Reaktion eingesetzt hatte. Die restlichen Auslösungen des Systems waren auf kühlbare Materialien, wie beispielsweise durch die Zerkleinerung heiß gewordene Metallpartikel, zurückzuführen. Die erhobenen Daten belegen damit klar, dass mithilfe des Lindner FPS die Brandgefahr in EBS-Anlagen auf ein Minimum reduziert werden kann.

www.lindner.com [4]

*) Karl Lorber, Renato Sarc und Roland Pomberger: Österreichische Erfahrungen zum Einsatz verschiedener Abfälle als Ersatzbrennstoffe (EBS) und mögliche Anwendungsprobleme, Türkisch-Deutsche Abfalltage 2010 – Ressourcenschutz durch Umsetzung nachhaltiger Abfallwirtschaft, S. 327-348.

(EU-Recycling 10/2020, Seite 22, Autoren: DI (FH) Thomas Huber, DI Stefan Scheiflinger-Ehrenwerth, MSc. (Projektmanagement Lindner-Recyclingtech GmbH), Ing. Andreas Säumel (Geschäftsführung Mayer Recycling GmbH), Foto: Lindner-Recyclingtech GmbH)

 

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