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Altfahrzeugrichtlinie: Was sich mit der Novelle ändern sollte

Noch immer gehen zu viele Altfahrzeuge dem Recycling verloren. Die Altfahrzeugrichtlinie der Europäischen Union sowie die nationalen Umsetzungsbestimmungen müssen dringend geändert werden, um den illegalen Export in Entwicklungsländer zu stoppen.

In einem offenen Brief, der am 19. November 2020 an verschiedene Behörden und Parlamente auf nationaler und europäischer Behörde verschickt wurde, verdeutlicht Scholz Austria die Problematik und unterbreitet Vorschläge für den Revisions- und Novellierungsprozess der Altfahrzeugrichtlinie 2000/53/EG.

Jüngst veröffentlichte Untersuchungen der UNEP und der niederländischen Regierung belegen, dass Millionen Gebrauchtfahrzeuge in schlechtem Zustand (unterhalb der Abgasnorm Euro 4), mit hohem Alter (über 15 Jahre) und nicht straßentauglich überwiegend in afrikanische Staaten transportiert werden und dort zu erheblichen Emissionen und Unfällen beitragen. Die Exporte aus der EU machen (neben USA und Japan) dabei den größten Anteil aus (54 Prozent), mit zwischen 2015 und 2018 immerhin etwa 7,56 Millionen Fahrzeugen. Daraus ergibt sich ein Verlust von Rohstoffen in der Größenordnung von etwa acht Millionen Tonnen an Eisen- und Buntmetallen sowie Kunststoffen allein für die europäische Industrie.

Umgekehrt ist das umweltbelastende „zweite Leben“ dieser Fahrzeuge in afrikanischen Staaten aufgrund des hohen Fahrzeugalters vergleichsweise extrem kurz. Vor allem aber ist eine ordnungsgemäße Entsorgung nicht möglich, weil dazu die notwendige Infrastruktur in diesen Staaten fehlt.

Nach europäischen Standards
Scholz Austria vertritt die Auffassung, dass die Industrienationen nicht länger dazu beitragen dürften, Schrottfahrzeuge günstig in Entwicklungsländern zu entsorgen: „Die niederländische Studie beweist, dass die exportierten Fahrzeuge in der Regel den in den Niederlanden zerlegten Altfahrzeugen entsprechen und somit von äußerst minderer Qualität sind. In Europa unterliegen Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht unter 3,5 Tonnen der Altfahrzeugrichtlinie und damit der Produktverantwortung der Hersteller. Damit verbunden ist eine Reihe von Pflichten, zum Beispiel die 95-prozentige Verwertung von Fahrzeugen am Ende ihrer Lebensdauer.“

Das Unternehmen plädiert dafür, dass auch die außerhalb der EU exportierten Fahrzeuge am Ende ihrer „Lebensdauer“ einem Recyclingprozess nach europäischen Standards unterzogen werden. Gebrauchtwagen, die in ordnungsgemäßem Zustand exportiert werden, sollten in den Zielländern entsprechend verwertet werden können. Im Folgenden unterbreitet Scholz Austria Vorschläge für den Revisionsprozess.

Abgrenzung Gebrauchtwagen/Altfahrzeug
Diese grundlegende Unterscheidung fehlt in der Altfahrzeugrichtlinie der EU und stellt einen schweren Mangel dar, der in Österreich durch eine höchstrichterliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes behoben wurde. Diese Abgrenzung kann sich auch sehr eng an den Emissionsstandards orientieren, wenn zum Beispiel der Standard eines Fahrzeuges unterhalb der Abgasnorm Euro 4 liegt, der Katalysator entnommen/gestohlen wurde oder ein nicht straßentauglicher Zustand vorliegt: Dann ist das Fahrzeug als Altfahrzeug einzustufen – es liegt Abfalleigenschaft vor. Ein Export von Altfahrzeugen in Länder außerhalb der EU ist durch die Baseler Konvention verboten.

Umkehr der Beweislast
Der Exporteur muss den Beweis führen, dass ein Gebrauchtwagen vorliegt: Reparaturbescheinigung gemäß Anlaufstellen-Leitlinie Nr. 94 und Erfüllung mindestens der Euro 4-Abgasnorm. Liegt der Nachweis nicht vor, ist der Export des Fahrzeuges in Länder außerhalb der EU verboten, da dieses dann als Altfahrzeug (= Abfall) einzustufen ist. In diesem Zusammenhang wird dringend empfohlen, in der Novelle der Altfahrzeugrichtlinie der EU die Anlaufleitstellenlinie Nr. 9 für verbindlich zu erklären, um damit Klarheit für den Vollzug zu schaffen.

Anreiz für den Letztbesitzer
Die Rücknahme der Altfahrzeuge sollte an einen finanziellen Anreiz für den Letztbesitzer gekoppelt und die kostenlose Rücknahme abgeschafft werden. Eine Studie des französischen Industrieverbandes hat nachgewiesen, dass illegale Aktivitäten im Zusammenhang mit Altfahrzeugen und damit deren Exporte zurückgehen, wenn der Letztbesitzer eine ausreichende Vergütung für das Schrottfahrzeug erhält. Außerdem werden dadurch die Sammelquoten erhöht. In Frage kommen Fondslösungen und Pfandsysteme.

Recyclingquoten materialbezogen erheben
Die in Verkehr gebrachten Fahrzeuge haben sich hinsichtlichh der Materialzusammensetzung seit dem Inkrafttreten der Altfahrzeugrichtlinie im Jahr 2000 massiv verändert. Der Anteil der Eisenmetalle ist zurückgegangen; stattdessen nehmen Anteile neuer Legierungen, Verbundmaterialen, Kunststoffe und weitere bis heute teilweise nicht verwertbare Bestandteile wie Carbonfasern massiv zu und treiben teilweise den Aufwand und die Kosten für eine Verwertung enorm in die Höhe (z. B. Li-lonen-Akkus aus Elektrofahrzeugen). Anreize für mehr Verwertung und höhere manuelle Abtrennung sind zu schaffen und Recyclingquoten entsprechend anzupassen.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 01/2021, Seite 9, Foto: Deutsche Umwelthilfe)

 

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