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Brandfrüherkennung: Den Schredder im Blick

Akkumulatoren und Batterien in Abfallgemischen sind bekanntlich die Hauptursache für Brände in Recyclingbetrieben. Insbesondere Zerkleinerungsaggregate stellen hier Risiko-Hotspots dar. Das hat eine Untersuchung der Montanuniversität Leoben zusammen mit Partnern ergeben.

Die Untersuchung erfolgte mittels Infrarot-Messsensoren. Für die Datenerfassung wurde ein adaptierter Wärmebildsensor verwendet. Es wurden die Messdaten mehrerer Anlagenstandorte in Österreich ausgewertet und verglichen. Anlagenüberwachung mittels IR-Sensortechnik trägt wesentlich zur Brandrisikoreduktion bei. Die Sensoren werden dabei an verschiedenen Stellen platziert, an denen erfahrungsgemäß mit hohen Temperaturen zu rechnen ist, wie beispielsweise an Zerkleinerungs- und anderen Aggregaten mit mechanischer Beanspruchung. IR-Sensoren werden aber auch eingesetzt, um das Material am Ende der Verarbeitung noch einmal zu kon­trollieren, bevor es in das Output-Lager befördert wird. Der betrachtete Inputstrom umfasste gemischte Siedlungs- und Gewerbeabfälle sowie Sperrmüll. An verschiedenen Stellen der Anlagen wurden die Temperaturen erhoben, bei der Überschreitung bestimmter Schwellwerte ein Bandstopp ausgelöst, die heißen Partikel vom Bedienpersonal entfernt, nach bestimmten Kategorien charakterisiert – Batterien, Fe-/NE-Metalle, Hartkunststoffpartikel, die eine hohe Temperatur erreichen können und leicht entzündliche Stoffe wie beispielsweise nicht restentleerte Druckgasverpackungen – und, falls nötig, gelöscht.

Schwellwertüberschreitung vor allem in der Nachzerkleinerung
Im Ergebnis stellen aufgrund der mechanischen Energie, die direkt auf den Abfall übertragen wird, insbesondere Zerkleinerungsaggregate in Verwertungsanlagen einen Risiko-Hotspot dar. So zeigte die Untersuchung in einer EBS-Anlage mit zwei Produktionslinien (A und B), dass Batterien und Akkumulatoren vor allem in den Nachzerkleinerungsaggregaten beschädigt werden und sich dadurch häufig auch entladen und entzünden.

„51 beziehungsweise 61 Prozent der Schwellwertüberschreitungen in den Nachzerkleinerungsaggregaten konnten einer Batterie oder einem Akkumulator zugewiesen werden. Metalle finden sich seltener in den Nachzerkleinerungsaggregaten, da diverse Magnet- beziehungsweise Wirbelstromscheider diese bereits aus dem Stoffstrom aussortieren. In der Vorzerkleinerung konnten 39 Prozent der Schwellwertüberschreitungen einer Batterie beziehungsweise einem Akkumulator zugewiesen werden. Zudem konnte ebenfalls bei 39 Prozent der Schwellschwertüberschreitungen ein Metall gefunden werden, welches die Schwellwerttemperatur überschritten hatte.“

Höhere Temperaturen beim schneidenden Aggregat
In der untersuchten EBS-Anlage werden reißende und schneidende Zerkleinerungsaggregate eingesetzt. Dazu zählen in der Vorzerkleinerung der Linie B ein Kammwalzenzerkleinerer (reißend) mit hydraulisch verstellbarem Gegenkamm und in der Nachzerkleinerung zwei Einwellenzerkleinerer (schneidend) mit Siebeinsätzen und hydraulischer Nachdrückeinheit. Die gemessenen Temperaturen des Stoffstroms beim schneidenden Zerkleinerungsaggregat lagen deutlich über den Temperaturen beim reißenden Zerkleinerungsaggregat, was auf die verschiedenen zerkleinerungsbestimmenden Parameter zurückgeführt werden kann.

Bei den elektrischen Antrieben konnte auch ein Unterschied festgestellt werden: „Das schneidende Zerkleinerungsaggregat ist mit Frequenzumrichtern ausgestattet, die die Drehzahl in Abhängigkeit der Frequenz ändern können, während der Antrieb des reißenden Zerkleinerungsaggregats nicht frequenzumgerichtet ist. Lässt man die durchschnittliche Umgebungstemperatur pro Tag mit den gemessenen Temperaturen nach dem reißenden beziehungsweise schneidenden Zerkleinerungsaggregats korrelieren, so ergibt sich folgende Erkenntnis: Die gemessene Stoffstromtemperatur nach dem reißenden Zerkleinerungsaggregat steigt linear mit der durchschnittlichen Umgebungstemperatur (R2 = 0,72). Beim schneidenden Zerkleinerungsaggregat nimmt die durchschnittliche Umgebungstemperatur keinen Einfluss auf die durchschnittlich gemessene Stoffstromtemperatur (R2 = 0,20).“ Und „die durchschnittliche Stoffstromtemperatur bei reißender Zerkleinerung ist somit stark abhängig von der unmittelbareren Umgebungstemperatur, wohingegen diese auf die deutlich höhere Temperatur bei schneidender Zerkleinerung kaum einen Einfluss hat.“

Die Untersuchung samt Methodik ist ausführlich beschrieben in dem Beitrag: „Statistische Betrachtung von Infrarot-Sensordaten in der Aufbereitung mit Relevanz zur Brandfrüherkennung“ von Michael Autischer (SAMsoric GmbH), Stephan Holzschuster (Müllex-Umwelt-Säuberung GmbH), Thomas Nigl (Montanuniversität Leoben), erschienen im Konferenzband zur Recy & DepoTech 2020.

Herausgeber ist die Montanuniversität Leoben www.unileoben.ac.at. [1]

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2021, Seite 26, Foto: Dr. Jürgen Kroll)