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Abfallwirtschaft in Israel: Status quo und Aussichten

Das Recycling macht nur wenig Fortschritte. Nach wie vor ist die Deponierung die erste Entsorgungsoption. Technologielieferanten und Investoren sollten die Marktentwicklung aber weiter beobachten: Es bieten sich Perspektiven.

Amtliche Statistiken und damit verlässliche Zahlen zum Abfallaufkommen in Israel gibt es nicht. Das Land zählt inklusive Ost-Jerusalem und Golan-Distrikt rund 9.1 Millionen Einwohner – Stand 2016. Mehr als 390.000 israelische Siedler leben in Judäa und Samaria (Westjordanland). Es ist zu erwarten, dass die Bevölkerung weiter wächst und damit auch das Abfallaufkommen steigt. Die Organisation Union for Environmental Defense rechnet bis zum Jahr 2030 mit einem Anstieg der Gesamtabfallmenge auf 19 Millionen Tonnen.

Nach Informationen des nationalen Umweltschutzministeriums sind Bauabfälle mit einem durchschnittlichen Jahresaufkommen von sechs Millionen Tonnen der größte Abfallstrom. Um eine Baugenehmigung zu bekommen, muss der Antragsteller die Entsorgung der Bauabfälle auf einer zugelassenen Deponie nachweisen können. 2019 wurden 77 Prozent der Siedlungsabfälle deponiert und der Rest, also 23 Prozent, recycelt. Das von der Regierung erklärte Ziel, die Recyclingquote bis 2030 auf 76 Prozent zu erhöhen, ist folglich kaum zu schaffen. Im November 2020 berichtete das Umweltschutzministerium außerdem, dass jedes Jahr ein Drittel aller in Israel erzeugten Nahrungsmittel – etwa 2,5 Millionen Tonnen – weggeworfen werden. Anders verhält es sich in der Industrie. So wurden 2017 – aktuelle Zahlen liegen nicht vor – angeblich 2,8 Millionen Tonnen (78 Prozent) der Industrieabfälle (Gefahrstoffe nicht mitgezählt) direkt einem Recycling zugeführt. Seit 2020 dürfen Verpackungen nicht mehr auf Deponien entsorgt werden. Inwieweit sich hier Konzepte zur stofflichen oder energetischen Verwertung entwickeln und etablieren, ist nicht bekannt.

Produktverantwortung auf dem Vormarsch
Hersteller und Importeure müssen die Verpackungen ihrer verkauften Produkte – aus Papier, Glas, Kunststoff, Metall oder Holz – zurücknehmen. Es gibt mittlerweile auch eine Pfandpflicht für Getränkebehälter. Die Sammlung und Verwertung von Verpackungen wird von der Recyclinggesellschaft Tamir organisiert, die einen rechtlichen Sonderstatus als „anerkannte Einrichtung“ besitzt und finanziell von den Herstellern und Importeuren getragen werden soll.

Ähnliches gilt im Elektronikhandel: Ausgemusterte Altgeräte sowie verbrauchte Batterien von den Kunden müssen zurückgenommen und dem Recycling zugeführt werden. Staatlich „anerkannte Einrichtungen“ sind die Unternehmen M.A.I. und Ecommunity. Für die Verwertung und Entsorgung von Reifen sind schließlich die Firmen Tyrec und T.M.Z verantwortlich. Ein Gesetzentwurf sieht zudem Erfassung, Demontage und Verschrotten von Fahrzeugen nach dem Vorbild der „End of Life Vehicle Directive“ der Europäischen Union vor. Die Regierung fördert über das Umweltschutzministerium, das weitreichende Kompetenzen zur Durchsetzung der gesetzlichen Vorschriften hat und eine sogenannte grüne Polizei einsetzt, um Verstöße aufzudecken und zu ahnden, Investitionen von Unternehmen und Kommunen in moderne Abfallbehandlungsanlagen und in die Kreislaufwirtschaft. Die Städte und Gemeinden sind sogar gesetzlich dazu verpflichtet, Recyclingzentren zu realisieren. Acht neue Sortieranlagen für gemischte Abfälle sind indes geplant. Ende 2019 wurde eine Waste-to-Energy-Anlage im Build-Own-Transfer-Verfahren ausgeschrieben. Das deutsche Beratungsunternehmen MVW Lechtenberg & Partner betreut technisch den Bau einer mechanisch-biologischen Verwertungsanlage in Rishon Lezion bei Tel Aviv, die voraussichtlich 2023 in Betrieb geht.

Die neue Anlage – ein Joint Venture von Shikun & Binui Holdings Ltd. und Global Environmental Solutions Ltd. – wird über eine mechanische Behandlungseinheit zur Trennung von Wertstoffen, eine anaerobe Vergärungsanlage zur Erzeugung von Biogas sowie eine Kompostierungseinheit verfügen und jährlich 400.000 Tonnen Siedlungsabfälle verarbeiten können.

MVW Lechtenberg & Partner hat bereits langjährige Erfahrung in der Umsetzung von Projekten zur Ersatzbrennstoffproduktion in Israel. So unterstützte das Unternehmen das örtliche Baustoffunternehmen Nesher Cement bei der Implementierung eines Lagerungs- und Abgabesystems für Sekundärbrennstoffe und übernahm darüber hinaus die Planung und Entwicklung der größten EBS-Produktionsanlage in Tel Aviv mit einer jährlichen Kapazität zur Verarbeitung von bis zu 400.000 Tonnen Hausmüll.

Ausländischen Unternehmen, die in den israelischen Entsorgungs- und Recyclingmarkt als Technologie-Ausrüster und Investoren einsteigen wollen, empfiehlt sich, hierzu die Entwicklung weiter zu beobachten. Die Aussichten in den nächsten Jahren können allgemein als gut bezeichnet werden.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 03/2021, Seite 18, Foto: Republica / pixabay.com)