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Der Manta: Innovatives Öko-Schiff auf Jagd nach Meeresabfällen

Er soll Meeresmüll sammeln, Kunststoff verwerten, Abfälle verbrennen, Strom produzieren und sich aus eigenen Energiequellen versorgen: Der multi-funktionale Forschungs-Katamaran namens „Manta“, den der Schweizer Rekordsegler und Abenteurer Yvan Bourgnon jetzt vorgestellt hat, wird in mehrfacher Hinsicht eine Innovation darstellen, wenn er 2024 vom Stapel laufen soll.

Schon die Konstruktion des einem Rochen nachempfundenen und nach ihm benannten Schiffs ist eine völlige Neuentwicklung. Drei Jahre arbeitet(e) ein technisches Konsortium aus rund zwanzig Unternehmen und fünf Forschungslabors an der Konzeption. So entstand auf dem Reißbrett ein 56,5 Meter langer und 26 Meter breiter Riesen-Katamaran, der sich unter anderem durch Einsatz zweier Segel mit insgesamt 2.500 Quadratmetern Fläche bewegt. Die Stromversorgung erfolgt über zwei Windturbinen, zwei Wasserkraftgeneratoren á 100 kW und fast 500 Quadratmeter Photovoltaik-Solarpaneelen.

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Foto: The SeaCleaners

Eine der Hauptaufgaben des Manta besteht im Sammeln von Meeresmüll. Dank einer einzigartigen Kombination von vier sich ergänzenden Sammel-Vorrichtungen kann der Manta schwimmenden Makroabfall mit einer Größe ab zehn Millimetern und bis in eine Tiefe von einem Meter erfassen. Für die Meeresfauna besteht dabei keine Gefahr. Zum einen wird sich der Katamaran in langsamer Fahrt von zwei bis drei Knoten bewegen. Zum anderen sind die Netze mit Durchschlupf-Löchern versehen, und zusätzlich soll Ultraschall die Tiere warnen.

Für größere Abfälle wie zum Beispiel Fischernetze dienen Kräne an Steuer- und Backbord. Zusätzlich können zwei kleinere Boote – nach dem japanischen Teufelsrochen „Mobula“ genannt – mit einem Fassungsvermögen von fünf bis zehn Kubikmetern Abfall eingesetzt werden: das kleinere in ruhigen Gewässern, das andere auch bei stärkerer Strömung oder höherem Wellengang.

Plastikabfälle zu Pellets
Beim Katamaran werden die in Sammelteppichen aufgefangenen Abfälle durch Schrägförderungs-Bänder mit Saugsystem aus dem Wasser gehoben und gelangen auf Transportbänder, wo man sie manuell trennt. Metalle, Glas und Aluminiumabfälle werden ausgesondert, in zwei Hubcontainer á 40 Tonnen gefüllt und später an Land lokal recycelt. Organische Abfälle landen wieder im Meer. Plastikabfälle durchlaufen einen Shredder und lassen sich zu Pellets pressen. Allerdings weist Frederic Silvert, Spezialist für die Manta-Technik, darauf hin, dass das Material trocken sein muss und – anders als beim Hausmüll – vor der Weiterverarbeitung entsalzt und entchlort werden muss.

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Foto: The SeaCleaners

Stromversorgung aus Syngas
Danach wandelt eine Anlage den gesammelten, sortierten und nicht mehr recycelbaren Kunststoff in Elektrizität um. Durch Pyrolyse schmilzt das durch eine Schnecke beförderte Material ohne Verbrennungsprozess und lässt Syngas entstehen. Das aufgefangene Synthesegas gelangt in eine Verbrennungskammer, und der resultierende Dampf treibt einen Generator und schließlich eine Turbine an, die alle an Bord befindlichen Anlagen mit Strom versorgt: Cockpit- und Navigationsinstrumente, Batterien, Antrieb sowie Sammel- und Sortieranlagen. Geplant ist eine Energieautonomie von 50 bis 55 Prozent. Mit dieser Technik steht dem Manta zukünftig eine Verwertungskapazität von 3,5 Tonnen pro Stunde zur Verfügung. Jährlich soll sich das auf 5.000 bis 10.000 Tonnen Kunststoff summieren, die es an jenen Orten abzufischen gilt, die als Haupteintragsquellen für Abfall in die Meere gelten – insbesondere Flussmünden in Afrika und Asien. Aber die Zielsetzung soll auch flexibel und offen sein für Gegenden, die von Naturkatastrophen betroffen wurden, erklärt Frederic Silvert.

Energetisch „weitgehend autonom“
Das Einsammeln von Meeresabfällen ist nicht die einzige Aufgabe des Manta, der mit Blick auf Energieeffizienz, Gewichtsreduzierung und Wärmerückgewinnung entworfen wurde, um „nahezu emissionsfrei“ und energetisch „weitgehend autonom“ agieren zu können. Zum Gesamtkonzept wird auch der Betrieb eines internationalen Forschungslabors und ein für die Öffentlichkeit zugängliches Kompetenz- und Informationszentrum an Bord des Schiffes gehören. Nicht umsonst soll das Schiff Kapazitäten für 34 Personen besitzen: neben zwölf Skippern mindestens ebenso viele Wissenschaftler.

Erste Fahrt voraussichtlich 2025
Allerdings befindet sich der Katamaran noch im Planungsstadium, und auch die Finanzierung der Gesamtsumme von 35 Millionen ist nach Aussage von Yvan Bourgnon, dem Manta-Initiator und Gründer der Umweltschutzorganisation „The SeaCleaners“, erst zu einem Drittel gedeckt. Dennoch sieht er sein Projekt als den Beginn „einer neuen Generation von Schiffen“ mit einem anderen CO2-Abdruck. Er rechnet beim jetzigen Öko-Katamaran mit einer CO2-Reduktion von 75 Prozent. Ob das Konzept trägt, müssen freilich die Einsätze des Manta noch beweisen: Die erste Südostasien-Fahrt ist für 2025 vorgesehen.

www.theseacleaners.org [3]

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 03/2021, Seite 44, Foto: The SeaCleaners)

 

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