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Edelmetallindustrie: Corona-Pandemie wirft Licht und Schatten auf die Branche

Die Entwicklung der Edelmetallwirtschaft verlief 2020 unter dem Einfluss der Corona-Pandemie sehr uneinheitlich. „Die schwere Rezession, welche die deutsche Wirtschaft im letzten Jahr durchlebte, spiegelte sich in der Edelmetallindustrie deutlich wider“, erklärte York Alexander Tetzlaff, Geschäftsführer der Fachvereinigung Edelmetalle, auf der online-Pressekonferenz des Verbandes am 10. März.

Nach einem guten Start im ersten Quartal 2020 bedeutete die darauffolgende Pandemie mit dem ersten Lockdown in Deutschland und auf zahlreichen weiteren wichtigen Märkten eine „Störung von Lieferketten sowie Kurzarbeit“. Insgesamt habe sich die internationale Entwicklung massiv auf die Exporte der Edelmetallwirtschaft ausgewirkt. Auf europäischer Ebene seien der Brexit in Form von Logistikproblemen mit höheren Preisen und Lieferverzögerungen spürbar geworden, erklärte Franz-Josef Kron, Vorstandsvorsitzender/ CEO der Agosi und einer der beiden Vorsitzenden des FVEM-Arbeitsausschusses Edelmetallwirtschaft.

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York Alexander Tetzlaff, Geschäftsführer der Fachvereinigung Edelmetalle, mit Franz-Josef Kron und Georg Steiner (von links) (Foto: Fachvereinigung Edelmetalle e.V.)

Für die Schmuckindustrie erwies sich 2020 durch die Lockdowns im ersten Halbjahr und kurz vor Weihnachten als ein sehr schwieriges Jahr. In der Folge ging die Menge der verkauften Goldlegierungen insgesamt um 23,8 Prozent zurück. Die Gesamtverkaufsmenge an Edelmetalllegierungen verringerte sich dramatisch von 36,4 auf 27,8 Tonnen. Lediglich das preislich attraktive Platin und seine Legierungen hielten sich im Jahr 2020 mit vier Tonnen an verkauftem Feinplatin recht stabil.

Recycling etwa auf Vorjahresniveau
Das Recyclinggeschäft folgte im Jahr 2020 dem wellenförmigen Verlauf der gesamten Edelmetallwirtschaft. „Stark negativ beeinflusst durch die reduzierten Produktionsmengen im industriellen Bereich und durch die Schließung von Ankaufsgeschäften während des ersten Lockdowns, verschafften demgegenüber die hohen Edelmetallkurse dem Recycling von edelmetallhaltigen Materialien einen Auftrieb“, erklärte Kron. Über das Jahr hinweg konnte somit das Vorjahresniveau in den meisten Betrieben aufrechterhalten und die Gesamtaufarbeitungsmenge an Feingold um circa drei Tonnen im Vergleich zum Vorjahr gesteigert werden. Dies entsprach einem leichten Anstieg der recycelten Feingoldmenge von vier Prozent. Der weltweite Bedarf an Silber insbesondere für industrielle Anwendungen verzeichnete laut Franz-Josef Kron insgesamt einen moderaten, Corona-bedingten Rückgang.

Rhodiumpreis um 300 Prozent gestiegen
Da Edelmetalle wie Silber und Gold in Steuerungsgeräten wichtige Funktionen übernehmen, werden voraussichtlich auch die Platingruppenmetalle (Platin, Palladium, Rhodium, Ruthenium, Osmium und Iridium) als Technologiemetalle noch weiter an Bedeutung gewinnen. Insbesondere in der Automobilindustrie – in den Bereichen Autoabgaskatalysatoren, Brennstoffzellen und in der Elektronik – besteht steigender Bedarf. Vor allem strengere Abgasnormen lassen weiterhin den Preis von Rhodium anziehen, der 2020 um 300 Prozent stieg, nachdem er schon im Jahr 2019 um 250 Prozent zugelegt hatte. „So könnte eine Teetasse voll Rhodium einen Preis von über einer Million US-Dollar erreichen“, merkte Kron an. Die Preise von Platin und Palladium blieben 2020 vergleichsweise stabil.

Nachfrage nach Investmentprodukten gestiegen
Einen erheblichen Einfluss auf die Abnehmerindustrien hatten im Laufe des Jahres auch die Preissteigerungen von Edelmetallen: Bis zur Mitte des zweiten Quartals stieg der Goldkurs deutlich an und erreichte im August mit 2.075 US-Dollar pro Unze einen neuen Rekordwert. Parallel dazu stieg die Nachfrage nach Investmentprodukten, betonte Georg Steiner, Geschäftsführer der Pforzheimer Heimerle + Meule GmbH und ebenfalls Vorsitzender des FVEM-Arbeitsausschusses Edelmetallwirtschaft. Die physisch gedeckten Gold-Investitionen (börsengehandelte Fonds, Barren und Münzen) nahmen 2020 weltweit um 40 Prozent zu, während der Goldbedarf in der Schmuckindustrie um 34 Prozent einbrach. „Deutschland gehörte bei physisch gedeckten Gold-Investitionen zu den 2020 am stärksten wachsenden Märkten“, machte Steiner deutlich. Der Aufkauf von Zentralbanken sank um 60 Prozent, der bei industriellen Anwendungen um sieben Prozent und generell die Nachfrage nach Gold um 14 Prozent gegenüber 2019. Gleichzeitig lag Silber als Investition in Form von Münzen und Barren deutlich im Aufwind. Die Preisentwicklung von Silber wurde mit einem Plus von circa 40 Prozent als außerordentlich stark angesehen.

Physische Knappheit bei Feinmetallen
Grenzschließungen mit unterbrochenen Lieferketten verknappten das Angebot weiter. Einige Wochen bestand auf den Märkten eine physische Knappheit bei Feinmetallen, die sich nur teilweise ausgleichen ließ, sich erst Mitte 2020 durch Nachfrage nach Feinmetallen in Form von Barren oder Münzen auf einem hohen Niveau stabilisierte und bis zum letzten Quartal des Jahres erhalten blieb. Das Jahresende erlebte einen deutlichen Anstieg des Silberkurses, verbunden mit einer physischen Knappheit an Feinsilber.

Konfliktfreies Recycling-Gold
Weltweit ging auch das Goldangebot um vier Prozent zurück. „Dem Recycling kommt mit 30 Prozent ein bedeutender Anteil an der gesamten Goldversorgung weltweit zu. Für 2020 ist besonders zu vermerken, dass die Recyclingmenge trotz des deutlichen Preisanstieges von Gold nur um ein Prozent zunahm“, erklärte Steiner und ergänzte: „Recyceltes Gold erfüllt dabei hervorragend die Voraussetzungen internationaler Initiativen und Compliance-Regeln, konfliktfreies Gold aus ethisch einwandfreien Quellen und verantwortungsvoller Herstellung anzubieten“. Zudem trägt Recycling zur globalen Silberproduktion mit 17 Prozent bei.

Prognosen wenig positiv
„Als Ausblick auf das Jahr 2021 ist den Prognosen wenig Positives zu entnehmen“, konstatierte Steiner. Der anhaltende Lockdown wirke sich massiv auf das Recyclinggeschäft, das wichtigste Glied in den nachhaltigen Edelmetall-Lieferketten, aus. Die hohe Nachfrage nach Investmentprodukten wiederum drohe zeitweise durch die physische Knappheit von Feinmetallen nicht vollständig bedient werden zu können. Für die Schmuckindustrie fehle derzeit die internationale Planbarkeit bei zusätzlichen Belastungen durch die anhaltend hohen Edelmetallkurse. „Die Vielseitigkeit unserer Branche ist auch 2021 gefordert. Insgesamt hoffen wir auf ein Licht am Ende des Tunnels der Corona-Pandemie“, lautete Steiners Blick in die Zukunft.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2021, Seite 22, Foto: Fachvereinigung Edelmetalle e.V.)

 

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