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Die Sortieranlage der Zukunft

Zukünftige Anlagen werden nicht nur in der Lage sein, materialspezifisch zu trennen. Auf Basis bereits bestehender und in Entwicklung befindlicher Computertechnologien werden sie auch Sortierentscheidungen treffen können. Die IUT Ingenieur­gemeinschaft Innovative Umwelttechnik GmbH hat gemeinsam mit der Montanuniversität Leoben zu diesem Thema geforscht.

Generell ist für die zukünftig zu behandelnden Materialströme das Sortieren auf faktenbasierten Entscheidungsgrundlagen mithilfe künstlicher Intelligenz notwendig, um die Sortiertiefen soweit als möglich zu erhöhen und die Sortieraufgaben effektiver und objektiver zu bewerkstelligen. Der Mensch besitzt die Fähigkeit, zum Beispiel ein stark verschmutztes Einzelteil oder einen mit einer verunreinigenden Flüssigkeit gefüllten Hohlkörper zu erkennen und entsprechend der Aufgabenstellung (Positiv- oder Negativsortierung) auszuschleusen oder im Stoffstrom zu belassen. Die Anlage der Zukunft muss mit den zur Verfügung stehenden Einrichtungen die gleichen faktenbasierten Entscheidungen treffen können.

„Anlage der Zukunft“ bedeutet vor allem, dass alle Abfallströme im Zuge der Inputkontrolle (Qualitätskontrolle) im Bereich der Anlagenbeschickung mit einer Materialerkennungseinheit auszustatten sein werden. Dazu muss der gesamte Inputstrom über eine Fördereinheit erfasst und der Erkennungseinheit zugeführt werden. Folgende Parameter werden dabei eine wichtige Rolle spielen: Heizwert, Chlorgehalt, Wassergehalt, „Summenwert“ für Kunststoffe, Inertstoffanteil, Massen- und Volumenstrom und allenfalls noch: Kunststoffe mit Auswertestatistik, das heißt aufgeteilt in die wesentlichen Anteile wie PE, PP, PET etc.

Damit soll eine mit stärkerem Fokus auf Recycling verbundene Zuordnung des Inputstromes in „sortierwürdig“ zur Wertstoffabschöpfung beziehungsweise zur reinen Ersatzbrennstoffaufbereitung in Echtzeit getroffen werden können. Diese erste Einstufung erfolgt idealerweise nach Absiebung einer Feinfraktion, um die Beeinflussung von erkannten Materialeigenschaften durch eine nicht sinnvoll zu sortierende Feinfraktion (z. B. mit Wassergehalt oder Inertstoffanteil) zu vermeiden. Der verbleibende Siebüberlauf wird über eine Schwer/Leicht-Trennstufe geführt; mit dieser wird der Inputstrom in eine Leichtfraktion (flächige Anteile wie Folien oder Textilien) und eine Schwerfraktion (körperförmige und schwere Anteile wie Kunststoffhohlkörper oder Inertanteile) aufgeteilt. Aus beiden Stoffströmen können mittels geeigneter Trenngeräte Wertstoffe ausgeschleust und als Konzen­trat einer weiterführenden Sortierung zur Verfügung gestellt werden.

Optimierte Prozesse
Das Echtzeit-Stoffstrom-Monitoring wird an Bedeutung gewinnen. Mit Hilfe der hier generierten Daten und der Verknüpfung mit den nachgeschalteten Geräten ist eine dynamische und der Materialzusammensetzung angepasste Anlagensteuerung möglich. Durch die Ausbildung von entsprechenden Weichen kann abhängig von der Materialzusammensetzung auf eine wertstoff- oder brennstofforientierte Vorsortierung eingegangen werden. Aber auch die nachfolgende Behandlung der Brennstofffraktionen wird an Hand des eingesetzten Echtzeit-Stoffstrom-Monitorings erfolgen.

Neue EBS-Anlagen müssen zukünftig auf die erforderlichen Qualitätskriterien der herzustellenden Ersatzbrennstoffe – in Abhängigkeit von der Input-Zusammensetzung – selbstständig reagieren können. Dies bezieht sich nicht nur auf die Qualitätsparameter wie zum Beispiel Heizwert oder Chlorgehalt, sondern auch auf die Volumenströme zum Beispiel nach einer Schwer/Leicht-Trenneinheit. Hier ist es notwendig, entsprechende Einstellungen bei einzelnen Trennschritten so zu automatisieren, dass Abscheide- und Zerkleinerungsanlagen immer mit einem kontinuierlichen Volumenstrom beschickt werden. Damit können Störungen vermindert (oder verhindert) und die Abscheideleistungen (Qualitäten) optimiert werden. Letztendlich können durch solche Anlagenkonfigurationen und einem adäquaten Echtzeit-Monitoring in Verbindung mit entsprechenden Steuerungseinrichtungen die Prozesse optimiert und vor allem auch die Produktivität gesteigert werden. Ein Echtzeit-Stoffstrom-Monitoring (Volumen- und Massenströme, Materialzusammensetzung) und die Verknüpfung der daraus erhaltenen Daten mit maschinenspezifischen Daten ermöglichen eine dynamische Anlagensteuerung und sind für die Realisierung einer Anlage der Zukunft unerlässlich.

Smarte Entscheidungen
In den letzten Jahren wurde die Wertstoffsortierung insbesondere durch die neuen Generationen der automatischen Sortieranlagen auf NIR-Basis, aber auch durch den Einsatz von Sortierrobotern immer weiter automatisiert. Auch bei diesen Anlagen werden zukünftig Echtzeit-Monitoring-Systeme entlang der Sortierkette eingesetzt werden müssen. Die Beschickung der einzelnen Trennaggregate kann dadurch optimiert werden.

Zudem wird gezielter auf die individuelle Separierung eingegangen. Smarte Anlagen treffen selbstständig Sortierentscheidungen, schleusen bei Bedarf verschiedene Materialien aus oder befüllen Zwischenlager. Dazu sind Systeme der Material- und Einzelteilerkennung (NIR-sensors, 3Dsensors, Hi-Res cameras, DK metal detectors oder auch VIS-senors) im Einsatz und liefern auf Basis der vorhandenen und zum Teil noch im Aufbau befindlichen Datenbanken (big data) online Entscheidungsgrundlagen für die nachgeschalteten Aktivatoren (Ausschleusungssystem wie Düsenleiste oder Robotergreifarm).

Um die Eignung unterschiedlicher Technologien für das Stoffstrom-Monitoring zu ermittteln, wurden mehrere Testreihen in einer Abfallbehandlungsanlage und einer Technikumslinie 4.0 durchgeführt.

 

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2021, Seite 42, Foto: Sutco)

 

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