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Bundestag beschließt Novelle des Verpackungsgesetzes

Mehrweg soll neuer Standard für To-Go-Verpackungen werden.

Restaurants, Bistros und Cafés, die To-Go-Getränke und Take-Away-Essen anbieten, müssen ab 2023 ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Diese Pflicht gilt selbst dann, wenn das Essen über Lieferdienste nach Hause gebracht wird.

Von der Pflicht ausgenommen sind lediglich kleine Verkaufsstellen wie zum Beispiel Imbisse, Spätkauf-Läden und Kioske, in denen insgesamt höchstens fünf Beschäftigte arbeiten und die eine Ladenfläche von weniger als 80 Quadratmetern haben. Sie müssen ihren Kunden aber ermöglichen, selbst mitgebrachte Mehrwegbehälter zu befüllen. Die Mehrwegvariante darf grundsätzlich nicht teurer als das gleiche Produkt in einer Einwegverpackung sein. Außerdem müssen für alle Angebotsgrößen eines To-Go-Getränks entsprechende Mehrwegbecher zur Verfügung stehen.

Pflichtpfand auf alle Kunststoff-Einwegflaschen
Ab 2022 ist zudem ein Pfand auf alle Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff verpflichtend. Außerdem müssen dann sämtliche Getränkedosen mit einem Pfand belegt werden. Die Gesetzesnovelle beendet die bisherigen Ausnahmeregelungen für bestimmte Getränke in Plastikflaschen und Dosen. Bislang waren zum Beispiel Fruchtsaftschorlen mit Kohlensäure pfandpflichtig, ein Fruchtsaft ohne Kohlensäure hingegen nicht. Künftig gilt grundsätzlich: Ist eine Getränkeflasche aus Einwegplastik, dann wird sie mit einem Pfand belegt. Ausnahmen für Fruchtsäfte oder alkoholische Mischgetränke in Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff oder Getränkedosen fallen weg. Für Milch oder Milcherzeugnisse gilt eine Übergangsfrist bis 2024. Bereits im Verkehr befindliche Getränkeverpackungen dürfen noch bis längstens 1. Juli 2022 pfandfrei verkauft werden.

Mindestens 25 Prozent Recyclingkunststoff
Um das Recycling von Plastikflaschen weiter zu steigern, müssen PET-Einweggetränkeflaschen ab 2025 aus mindestens 25 Prozent Recyclingkunststoff bestehen. Ab 2030 wird sich diese Quote automatisch auf 30 Prozent erhöhen und dann sogar für alle Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff gelten. Die Hersteller können dabei selbst entscheiden, ob sie diese Quote pro Flasche oder über ein Jahr verteilt in Bezug auf ihre gesamte Flaschenproduktion erfüllen möchten.

Darüber hinaus enthält die Gesetzesnovelle zahlreiche Vorschriften, die den Vollzug des Verpackungsgesetzes verbessern sollen, insbesondere auch im Hinblick auf importierte Verpackungen. So müssen Betreiber von Online-Marktplätzen sowie Fulfillment-Dienstleister zukünftig prüfen, dass die Hersteller von verpackten Waren auf ihrer Plattform im Verpackungsregister der Zentralen Stelle verzeichnet sind und sich an einem dualen System beteiligt haben. Nach dem Beschluss des Bundestages muss die Novelle des Verpackungsgesetzes noch den Bundesrat passieren. Die meisten Vorschriften werden dann bereits am 3. Juli 2021 in Kraft treten.

„Schritt, dem weitere folgen müssen“
Der BDE begrüßt das neue Verpackungsgesetz im Grundsatz, regt jedoch weitere Maßnahmen an. „Die Verabschiedung des Gesetzes ist ein richtiger Schritt, dem aber viele weitere folgen müssen. Dabei darf Deutschland auch gerne einmal wieder die Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit übernehmen“, erklärte BDE-Präsident Peter Kurth. Der Parlamentsbeschluss sollte ein Ansporn sein, Gesetze, Regelungen oder Verordnungen rund um die Circular Economy zügig zu erarbeiten und zu beschließen.

Marktbeobachtungsstelle erforderlich
Der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen bereiten die Folgen der ab 2025 geltenden Rezyklat-Einsatzquote Quote in Einweg-PET-Getränkeflaschen Sorgen. In diesem Punkt gehe das Verpackungsgesetz über die europäische Vorgabe, die die Quote nur im nationalen Durchschnitt fordert, wesentlich hinaus, denn hier gilt die Quote für jeden Hersteller. Dr. Isabell Schmidt, IK-Geschäftsführerin, warnt: „Zwar erreichen wir in Deutschland bereits heute fast 30 Prozent Rezyklateinsatz in PET-Getränkeflaschen. Doch durch die europäische Quote und darüber hinaus gehende freiwillige Selbstverpflichtungen der Lebensmittelindustrie wird die Nachfrage nach recyceltem PET aus dem deutschen Pfandsystem weiter stark steigen. Es droht die Gefahr, dass in Zukunft kein ausreichend recyceltes PET zur Herstellung von Getränkeflaschen zur Verfügung steht.“ Die IK fordert daher eine Marktbeobachtungsstelle, die die Verfügbarkeit von recyceltem PET für Lebensmittelverpackungen überwachen soll.

„Achtloses Wegwerfen“ in der Definition berücksichtigen
Die vorgeschlagene Definition des Begriffs „Einweg-Kunststoff-Lebensmittelverpackung“ wird von der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen als ungenügend erachtet. „Hier fehlt das wichtige Kriterium, dass nur solche Verpackungen erfasst sind, die aufgrund ihres Volumens oder ihrer Größe tendenziell achtlos weggeworfen werden“, verweist IK-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Engelmann auf die EU-Richtlinie. Das zusätzliche Kriterium sei wichtig, um eine richtlinienkonforme und europaweit einheitliche Auslegung sicher zu stellen und die Verhältnismäßigkeit der Regelungen für Einweg-Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff zu gewährleisten.

Die geplanten Nachweispflichten für Rücknahme und Verwertung industrieller Mehrwegverpackungen, zum Beispiel Kanister, Fässer oder Paletten, seien in der Praxis nicht umsetzbar, da diese Verpackungen in offenen Kreisläufen europa- oder sogar weltweit genutzt würden. Für solche Industrieverpackungen sei die Kreislaufwirtschaft bereits Alltag. „Nationale Bürokratievorgaben dürfen diese Praxis nicht gefährden“, mahnt Martin Engelmann.

Mehrweg muss ökobilanziell überzeugen
Zu der vorgeschlagenen Pflicht zum Angebot einer Mehrweg-Verpackungsalternative für Speisen und Getränke, die vor Ort befüllt werden, weist die IK darauf hin, dass solche Mehrweg-Verpackungen aus Kunststoff dann eine gute Wahl seien, wenn sie einem ökobilanziellen Vergleich standhielten. Kritisiert werden die ungewollten Nebenwirkungen des Vorschlags: „Die Pflicht trifft auch Bäckereien und Supermärkte, die beispielsweise Sandwiches vor Ort herstellen und verpacken. Es ist jedoch weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll, solche Verpackung im Markt zu öffnen und den Inhalt in eine Mehrwegverpackung umzufüllen“, gibt Martin Engelmann zu Bedenken.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2021, Seite: 10, Foto: Willfried Wende / pixabay.com)

 

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