- EU-Recycling - https://eu-recycling.com -

Fachbeitrag: Feuerversicherung in der Recyclingindustrie – ist das heutzutage noch finanzierbar?

Fast täglich wird in den lokalen Medien über Brände in Recyclingunternehmen berichtet. Die Brand­szenarien sind meist verheerend, und oftmals dauern die Löscharbeiten der Feuerwehr Tage, bis der Brand gelöscht ist. Die Brandursachen sind vielfältig und Risiken groß. Hohe Brandlasten, hochkalorische Stoffe, viele Fremdstoffe, vielfältige mechanische Zerkleinerungsprozesse sowie schnelle, verzweigte Stoffströme und etliches mehr sind einzeln betrachtet meist schon eine große Herausforderung für den Brandschutz; in Kombination erscheinen sie fast unbeherrschbar.

Immer wieder ist zu lesen, dass die Mehrheit der Recyclingunternehmen kaum noch versicherbar sei. Viele Brandschutzunternehmen haben es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, diese Tendenz zu unterbinden und bieten verschiedenste Schutzkonzepte am Markt an. Doch welche Konzepte sind wirklich wirkungsvoll und sind Brände in Recyclingunternehmen überhaupt zu beherrschen?

Sehr oft werden als Brandschutzkonzepte einzelne Lösungsansätze vorgestellt. Als Beispiel sei hier das Branddetektions- und Löschkonzept genannt, bestehend aus Infrarotbrandfrüherkennung mittels IR-Kamera und Löschkanonen. Ein weiteres Konzept sieht die Branddetektion- und Löschung hinter Zerkleinerern vor. Hin und wieder wird auf Löschanlagen ganz verzichtet und lediglich eine Brandmeldeanlage gefordert. Können diese einzelnen Lösungsansätze im Ernstfall helfen? Sicherlich nicht, da bekanntlich nach Murphys Gesetz der Schadensfall immer dort eintreten wird, wo kein Brandschutz vorgesehen ist. Darüber hinaus bestehen zum Beispiel bei dem Konzept der Infrarot-Brandfrühdetektion in Kombination mit Werfern entscheidende Nachteile gegenüber herkömmlichen Löschanlagen wie zum Beispiel solche für den Einsatz von Sprühwasser.

[1]

Ein ganzheitliches Schutzkonzept auf Basis VdS-zugelassener Löschanlagen wie es der VdS-zugelassene Errichter T&B electronic aus Alfeld anbietet, hilft Recyclingunternehmen, einen Versicherer zu finden (Abb.: T&B electronic)

Neben den Risiken der Personengefährdung (ein Werfer bringt gezielt einen Wasserstrahl auf eine kleine Fläche, und das teilweise mit 10 bar Wasserdruck) sei vor allem die Tatsache genannt, dass das gesamte System nicht VdS-zugelassen ist. Daher werden Recyclingunternehmen mit einer solchen Anlage nur sehr schwer einen Versicherungsschutz erhalten. Es gibt zwar mittlerweile auf den Markt VdS-zugelassene IR-Kameras, die jedoch nicht zum Ansteuern von Löschanlagen ausgewiesen sind, denn sie sind kein Brandmelder nach EN54 und dürfen somit nach VdS 2496 hierfür nicht eingesetzt werden. VdS-zugelassene Werfer sucht man vergeblich, und ein zugelassenes System, was aus VdS-zugelassener IR-Kamera und VdS-zugelassenem Werfer besteht, gibt es daher natürlich auch nicht.

Doch warum ist eine VdS-Zulassung so elementar, um einen Versicherungsschutz zu erlangen? Die Frage lässt sich relativ einfach beantworten. Brandschutzsysteme können nur dem Stand der Technik entsprechen und damit größtmöglichen Schutz bieten, wenn die Wirksamkeit der Systeme von einer unabhängigen Stelle nachgewiesen wurde. Und zwar in nachvollziehbaren und reproduzierbaren Brandversuchen nach europaweit gültigen Standards. Weiterhin ist es wesentlich, dass der Hersteller und der Errichter des Systems einer regelmäßigen Qualitätskontrolle durch externe Prüfer unterliegen. Was nutzt es dem Betreiber, wenn die Qualität der produzierten Systeme nach der (Erst-)Zertifizierung aus Kostengründen immer weiter abgesenkt wird und die Installation durch ungeschultes Personal erfolgt?

VdS-zugelassenes System und VdS-zugelassener Errichter
In Europa sind bei der Zertifizierung von Brandschutzsystem der VdS Schadenverhütung GmbH und der Industriesachversicherer FM Global das Maß aller Dinge, wobei die Zahl der VdS-zertifizierten Systeme in Europa deutlich überwiegt. Was genau bedeutet aber eigentlich „VdS-zugelassenes System“ und „VdS-zugelassener Errichter“?

VdS ist eine der wichtigsten unabhängigen Prüfinstitutionen mit dem Schwerpunkt Brandschutz, prüft im Rahmen der sogenannten Systemanerkennung alle Komponenten eines Brandschutzsystems in eigenen Laboratorien auf ihre Wirksamkeit und stellt durch turnusmäßige Kontrollen der Fertigungsstätte sicher, dass die Brandschutzsysteme stets nach den gleichen hohen Anforderungen gefertigt und getestet werden. Nur durch zugelassene Systeme wird also sichergestellt, dass der Stand der Technik bei gleichbleibend hohem Qualitätsstandard erreicht wird. Zusätzlich muss ein VdS-anerkannter Errichter nachweisen, dass er jährlich eine hohe Anzahl von Löschanlagen gemäß den VdS-Richtlinien mängelfrei projektiert und installiert hat.

Der VdS-zugelassene Errichter und Hersteller T&B electronic aus Alfeld geht hingegen einen anderen Weg und legt Wert auf eine ganzheitliche Betrachtung der Risiken in Kombination mit zugelassenen Löschsystemen. Denn nur so kann Brandschutz wirkungsvoll die Risiken minimieren. Zu einer ganzheitlichen Betrachtung gehören unter anderem der bauliche Brandschutz, der organisatorische Brandschutz und der anlagentechnische Brandschutz.

Kurzdarstellung: Anlagentechnischer und organisatorischer Brandschutz
Der anlagentechnische Brandschutz sollte zunächst im Produktionsprozess ansetzen, um dort frühzeitig Zündquellen lokalisieren zu können und unmittelbar im Entstehungsprozess zu eliminieren. Als Lösungsansatz können hier Funkenlöschanlagen in Kombination mit Sprühwasserlöschanlagen zum Einsatz kommen. Durch spezielle Hot Particle-und Glutnest-Melder können auch kleinste Zündpotentiale frühzeitig detektiert werden. Im Recyclingprozess ist dies besonders wichtig, damit zum Beispiel vorgeschädigte Lithium-Akkus direkt nach den Zerkleinerern und an den Übergabestellen von Förderern erkannt und rechtzeitig heruntergekühlt werden können. Hierdurch wird eine Verschleppung solcher Zündpotentiale in nachgeschaltete Anlagenprozesse bis hin zu Lagerbereichen, in denen deutlich höhere Brandlasten vorliegen, frühzeitig unterbunden.

Neben den Bereichen der Zerkleinerer und der Förderbänder sind unter anderem auch Absauganlagen und Pressen im Produktionsprozess bei einem ganzheitlichen Schutzkonzept zu berücksichtigen. Diese Bereiche können ebenfalls sehr effizient durch klassische Funken- und Sprühwasserlöschanlagen geschützt werden. Der Ansatz hierbei liegt genau wie bei den Zerkleinerern und Transportbändern auf einer frühzeitigen Detektion von Zündpotentialen und einer zertifizierten und bewährten Löschung dieser Gefahrenherde, damit es erst gar nicht zu einer Brandausbreitung kommen kann. Für beide Systeme existieren VdS Richtlinien, die die Parameter der Löschanlagen genau definieren und dem Betreiber und dem Versicherer die Gewähr für ein sicheres Brandschutzsystem geben.

Über die Produktionsanlagen hinaus sollten vor allem die Lagerflächen im Schutzkonzept Beachtung finden. Gerade im Bereich der Lagerflächen, wo die Brandlasten durch die hochkalorischen Lagergüter sehr hoch sind, ist eine bewährte Löschanlage elementar. In der Praxis haben sich eine Kombination aus Rauchansaugsystem zur frühzeitigen Detektion, Flammenmeldern und Sprühwasserlöschanlagen bewährt. Rauchansaugsysteme bieten den Vorteil, dass sie gerade Schwelbrände im Recyclingmaterial frühzeitig detektieren können, und das bei gleichzeitiger Resistenz gegen das hohe Staubaufkommen. Sollten sich an der Oberfläche Materialien entzünden, ist die Erkennung über geeignete Flammenmelder gesichert. Die Auslösung der Sprühwasserlöschanlage kann in dem Fall gemäß VdS 2496 vollkommen richtlinienkonform erfolgen. Um die Löschbereiche der Sprühwasserlöschanlage nicht zu groß werden zu lassen, ist mit dem Betreiber und dem Versicherer auch der bauliche Brandschutz zu berücksichtigen, um Wirkflächen der Löschanlage und damit die Löschwassermengen zu begrenzen. Hierbei können Anforderungen an die Lagerhöhe und an die Lagerflächen sehr hilfreich sein.

Darüber hinaus sind vor allem auch organisatorische Brandschutzmaßnahmen elementar, um einen ganzheitlichen Schutz bewirken zu können. Hierzu gehören regelmäßige Schulungen und Sensibilisierung der eigenen Mitarbeitenden, Flucht und Rettungswege, regelmäßiger Austausch mit der örtlichen Feuerwehr und insbesondere geeignete Räumungskonzepte. Denn eins ist klar: Wenn ein Brand in einem Recyclingbetrieb ausbricht, hilft zum Personenschutz nur ein gut eingeübtes Räumungskonzept mit Unterstützung der stationären Löschanlage.

Um auf die eingangs gestellte Frage der Versicherbarkeit von Recyclingunternehmen zurückzukommen, kann diese ganz klar beantwortet werden: Recyclingunternehmen sind aus unserer Sicht durchaus weiterhin versicherbar. Voraussetzung hierfür sind vor allem ein ganzheitliches Schutzkonzept, bestehend aus anlagentechnischem Brandschutz sowohl für die Lagerstätten als auch für die Anlagentechnik, sowie ein wirkungsvoller organisatorischer und baulicher Brandschutz. Für die Umsetzung dieser Schutzkonzepte sollten alle beteiligten Parteien – meist Betreiber, Versicherer und Anlagenbauer – frühzeitig zusammengebracht werden und miteinander ein stimmiges, ganzheitliches Schutzkonzept auf Basis von VdS-zugelassenen Systemen ausarbeiten.

www.tbelectronic.eu [2]

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 08/2021, Seite: 22, Autor: René Schwertfeger, Vertriebsleiter T&B electronic GmbH, Foto: Adobe Stock)