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Vereinigtes Königreich: Behandelt eine viertel Million Unternehmen Abfälle illegal?

Jedes Jahr werden im Vereinigten Königreich Millionen Tonnen von Abfällen illegal entsorgt. Die gemeinnützige Organisation Material Focus hat sich zum Ziel gesetzt, insbesondere das unerlaubte Wegwerfen von Elektro(nik)schrott zu verhindern. Dazu veröffentlichte sie eine Studie über illegales Müllabladen.

Material Focus schätzt, dass in England im Jahr 2019/20 annähernd 1,82 Millionen Tonnen an Abfällen aus dem System fallen und so der Staat jährlich um rund 200 Millionen Euro an Deponiegebühren gebracht wird – Schuttabladeplätze auf privatem Boden nicht mitgerechnet. Die letzte Statistik über illegitime Abfallentsorgung weist 976.000 – also rund eine Million – Verstöße auf öffentlichem Boden aus, darunter 58.000 Ereignisse mit Elektro(nik)schrott mit einem geschätzten Volumen von 25.346 Tonnen. Hinzu kommen 2.817 Tonnen an WEEE, derer mancher sich über die Restmüll-Tonnen entledigte. Wird das Aufkommen an E-Schrott aus illegalen Mülldeponien in Höhe von 59,200 Tonnen hinzugezählt, ergibt sich eine Summe von 87,363 Tonnen pro Jahr – Material, das teilweise niemals ordnungsgemäß rückgewonnen und Kosten aufwerfen wird.

Das CBD-Register: ineffektiv
Die englische CBD-Registrierung bestimmt, welcher Transportunternehmer, Makler und Händler (carrier, broker and dealer) Abfälle bewegen darf. Allerdings funktioniert dieses System nachweislich nicht effektiv und wird missbraucht. Das resultiert in umfangreicher krimineller Ausbeutung des Systems, ernsthaften Abfallvergehen, Umweltschäden und Umsatzverlusten. Zumal die Zahl der unregistrierten Transportunternehmer, Makler und Händler sehr hoch liegt.

Material Focus legte eine Liste von Unternehmen an zehn verschiedenen Orten an, die eine der fünf Werbe-Plattformen benutzten, die maßgebliche Dienstleistungen für Abfälle anbieten. Dabei wurden 4.742 Personen oder Betriebe identifiziert und mit dem CBD-Register verglichen.

Knapp zwei Drittel (63 Prozent) der Unternehmen, die ihre Dienste anpriesen, schienen unregistriert zu sein. Hochgerechnet könnten daher 238.741 Personen oder Organisationen in der Abfall-Transportbranche ohne Registrierung in England und 284.215 insgesamt im Vereinigten Königreich tätig sein. Es kann davon ausgegangen werden, dass, wenn diese Personen oder Organisationen nicht registriert sind, es auch wahrscheinlich ist, dass sie Abfälle illegal endlagern, was hochgradig besorgniserregend wäre. Großes Vertrauen könnte in Unternehmen und Haushalte gesetzt werden, da sie genötigt sind zu prüfen, ob das Transportunternehmen CBD-registriert ist. Aber wie gesehen, erlaubt das online-Register ihnen nicht, diese Prüfungen effektiv durchzuführen.

Lkw-Sektor mit 86 Prozent beteiligt
Die Kategorie mit den größten Mengen an illegalen Müllhalden hängt mit Lastwagen-Ladungen zusammen. Wie nicht anders zu erwarten, stellt der Lkw-Transport-Sektor mit 86 Prozent den höchsten Anteil der Unternehmen, die ohne CBD-Registrierung operieren. Die Verantwortlichkeiten für diesbezügliche Regularien sind zwischen der Umweltbehörde und den lokalen Verwaltungen verteilt. Das hat offensichtlich zu blinden Flecken geführt, zumal es starke Hinweise darauf gibt, dass ein Haufen Probleme in diesem Bereich auf organisierte Netzwerke zurückgeht – im Gegensatz zu Ein-Mann-Akteuren. Einige scheinen hunderttausende Pfund im Jahr für Werbung auszugeben.
Werbe-Plattformen, die rigorose Prüfungen solcher Angebote sicherstellen, machen nur ein Prozent aller Abfallsammel-Anzeigen aus. Die meisten Werbe- oder Social Media-Plattformen hingegen scheinen nichts zu unternehmen, um Offerten unregistrierter Akteure zu unterbinden, obwohl ihre erklärte Strategie nahelegt, dass sie eine bei weitem größere Rolle dabei spielen könnten, diese Menschen oder Organisationen von Werbung auf ihrer Seite abzuhalten.

Reformvorschläge
Alles in allem erreicht das CBD Registrierungs-System die gesteckten Ziele nicht. Eine Reihe von Möglichkeiten könnte zur Verfügung gestellt werden, um dies zu verbessern. Die Vorschläge lassen sich auf vier Prinzipien reduzieren:
1. Kunden sollten davon abgehalten werden, sich des unprofessionellen Sektors zu bedienen, indem ihnen Werkzeuge an die Hand gegeben werden, um zu prüfen, ob es sich um ein bona fide-Unternehmen handelt.
2. Nur legale Einheiten, die eindeutig identifizierbar sind, können registriert werden. Ein normaler Kunde sollte in die Lage versetzt werden, die Gültigkeit der Unternehmens-Registrierung zu prüfen.
3. Es sollte eine glaubwürdige Regulierung und Durchsetzung des CBD-Systems geben – entweder durch Behörden-übergreifende Aktionen oder traditionelle Tätigkeiten zur Abfalltyp-Regelung.
4. Nur zugelassenen Akteuren sollte Werbung erlaubt sein, und zwar in einer Form oder Art, mit der diese Unternehmen leicht als registriert identifizert werden können.

Dennoch merkt Material Focus am Ende des 88-seitigen Berichts an: „Obwohl wir das Gefühl haben, dass diese Maßnahmen helfen, das Problem zu lösen, ist es klar, dass die Verbesserung des CBD-Systems alleine nicht die Fragen zu wilden Deponien und Schuttplätzen löst.“

Der vollständige Bericht kann unter https://eq3pi6tq2z7.exactdn.com/wp-content/uploads/2021/07/An-Independent-Study-into-Fly-tipping-and-Unregistered-Waste-Carriers-in-England-FINAL.pdf [1] heruntergeladen werden.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 09/2021, Seite 12, Foto: puckillustrations / stock.adobe.com)

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