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Ersatzbrennstoffe effizienter thermisch verwerten

EBS-Kraftwerke setzen überwiegend auf die Rostfeuerung. Sie stellt geringere Anforderungen an die Aufbereitungstiefe von Ersatzbrennstoffen und bietet eine hohe Verfahrenssicherheit. Auf der Berliner Abfallwirtschafts- und Energiekonferenz im Juni stellte die Martin GmbH für Umwelt- und Energietechnik dazu ihre Lösung vor: den Rückschub-Rost Vario.

Rostbasierte Verbrennungssysteme besitzen den großen Vorzug, dass Haus- und Gewerbeabfälle ohne Vorbehandlung verbrannt werden können. Die Investition ist – bei gleicher Verbrennungskapazität – in der Regel geringer als bei einer Anlage mit zirkulierender Wirbelschichtfeuerung.

Wie der Vortrag der Martin GmbH einleitend feststellte, sind die Qualitätsanforderungen an die EBS-Produktion gestiegen: Der Ersatzbrennstoff muss ohne betriebliche oder technische Einschränkungen eingesetzt werden können. Es gilt den Heizwert zu erhöhen, das Material sollte homogen und möglichst trocken sein und einen niedrigen Asche-, Störstoff- und Schadstoffgehalt aufweisen, zum Beispiel Chlor und Schwermetalle. Vorausgesetzt werden für den Einsatz in EBS-Kraftwerken auch Lager- und Förderfähigkeit und nicht zuletzt gutes Zünd-, Reaktions- und Ascheschmelzverhalten.

Gleichmäßiger und stabiler Verbrennungsprozess
Für die thermische Verwertung von Ersatzbrennstoffen mit großem Anteil an verbrennlichen und flüchtigen Bestandteilen sowie geringen Aschegehalten bietet der Rückschub-Rost Vario von Martin eine vielseitige und flexible Technologie bei optimalen Betriebsparametern. Die drei Antriebszonen sind getrennt voneinander regelbar. Zuführgeschwindigkeit des Brennstoffs und Verbrennungsbedingungen sind an wechselnde Abfall- beziehungsweise Ersatzbrennstoff-Qualitäten anpassbar. Damit ist es möglich, die Schürung des Brennstoffs und der Verbrennungsrückstände aufgeteilt in mehrere Zonen zu gewährleisten, ohne deren Verweilzeit negativ zu beeinflussen. Der Rückschub-Rost besteht aus mehreren Stufen, die treppenförmig angeordnet und zum Rostende geneigt sind. Jede zweite dieser Roststufen bewegt sich entgegen der Rostneigung auf und ab. So vermischt sich die heiße Glutmasse permanent mit neu zugeführtem Abfall, was einen gleichmäßigen und stabilen Verbrennungsprozess ermöglicht.

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Feuerungssystem mit Vario-Rost (Foto: Martin GmbH für Umwelt- und Energietechnik)

Die Primärluft wird über fünf getrennte Zonen zugeführt, die einzeln regelbar sind und so optimale Reaktionsbedingungen für den Brennstoff mit einer individuellen und gezielten Sauerstoffzugabe sicherstellen. Oberhalb der Brennschicht wird über mehrere Düsenebenen Sekundärluft eingeblasen, die die Abgase effizient vermischt und vollständig ausbrennt. Der Vario benötigt selbst bei höchsten Heizwerten keine Kühlung. Sein Antriebskonzept sorgt den Angaben von Martin nach jederzeit für eine stabile Bedeckung, welche die Rostelemente vor zu hoher thermischer Belastung schützt: „Dies ist eine Voraussetzung für die hohen Standzeiten des Rostbelages. Durch den konsequenten modularen Aufbau lassen sich bis zu acht Rostbahnen nebeneinander montieren. So wird eine Gesamtbreite von maximal 20 Metern möglich.“

Mit einer gezielten Anpassung des Rostbelages an die materiellen Spezifikationen von Ersatzbrennstoffen seien optimale Verbrennungsbedingungen und geringe Emissionen für ein sehr breites Spektrum von Heizwerten erzielbar: „Mit Hilfe einer erhöhten Schürleistung durch die Auswahl von geeigneten Roststäben im vorderen Rostbereich und der individuell einstellbaren Schürgeschwindigkeit können die beschleunigten Trocknungs- und Ausgasungsphasen des EBS verzögert und das Feuer in die Richtung der angrenzenden Hauptbrandzone verlagert werden. In der Hauptausbrandzone sorgt der Rostbelag für eine gute Durchmischung und damit optimalen Feststoffausbrand. Die für EBS mit geringen Ascheanteilen wichtige Einstellung einer ausreichenden Brennbetthöhe erfolgt allein über die Rostgeschwindigkeit im Verfahrbereich 3, die zum Aufstauen des Brennbettes geringer eingestellt wird als die Geschwindigkeiten in den Bereichen 1 und 2.“

Auftrag in Parona
Im Jahr 2020 hat die Martin GmbH von Lomellina Energia S.r.l., Betreiber des Müllheizkraftwerks Parona in der Provinz Lombardei/Italien, den Auftrag zur Errichtung einer schlüsselfertigen neuen Verbrennungslinie zur thermischen Behandlung von Restabfällen aus Haushalten sowie Gewerbeabfällen erhalten. Im Konsortium mit italienischen Partnerfirmen wird das Unternehmen das Rostfeuerungs- samt Verbrennungsluftsystem liefern. Ab 2022 soll die neue Linie jährlich 200.000 Tonnen Restabfälle thermisch behandeln und die freigesetzte Wärme zur Erzeugung und Einspeisung von Strom in das Versorgungsnetz nutzen. Geliefert wird ein Vario mit fünf Bahnen und einer Gesamtbreite von 13,14 Metern. Die Bruttowärmeleistung beträgt bis zu 110 Megawatt bei einer Durchsatzleistung von bis zu 36,3 Tonnen pro Stunde.

Die Anlage in Parona wurde für eine Brennstoffspezifikation ausgelegt, die bei einigen Betriebspunkten einen sehr hohen Anteil an brennbaren Bestandteilen aufweist, die denen
von Ersatzbrennstoffen sehr ähnlich sind. Zur Verwertung der Brennstoffe mit dieser anspruchsvollen Spezifikation kommt der Rückschub-Rost Vario in Kombination mit einem Rezirkulations-Feuerungskonzept zum Einsatz. Die Rezirkulation der Abgase ermöglicht die Einstellung von optimalen Betriebsbedingungen zur Einhaltung der Emissionswerte.

Zum Vortrag auf der Berliner Abfallwirtschafts- und Energiekonferenz ist ein Aufsatz mit technischen Detailinformationen erschienen: Flexibilität einer (Rückschub-)Rostfeuerung im besonderen Hinblick auf Ersatzbrennstoffe, von Norbert Eickhoff, Axel Hanenkamp, Ralf Koralewska und Max Schönsteiner, erhältlich beim TK Verlag www.vivis.de [2].

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 09/2021, Seite 27)