- EU-Recycling - https://eu-recycling.com -

Lassen sich Lampentypen automatisiert voneinander trennen?

Ist es technisch machbar, unterschiedliche durchmischte Lampentypen aus Recyclingströmen ohne manuelle Unterstützung zu identifizieren? Dieser Frage ging eine Forschergruppe des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration sowie der Optrotransmitter Umweltschutz Technologie (OUT) e.V. nach.

[1]

Foto: Engin Akyurt / pixabay.com

Zweifelsfrei und automatisiert separieren
Während LEDs (light emitting diodes) aus Licht-aussendenden Halbleiter-Bauelementen bestehen, enthalten Gasentladungslampen (gas discharge lamps, kurz GDLs) aus technischen Gründen geringe Mengen an Quecksilber. Diese unterschiedliche Materialzusammensetzung macht eine Erkennung und Trennung der beiden Lampenarten im Abfallstrom schwierig.

Die Forscher suchten deshalb nach Methoden, mit denen GDLs und LEDs zweifelsfrei und automatisiert separiert werden können. Damit soll zum einen der EU-Quecksilberverordnung EU 2017/852 Folge geleistet werden, die die 2013 unter dem Dach der Vereinten Nationen verabschiedete Minamata-Konvention zur Reduzierung des weltweiten Quecksilberverbrauchs zum Schutz der Umwelt auf europäischer Ebene umsetzt. Zum anderen bestehen LEDs aus anderem Material und anderen Komponenten, die als Verunreinigung betrachtet werden, und benötigen als Abfall ein anderes Behandlungsverfahren.

Gängige Sortierverfahren untauglich
Erschwerend für die Analyse erwiesen sich die unterschiedlichen Materialien und damit die im Ergebnis differierenden Fraktionen; hinzu kamen mögliche Risiken von Stillständen oder Schäden an den Anlagen für GDL-Recyling durch LEDs und Auflagen durch die WEEE-Gesetzgebung und europäische Normen zur Entfrachtung von Quecksilber nach Stand der Technik.

Besondere technische Schwierigkeiten bereitete jedoch der Umstand, dass im Gemisch zwar vollständig intakte Gasentladungslampen zu finden sind, andererseits aber auch teilweise beschädigte, deren Gas entwichen ist und die sich deshalb weder entzünden noch aufleuchten. Bei der Nutzenanalyse stellte sich heraus, dass die gängigen Sortierverfahren für Elekto(nik)schrott wie Magnet-, Wirbelstrom- und triboelektrische Trennung ebenso wie Siebklassierung und Windsiebung für eine Separation unbeschädigter Lampen untauglich sind. Vorgehensweisen, die auf Röntgenstrahlung beruhen, wurden aufgrund von Komplexität, hoher Beschaffungs- und Unterhaltungs-Kosten sowie Gesundheits- und Sicherheits-Risiken ausgeschlossen. In die engere Wahl aus 13 möglichen Methoden kamen zwei Fluoreszenz-Technologien: der elektromagnetische Induktionstest und das Blaulicht-Verfahren. Sie bringen GDLs und/oder LEDs auf je spezifische Art und Weise zum Leuchten und ermöglichen so deren Identifizierung.

Mindestens 60 Prozent richtig erkannt
Unter Einsatz elektromagnetischer Wechselfelder ließen sich die unbeschädigten GDLs zu 100 Prozent richtig zuordnen; Gasentladungslampen mit Defekten hingegen konnten aufgrund des entwichenen Gases nicht identifiziert werden. Tests mit einer Induktionsspule ergaben, dass auch die Chip-Flächen der LED-Lampen aufgrund der Induktion aufleuchten; das sollte durch Filter im Argon- und Quecksilber-Bereich unterbunden werden. Die Blaulicht-Methode resultierte zu 60 bis 90 Prozent in einer exakten Erkennung von LED-Lampen.

Dieser Prozentsatz ließe sich noch steigern durch Ausrichten der Lampen, sodass sie direkt und mit sensitiven optischen Sensoren erfasst werden können. Da auch einige GDLs als Reaktion auf Blaulicht aufleuchteten, sollte man diese manuell oder durch Bilderkennung aussortieren. Die zusätzliche Verwendung von Filtern für bestimmte Spektrallinien wird als nicht zweckmäßig angesehen, da LEDs und GDLs, die dem Blaulicht ausgesetzt sind, keinerlei Unterschiede beim Aussenden von Wellenlängen aufweisen. Das Aufleuchten einiger Halogenlampen unter elektromagnetischer Induktion stuften die Forscher als unkritisch hinsichtlich späterer Qualität und Reinheit des Outputs ein.

Durchsatz: bis zu 500.000 Lampen pro Stunde
Auf Grundlage der Versuche kalkulierten die Forscher die technischen Daten einer entsprechenden Maschine zur Detektion. Die Prozesszeit für die Sensorik bei Blaulicht-Verfahren und elektromagnetischer Induktion veranschlagten sie auf Mikrosekunden, den optisch möglichen Durchsatz auf 250.000 bis 500.000 Lampen pro Stunde. Jedoch hängt das Ergebnis auch von der Anordnung der Lampen auf dem Fließband und der Auswurf-Geschwindigkeit ab. Die Kosten speziell für den Prototyp, der für Versuchszwecke gebaut wurde, beliefen sich auf 41.630 Euro.

Ultimative Maschinentrennung?
Nach Abschluss der Testserie wurden die Ergebnisse mit vier Betreibern von Lampen-Recyclinganlagen diskutiert. Sie gaben zu bedenken, dass die heutigen Behandlungsschwierigkeiten weniger auf den Anteil von LED-Lampen am Stoffstrom oder auf Probleme der LED-Materialien zurückzuführen sind als auf die enorme Zahl von Spezialtypen in der Altlampen-Sammlung. Somit sei es zurzeit fraglich, ob ultimativ eine Maschine diese verschiedenen Lampentypen zu trennen vermag oder nicht doch eher geschultes Personal.

Allerdings werde sich die Proportion LEDs – GDLs in den kommenden Jahren verschieben, sodass der Fokus zunehmend auf der Erkennung von LEDs liegen dürfte. Vom jetzigen Standpunkt aus sei es für den Recyclinganlagen-Betreiber jedenfalls das Sinnvollste, LEDs mit Blaulicht und GDL mit der elektromagnetischen Methode zu suchen.

Nähere technische Angaben zu den Versuchen sind unter https://561fa32e-aa15-4cf4-9a17-84a646abe653.filesusr.com/ugd/f9296e_5f1fec2409a740339e0278f451fcef7f.pdf [2] zu finden.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 11/2021, Seite 48, Foto: Fraunhofer IZM / OUT e.V.)