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BIR Global eForum 2021: Probleme mit der Logistik trotz guter Altpapier-Nachfrage

Im Webinar der Fachsparte Papier im Rahmen des BIR eForums, das vom neuen Fachsparten-Präsidenten Francisco Donoso (Alba Servicios Verdes, Spanien) und Sébastien Ricard (Paprec, Frankreich) moderiert wurde, waren die Schwierigkeiten für den internationalen Handel das beherrschende Thema.

Obwohl der internationale Altpapiermarkt im größten Teil des Jahres seine positive Geschäftsdynamik mit solidem Auftragsbestand und guter Nachfrage für die meisten Altpapierqualitäten aufrechterhalten konnte, hat die Branche erhebliche Sorgen hinsichtlich der Logistik. Nicht nur geringe Transportkapazitäten, hohe Preise, Lieferverzögerungen und überlastete Häfen machen den exportierenden Altpapierunternehmen derzeit das Leben schwer. Wie Gastredner Florent Noblet von der französischen Transport- und Logistikbranche Union TLF (Union des Entreprises de Transport et de Logistique de France) hervorhob, habe durch die globale Covid-19-Pandemie auch die Servicequalität der Reedereien nachgelassen; etliche Schifffahrtsgesellschaften seien beispielsweise telefonisch schlechter zu erreichen als früher.

Bedeutende Reedereien haben über Jahre hinweg Probleme mit Überkapazitäten, hohen Schulden und der mangelhaften betrieblichen Rentabilität gehabt, informierte Noblet, der als stellvertretender Direktor von Union TLF sowie als Direktor von TLF Overseas fungiert. Als die Pandemie im ersten Halbjahr 2020 begonnen hatte, den weltweiten Handel zu beeinträchtigen, seien Schiffe abgewrackt oder ausgesondert worden,
um Kapazitätsanpassungen vorzunehmen. Allerdings habe der darauffolgende wiedereinsetzende Anstieg in der Transportnachfrage die maritime Lieferkette total zusammenbrechen lassen. „Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass diese Situation wenigstens bis zum Ende nächsten Jahres und vielleicht bis weit in das Jahr 2023 anhalten wird“, prognostizierte Florent Noblet.

Seinen Angaben zufolge machen die neun führenden Reedereien schätzungsweise 98 Prozent des weltweiten Seefrachtmarktes aus und haben bedeutende politische Macht auf ihrer Seite, vor allem in Europa. In den USA habe die Regierung mittlerweile danach getrachtet, „proaktiver“ zu sein, beispielsweise durch ein Audit für Transportunternehmen mit dem Ziel, Schiffsliege- und Verzögerungskosten sowie unangemessene Aufschläge zu verhindern.

Was die Transportgebühren angeht, so berichtete der Gastredner, dass sich allein im Jahr 2021 Spot-Lieferungen wie auch Lieferverträge um 125 Prozent verteuert haben; in Häfen seien die Gebühren für die Be- und Entladung um etwa 100 Prozent gestiegen. In diesem Zusammenhang stellte der frühere Präsident der Fachsparte Papier, Ranjit Singh Baxi, fest, dass die Frachtraten zwischen September 2019 und Oktober 2021 mehr als 300 Prozent in die Höhe geschossen seien. Nach Ansicht des früheren BIR-Präsidenten sollte es eine „Global Shippers Alliance“ geben, damit die Interessen von Auftraggebern, zum Beispiel der Recyclingindustrie, besser verteidigt werden können. Momentan hätten Versender keine Stimme, beklagte er sich. Laut Florent Noblet informiert Union TLF über diese Situation im Rahmen ihres Lobbyings auf nationaler und europäischer Ebene. „Wir sagen den Behörden, dass die Situation so nicht weitergehen kann – vor allem nicht für kleine und mittelständische Versender, von denen manche es sich nicht leisten können, 16.000 oder 18.000 US-Dollar pro Container zu bezahlen.“ Martin Šoth (Pieringer Abfall Verwertung GmbH, Österreich) ergänzte die Liste der Herausforderungen, indem er die höheren Energiekosten nannte.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2021, Seite 26, Autorin: Brigitte Weber, Foto: HSM)