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Remanufacturing – komplex, aber möglicherweise lohnend

Remanufacturing stellt eine Möglichkeit dar, Produkte oder Komponenten über ihre ursprünglich geplante Lebensdauer im Wirtschaftskreislauf zu halten und somit einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft zu leisten. So fasst eine Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums die Chancen einer Materialverwertung zusammen, die einen Baustein zur Circular Economy liefern kann und dazu in der Lage ist, Ressourcen zu schonen.

Weder Refurbishment noch Upgrading
Die Vorgehensweise des Remanufacturing unterscheidet sich prinzipiell von Refurbishment, Upgrading und Instandhaltung. Denn Refurbishment meint die Aufarbeitung eines gebrauchten Produkts bis zu einem vorgesehenen, meist niedrigeren Qualitätsniveau, während Upgrading oder Modernisierung der Optimierung von Funktion, Leistung oder Sicherheit des Ausgangsprodukts dient. Reparatur oder Instandhaltung führen laut Definition defekte Produkte lediglich in ihren Sollzustand zurück.

Demgegenüber besteht Remanufacturing in einer industriellen Aufbereitung von Altteilen, die demontiert, gereinigt, geprüft, aufgearbeitet und endlich zu einem neuwertigen Produkt zusammengesetzt werden. Dabei kann ein Großteil der Altteile behandelt und wiederverwendet sowie unbrauchbare Komponenten ausgetauscht werden, um zu einem in Qualität und Funktion identisch nutzbaren Produkt mit gleicher Funktion zu gelangen.

Vier Bausteine
Als Bausteine in Richtung Kreislaufwirtschaft benötigt Remanufacturing vier Komponenten. Zum „kreislauffähigen Produktdesign“ gehören fortgeschrittene Materialkenntnisse sowie innovative Arbeitsmethoden. Es müssen kosteneffiziente, qualitativ hochwertige „Sammel- und Rücknahmesysteme“ vorhanden sein, um den Wert des Altprodukts und neuer Rohstoffe beurteilen zu können. Es bedarf „innovativer Geschäftsmodelle“, um das Produkt profitabel und nachhaltig im Markt zu platzieren. Und schließlich gehört die Einschätzung „interner und externer Bedingungen“ hinzu, um die rechtliche, soziale, politische und ökonomische Akzeptanz richtig einschätzen zu können. Unter Umständen sind dazu Ökobilanzierung, Lebenszyklusanalysen, Rohstoffkritikalitätsuntersuchungen und eine Kostenbewertung vonnöten, um technische, logistische oder marktstrategische Randbedingungen und das Potenzial an Ressourceneinsparung auszuloten.

Im Detail bedeutet das, eine Rücknahmelogistik aufzubauen, die den Verbreitungsgrad der Altteile berücksichtigt, eine kontinuierliche Beschaffung ermöglicht, langfristig konstante Rücknahmemengen garantiert und so die Qualität der Altteile sichert. Für den eigentlichen Remanufacturing-Prozess müssen technischer Aufwand und Qualifikation stimmen, der Ablauf ressourceneffizient erfolgen und ein nachhaltiges Logistiksystem zur Verfügung stehen. Für die spätere Vermarktung sollte das Produkt einen angemessenen Wert besitzen, an wechselnde Vermarktungs- und Vertriebsbedingungen anzupassen sein, einen geeigneten Absatzmarkt finden sowie Marktakzeptanz genießen.

Umsätze ab dreistelligem Millionenbereich
Die Chancen auf dem Remanufacturing-Markt stehen für einige Produktgruppen nicht schlecht – so beispielsweise in der Luftfahrt für Flugzeugtriebwerke, im Verkehrsbereich für komplette Verbrennungs- motoren ebenso wie für Anlasser und Lichtmaschinen, in der Elektro(nik)-branche für Laptops und PCs oder im Gesundheitswesen für medizintechnische Geräte.

Immerhin wuchs der Umsatz für Remanufacturing-Produkte zwischen 2015 und 2017 um circa 17 Prozent auf insgesamt zehn Milliarden Euro. Wobei insbesondere der Luftfahrt- und der Automotive-Sektor zulegten: In besagtem Zeitraum stieg der Umsatz in der Luftfahrt-Branche von rund 3,8 auf 4,6 Milliarden Euro, der im Automotive- und Schwerlast-Bereich von 3,5 auf 4,1 Milliarden Euro. In anderen Branchen stagnierte zwar weitgehend der Umsatz, bewegte sich aber beim elektr(on)ischen Equipment bei über 640 Millionen Euro, beim Maschinenbau bei über 350 Millionen Euro und in der Medizintechnik bei mehr als 300 Millionen Euro jährlich.

Ökologische und Ökonomische Vorteile
Wie die jeweiligen Potenziale eines Remanufacturings bei den einzelnen Produktgruppen zu bewerten sind, wird in der vorliegenden Studie sehr detailliert beschrieben. Am praktischen Beispiel eines Wasserzählers (Aufputzzähler/Flügelradzähler) erfährt der Leser darüber hinaus, welche ökologischen und ökonomischen Veränderungen die Aufarbeitung eines solchen Messgerätes im Vergleich zu Neuware hat.

So sinkt beispielsweise nach einem Remanufacturing der Wasserverbrauch von 20,14 auf 0,65 Kubikmeter, der Verbrauch an Metallen und Mineralien von 40,66 auf 0,68 Kilogramm, der Input von Energierohstoffen von 1,50 auf 0,08 Kilogramm und das Treibhauspotenzial von 3,86 auf 0,18 Kilogramm kgCO2-Äquivalent. Ebenso ergab ein wirtschaftlicher Vergleich, dass unter anderem die relativen Herstellungskosten eines Wasserzählers auf 50 bis 42 Prozent der Neuware schrumpften – je nach Aufarbeitungstiefe und -aufwand.

Design allein genügt nicht
Allerdings – warnt die VDI-Studie wiederholt – sei „ein kreislauffähiges Produktdesign allein nicht ausreichend“. Vielmehr müssten die erwähnten Sammel- und Rückführsysteme vorhanden, dazu passende Geschäftsmodelle entwickelt und stimmige Rahmenbedingungen oder zumindest Potenziale erkennbar sein. Daher seien vor dem eigentlichen Remanufacturing eine umfassende Analyse und Planung unerlässlich. „Nur auf dieser Grundlage lassen sich Produkte, Sammelsysteme und Geschäftsmodelle systematisch unter Berücksichtigung der gegebenen Rahmenbedingungen entwickeln bzw. identifizieren und anwenden.“

Die vollständige Studie steht unter ressource-deutschland.de/ [1] fileadmin/user_upload/downloads/ [1] studien/VDI-ZRE_Studie_Remanufac- [1] turing_Web_bf.pdf [1]zur Verfügung.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2021, Seite 28, Foto: Ulrike Mai / pixabay.com)