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Exportverbot von Plastikmüll denkbar

Gegenüber dem „Tagesspiegel“ äußerte die neue Bundesumweltministerin, Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen), sich auf EU-Ebene für ein weitgehendes Exportverbot von Plastikmüll einsetzen zu wollen.

Die Regulierung sollte im Rahmen des EU-Binnenmarktes erfolgen, damit sie in der Praxis nicht unterlaufen werde, so Lemke. Mit ihrer Forderung nach einem Ausfuhrverbot von Plastikmüll reagiert die neue Bundesumweltministerin auch auf aktuelle Recherchen von Greenpeace und Basel Action Network (BAN) zu illegalen Abfallexporten: Im vergangenen Dezember spürten die beiden Umweltschutzorganisationen 114 aus Deutschland in die Türkei, Griechenland, Kroatien, Großbritannien, USA, Vietnam und andere Länder verbrachte Container mit Abfällen auf. Dabei wurde im Hafen von Piräus das Verladen von 37 Containern mit deutschem Plastikmüll, die nach Vietnam weiter verschifft werden sollten, verhindert und die „Ware“ von der griechischen Zollbehörde beschlagnahmt.

Zur Rückholung verpflichtet
In einem Brief wurde Ministerin Lemke dazu aufgefordert, alle aufgespürten Container umgehend zurückzuholen. Deutschland müsse – wie es heißt – Verantwortung für den eigenen Müll übernehmen. Greenpeace und BAN berufen sich hier auf den Artikel 8 der Basler Konvention, die den grenzüberschreitenden Transport von Abfällen international regelt, und die EU-Abfallverbringungsverordnung (Artikel 22 und 23). Die ausführenden Staaten seien eindeutig verpflichtet, die Rückholung gelisteter Abfälle zu verlangen, die als illegal oder nicht vertragsgemäß gelten.

Nach den weiteren Informationen der Organisationen ist der in die Türkei verbrachte Plastikmüll bereits vor einem Jahr dort angekommen. Im April 2021 hätten die zuständigen Behörden vor Ort die Containerladungen zum Teil als illegal eingestuft: Seit Januar 2021 gilt in der Türkei eine strenge Import-Beschränkung für Kunststoffabfälle. Die Einfuhren wiesen zudem nicht zulässige starke Verschmutzungen auf.

Das türkische Umweltministerium bemühte sich daraufhin um die Rückführung der Container nach Deutschland, fand jedoch nach eigener Aussage keine Unterstützung bei den zuständigen Behörden in den Bundesländern. Laut Jim Puckett vom Basel Action Network hätte Deutschland nach Rechtslage die Lieferungen innerhalb von 30 Tagen zurückrufen müssen. Mittlerweile habe die Türkei die Plastikabfälle zur Ausfuhr in Drittländer freigegeben. Bundesumweltministerin Steffi Lemke kündigte indes gegenüber dem „Tagesspiegel“ an, mit den Bundesländern über eine Verbesserung der Vollzugsregeln beraten zu wollen. Die Abfallcontainer in der Türkei und Griechenland werde ihr Ministerium im Auge behalten.

Verlagerung der Mengenströme: Weniger nach Malaysia
Wie der BDE der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage mitteilte, sind im vergangenen Jahr die Plastikmüllexporte aus Deutschland deutlich zurückgegangen. Das zeigen Zahlen, die dem Verband vorliegen: Rund 697.000 Tonnen Kunststoffabfälle sollen ausgeführt worden sein; das wären 32 Prozent und damit gut ein Drittel weniger als 2020. BDE-Präsident Peter Kurth begründete den Rückgang der Exportmenge mit einer steigenden Inlandsnachfrage nach Kunststoffen. Auch stärkere Importrestriktionen asiatischer Staaten und die infolge der Corona-Pandemie unterbrochenen Lieferketten spielten offenbar eine Rolle. Dieser Trend sei schon vor dem „Ausnahmejahr 2021“ zu beobachten gewesen: In 2020 seien die Exportmengen bereits um neun Prozent gesunken.

Die in 2021 mit Abfallexporten erzielten Umsätze sind aber anscheinend nicht eingebrochen, sondern mit circa 259 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr nahezu gleichgeblieben, was auf gestiegene Preise und eine bessere Qualität der Exportgüter schließen lässt. Nachdem China seine Importregeln für Abfälle verschärfte, verlagerten sich die Müllströme in andere asiatische Staaten. Malaysia als abnehmerstärkster Importeur von deutschem Plastikmüll seit 2018 belegt jedoch nur noch den vierten Platz in der Rangfolge. Als neuen Spitzenreiter weist die Statistik die Niederlande aus. Wenn auch die niederländischen Kunststoff-Importmengen aus Deutschland gegenüber 2020 um zwölf Prozent zurückgingen, so waren es in 2021 immerhin noch rund 136.000 Tonnen.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2022, Seite 8, Foto: Michael Gaida / pixabay.com)