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Was Recyclingkunststoff leisten kann

Recyclingkunststoff eignet sich zum Beispiel als Werkstoff für Basis­träger von Spülmaschinen. Das zeigt ein Forschungsprojekt am Fraunhofer LBF in Kooperation mit dem Hersteller Bosch. Die Ergebnisse der Belastungstests sind vielversprechend.

Im Rahmen der Untersuchung wurde zuerst Rezyklat aus dem Gehäuse von Auto-Starterbatterien optimiert – über Zusatzstoffe wurden beispielsweise die Festigkeiten erhöht und die optischen Eigenschaften verbessert. Diese etwa zwei Kilogramm schweren Bauteile sind das Grundgerüst der Spülmaschine, halten deren Seitenwände und nehmen Nebenaggregate wie Pumpe, Zustandssensoren und Behälter für Salze auf. Anschließend wurde untersucht, wie sich das optimierte Rezyklat unter mechanischen Belastungen verhält: Die Forschenden haben Probekörper hergestellt und mit festgelegter Kraft etwa 100.000-mal daran gezogen – automatisiert, versteht sich. Diese Zahl geht auf das typische Anwendungs- und Lastspektrum von Haushaltsgroßgeräten zurück. Es gibt vor, welche Belastungen das Material unbeschadet überstehen muss. Entsprechend dieser Vorgaben haben die Experten dann Parameter für die Auslegung erstellt.

Hält ein Zapfen aus Rezyklat das aus?
Was die 100.000 Zyklen angeht, so sind diese vor allem auf einen fingerdicken Zapfen am Basisträger der Spülmaschine zurückzuführen. Dieser wird bei jedem Öffnen und Schließen der Spülmaschinentür mechanisch beansprucht – und stellt den anspruchsvollsten zyklisch belasteten Bereich am Spülmaschinen-Basisträger dar. Legt man etwa 15 Öffnungen pro Tag und eine Lebensdauer des Geräts von etwa 18 Jahren zugrunde, kommt man auf rund 100.000 Türöffnungen pro Geräteleben.

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Spülmaschinenträger (Foto: Fraunhofer LBF / Ursula Raapke)

Hält ein Zapfen aus Rezyklat das aus? Dominik Spancken, Wissenschaftler am Fraunhofer LBF: „Das Rezyklat weist zwar eine um 15 Prozent geringere Festigkeit auf, hat aber ähnliche Steifigkeitseigenschaften wie der Neuwarenkunststoff. Weitaus wichtiger ist jedoch die plastische Verformbarkeit, bei der sich beide Materialien gleichwertig verhalten. Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Rezyklat kann die gleichen Beanspruchungen abbilden wie Neumaterial.“

Wie belastbar ist das Bauteil?
Um dieses Ergebnis abzusichern, haben die Forschenden neben der reinen Materialprüfung auch das Bauteil an sich geprüft. „Aus den Materialversuchen haben wir Materialkennwerte ermittelt. Mit Hilfe dieser Kennwerte haben wir dann eine Bemessungsmethodik entwickelt, um zu überprüfen, ob der Zapfen betriebsfest ist“, beschreibt Spancken. Das Forscherteam spannte die Zapfen aus Neuware-Basisträgern in einem Prüfstand ein und brachte Belastungen aus dem Gebrauch auf, wie sie auch beim Öffnen und Schließen der Maschine entstehen. Da Fußbodenheizung und die Strahlungswärme der Spülmaschine den Zapfen auf bis zu 50 Grad erwärmen könnten, haben Spancken und sein Team ihn dabei auf 50 Grad temperiert.

Wie viel Kraft muss man aufwenden, bis der Zapfen bricht und wie oft kann er den Öffnungsprozess ertragen? Anhand der experimentellen Daten haben die Forscher eine validierte Berechnungs- und Auslegungsmethodik erstellt – und diese Methodik dann mit den Materialkennwerten des Rezyklats „gefüttert“. „Wir konnten anhand der Versuche am Neumaterial und der Berechnungsmethodik auf das Verhalten eines Zapfens aus Rezyklat schließen“, erklärt Spancken. Die Belastbarkeit der Zapfen aus Neuware und Rezyklat unterscheide sich nur in Nuancen. Aus der Machbarkeitsstudie lässt sich schlussfolgern, dass der Spülmaschinen-Basisträger aus Rezyklat ausgeführt werden und somit einen wichtigen Beitrag zu einem nachhaltigen Gesamtgerät liefern kann.

www.lbf.fraunhofer.de [2]

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2022, Seite 10, Foto: Fraunhofer LBF / Ursula Raapke)