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Wie der Green Deal für die Industrie funktioniert

Die Elektronik-Recyclingbranche traf sich wieder in Salzburg zum 20. International Electronics Recycling Congress (IERC), der letztes Jahr pandemiebedingt ausfallen musste.

Die diesjährige Hybridveranstaltung vom 18. bis 21. Januar 2022 und flankiert von 40 Ausstellern hatte wieder zahlreiche Unternehmens- und Technikpräsentationen im Programm. In einem extra-Workshop erarbeiteten Experten Handlungsempfehlungen zur Umsetzung des europäischen Green Deal in der Industrie. Das Positionspapier soll der EU-Kommission vorgelegt werden.

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Foto: O. Kürth

Die Inhalte umriss der „Runde Tisch: Wie der Green Deal für die Industrie funktioniert“ unter der Moderation von Chris Slijkhuis (EERA – European Electronics Recyclers Association). An der Diskussion nahmen teil: Kurt Kyck (KMK Metals Recycling, EERA), Federico Magalini (Sofies Group), Paolo Falcioni (Applia Europe), Wamda Saeid Elsirogi (Canon, Digitaleurope) und Jan Vlak (Wecycle, WEEE Forum).

Gleiche Wettbewerbsbedingungen
Für Federico Magalini sind Unternehmen die Wegbereiter der Kreislaufwirtschaft, die es seitens der Politik zu unterstützen gilt. Deren Fähigkeiten sollten bestärkt und nicht durch undurchführbare Regelwerke und überbordende Bürokratie beeinträchtigt werden. „Regierungen können politische Initiativen entwickeln, die eine erhöhte Nachhaltigkeit in allen Lebenszyklusstadien von Produkten gewährleisten und die Einhaltung von Vorschriften für Unternehmen erleichtern, ohne die Umweltambitionen zu gefährden“, appellierte Magalini und sprach sich für eine enge Zusammenarbeit zwischen Industrieakteuren und politischen Entscheidungsträgern aus. Die Vorschriften sollten gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleisten und einfach umsetzbar sein. Unternehmen bräuchten Anreize, damit sie nachhaltige Produkte herstellen.

Einheitliche Behandlungsstandards
Paolo Falcioni (Applia Europe) informierte über die „Sustainable Product Initiative“ (SPI) der Europäischen Union, in deren Rahmen die Ökodesign-Richtlinie überarbeitet wird und gegebenenfalls zusätzliche Legislativmaßnahmen vorgeschlagen werden. Die Herstellung von in der EU in Verkehr zu bringenden Produkte sollte demnach nachhaltig und energieeffizient erfolgen, um sie langlebiger, leichter wiederverwendbar, reparier- und recyclingfähig zu machen. Die Initiative wird sich auch mit schädlichen Chemikalien in Produkten befassen, etwa in Elektronikgeräten, IKT-Ausrüstung, Textilien, Möbeln, Stahl, Zement und Lösemitteln. Vorgesehen ist die Einführung eines Produktpasses. Falcioni plädierte in seinem Vortrag für die Harmonisierung der Abfallgesetzgebung in den EU-Mitgliedstaaten. Es sollten ein Abfallbinnenmarkt geschaffen und einheitliche Recycling-Behandlungsstandards realisiert werden, um illegale Machenschaften zu unterbinden.

Kennzeichnungspflicht für Produkte
Laut Wamda Saeid Elsirogi, die den Verband Digitaleurope vertrat, kommt der Digitalisierung eine Schlüsselrolle bei der Transformation von der linearen zur zirkulären Wirtschaft zu, was auch neue Arbeitsplätze schaffen würde. Auch sie hält eine Harmonisierung der Standards und Regulierungen für erforderlich. Verbraucher wüssten oft nicht, wie sie Abfälle richtig trennen, weshalb es eine Kennzeichnungspflicht für Produkte geben sollte. Die Kriterien zur erweiterten Produktverantwortung sollten vereinheitlicht werden.

Kreislaufwirtschaft oder Sammelquoten?
„Wollen wir Kreislaufwirtschaft oder dass die 65-Prozent-Sammelquote erfüllt wird?“ Jan Vlak sieht es als Widerspruch an, mehr Wiederverwendung von Elektronikgeräten zu fordern und gleichzeitig hohe Sammel- und Verwertungsquoten. Das WEEE Forum setzt sich für einheitliche Behandlungsstandards ein. Elektronikgeräte sollten von spezialisierten und zertifizierten Betrieben recycelt werden.

Recycling braucht klare Regeln
Kurt Kyck berichtete von Herausforderungen mit Sammelsystemen für Recyclingbetriebe in Irland und kritisierte, dass die EU-Direktiven von EU-Land zu EU-Land unterschiedlich interpretiert und angewendet werden. Dass Recycling passiert, liege auch in der Verantwortung der Verbraucher. Das Trennverhalten entscheide über die Qualität des Recyclings. Jede Gesetzesänderung und Quotenanhebung sollte berücksichtigen, dass die Technologie da ist, aber nicht überall Anlagenkapazitäten vorhanden sind. Gerade bei Kunststoffen gäbe es in Europa nicht genug Verarbeitungsmöglichkeiten, um die Recyclingquoten zu erfüllen, verdeutlichte Kyck. Der „Runde Tisch“ schloss mit der Feststellung, dass Recycling klare Regeln braucht.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 03/2022, Seite 12, Foto: ICM AG)

 

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