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POP-Verordnung: Gerät das Recycling ins Hintertreffen?

EU-Umweltrat und -Parlament haben sich dem Vorschlag der Kommission zur Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung über persistente organische Schadstoffe angeschlossen. Demnach sollen die Grenzwerte, die darüber bestimmen, ob man POP-haltige Abfälle überhaupt recyceln kann oder beseitigen muss, deutlich herabgesetzt und somit verschärft werden.

Der BDE veranstaltete einen digitalen Diskussionsabend zum Thema. Nach Ansicht des Verbandes legen die Vorschläge einen Zielkonflikt zwischen Kreislaufwirtschaft und Null-Schadstoff-Politik offen.

An der von Anne Baum-Rudischhauser (BDE) moderierten Diskussion nahmen teil: Manuela Ripa (Europäisches Parlament, ÖDP), Georg Surkau (Bundesumweltministerium), Chris Slijkhuis (EERA), Eveline Lemke (Unternehmensberaterin) und Tim Wilms (Remondis). BDE-Präsident Peter Kurth eröffnete die Online-Veranstaltung am 6. April. Zu diesem Zeitpunkt war das Votum des EU-Parlaments noch nicht bekannt, wurde aber erwartet.

Warum der BDE die Entscheidung kritisch sieht
„Eine Herabsetzung der POP-Grenzwerte wirkt sich entscheidend auf die angestrebte Schaffung einer europä­ischen Kreislaufwirtschaft aus, weil betroffene Inputströme nicht mehr dem Recycling zugeführt werden dürfen. Gleichzeitig ist jedoch die Förderung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft einer der wichtigsten Bestandteile des Green Deal.“

Für den BDE entsteht dadurch ein Zielkonflikt zwischen einer künftigen Kreislaufwirtschaft und einer Null-Schadstoff-Politik. Das werde anhand der folgenden beiden Beispiele besonders deutlich: Die bromierten Flammhemmer PBDE (in Elektrogeräten) und HBCDD* (in Wärmedämmplatten) sollen bereits nach dem Vorschlag der EU-Kommission von 1.000 auf 500 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) heruntergesetzt werden. Dem hatte sich der EU-Umweltrat am 17. März dieses Jahr angeschlossen. Am 3. Mai 2022 sprach sich das EU-Parlament für noch niedrigere Grenzwerte von 200 mg/kg aus. Die Europäische Kommission soll außerdem einen Legislativvorschlag zur weiteren Senkung dieses Wertes auf 100 mg/kg spätestens in fünf Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung vorlegen.

Der BDE hält das für nicht machbar. Mit diesem Vorschlag würde man sich zwar weitgehend einer Zero Pollution-Politik annähern, zugleich aber maßgeblich das Ziel einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft konterkarieren, kritisiert der Verband. Das Recycling würde ins Hintertreffen geraten. Problematisch sieht der Verband neben dem grundsätzlichen Zielkonflikt vor allem die Tatsache, dass derzeit für die von Rat und Parlament vorgeschlagenen Werte noch keine geeigneten Messmethoden für die Flammhemmer PBDE und HBCDD vorliegen. Hinzu kommt, dass Messungen im verunreinigten Input-Strom wesentlich schwieriger zu bewerkstelligen sind als im sauberen Output-Strom. Zumal damit zu rechnen ist, dass die Schadstoffbelastung durch neue Flammhemmer, die erst im Nachhinein als schädlich erkannt werden, nicht abnehmen wird.

BDE-Präsident Peter Kurth: „Selbstverständlich müssen wir daran arbeiten, Schadstoffe in der Umwelt zu verringern. Dennoch müssen wir uns die Frage stellen, ob wir das Recycling von POP-haltigen Abfällen weitestgehend verbieten sollten. Dies führt unweigerlich zu mehr Verbrennung oder Deponierung dieser Abfallart. Der BDE spricht sich nachdrücklich für das Recycling und damit für die Kreislaufwirtschaft und ihre positiven Effekte des Klima- und Ressourcenschutzes aus. Es bedarf unbedingt praxistauglicher Grenzwerte und Übergangsfristen, damit geeignete Messmethoden entwickelt werden können. Der BDE appelliert an die EU-Kommission, den Rat und das Europäische Parlament, den Zielkonflikt, der zwischen den Vorgaben der Kreislaufwirtschaft und der Null-Schadstoff-Politik besteht, zu lösen. Ansonsten ist eine der beiden Strategien, die im Rahmen des Green Deal vorgelegt wurden, zum Scheitern verurteilt.“

Wiederaufbereitung nicht das erste Ziel
Manuela Ripa (Europäisches Parlament, ÖDP) sieht keinen Widerspruch zwischen Kreislaufwirtschaft und einer schadstofffreien Politik. Kreislaufwirtschaft sei die zentrale Säule des Green Deal. Mit dieser Säule sollten Maßnahmen eingeleitet werden, die sich auf den ganzen Lebenszyklus von Produkten erstrecken. Dadurch sollten die Wirtschaft ökologisiert, die Wettbewerbsfähigkeit der EU gestärkt, die Umwelt geschützt sowie neue Rechte für Verbraucher eingeführt werden. Das Ziel sei, dass Ressourcen so lange wie möglich in der EU-Wirtschaft verbleiben. „Um die Auswirkungen des vom Menschen verursachten Eingreifens auf den Planeten zu begrenzen, müssen wir in der Tat über Kreisläufe reden“, erklärte die Politikerin, „und nach diesem Prinzip handeln. Die Transformation wird nicht einfach sein; wir müssen das Wirtschaftswachstum von der Ausbeutung fossiler Rohstoffe entkoppeln. Das ist ein langer und längst überfälliger Weg.“

Die Recyclingziele der Kommission würden begrüßt; zu beachten sei aber, dass Rezyklate oder neue Produkte aus wiederverwerteten Materialien nach der Nutzung erneut weitgehend abbaubar sind. „Wir brauchen ein besseres Sammelsystem, das gilt insbesondere für Batterien“, appellierte Ripa. „Dennoch darf die Wiederaufbereitung von Abfall nicht das erste Ziel sein. Recycling sollte eine Möglichkeit bleiben, aber am Ende eines Prozesses stehen. Vorher brauchen wir eine Kultur der Abfallvermeidung und des Weiterverwendens. Das sollte die EU-Gesetzgebung künftig berücksichtigen: geplante Obsoleszenzen verhindern, ein besseres Produktdesign vorsehen, ein Recht auf Reparatur schaffen. Wir müssen auf kreislaufunfähige Produkte verzichten und stattdessen Materialien im geschlossenen System nutzen und diese immer wieder weiterverwenden.“
Den Bedenken Rechnung tragen

Ripa ist überzeugt, dass POPs nicht in Einklang zu bringen sind mit den Zielen der Kreislaufwirtschaft und die Grenzwerte daher verschärft werden müssen. Dabei müssten die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt und den Bedenken der Bürger Rechnung getragen werden. Ripa verwies in diesem Zusammenhang auf die Auswirkungen von POPs auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt: „POPs können Krebs verursachen, das Immunsystem, die Atemwege, das Hormonsystem, das Fortpflanzungssystem und das Herz-Kreislaufsystem beeinträchtigen, die Widerstandsfähigkeit und die Fähigkeit, auf Impfstoffe zu reagieren, schwächen.“ Studien in der EU deuteten darauf hin, „dass im menschlichen Blut zunehmend unterschiedliche gefährliche Chemikalien enthalten sind, darunter bestimmte Pestizide, Biozide, Arzneimittel, Schwermetalle, Weichmacher und Flammschutzmittel. Und diese kombinierte Exposition gegenüber mehreren Chemikalien vor der Geburt hat ein geringeres Wachstum des ungeborenen Kindes und niedrige Geburtenraten zur Folge.“

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, würden POPs in der Regel nicht mehr in neuen Produkten eingesetzt, aber sie könnten in Abfällen vorkommen. Würden diese Abfälle – Kunststoff, Holz und Papier – recycelt, könnten persistente organische Schadstoffe wieder in Produkte gelangen, die dann für die menschliche Gesundheit eine Bedrohung darstellten. Verbrauchern sei oft nicht bewusst, dass diese Chemikalien in regenabweisenden Jacken oder Kochgeschirr enthalten sind, verdeutlichte Ripa: „Nehmen wir Perfluorcarbone (PFC). Sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch stabil. PFC kommen in Textilien, Kochgeschirr und auch Papier vor und sind außerdem in Feuerlöschmitteln und Baumaterialien enthalten. Diese Verbindungen können in Kläranlagen nicht abgebaut werden und verteilen sich in Flüssen und Meeren. Durch verschiedene Umwandlungsprozesse entstehen aus den abbaubaren Vorläuferverbindungen vielmehr zusätzliche perfluorierte Chemikalien. PFC reichern sich in Klärschlämmen an, kommen dann als Bodenverbesserer auf landwirtschaftliche Nutzflächen und sickern ins Grundwasser. Die PFC-Verseuchung der Böden verursacht Sanierungskosten in Milliardenhöhe. Und wohin mit der verseuchten Erde? Die muss sicher deponiert werden.“

„So werden wir die POPs nicht los“
POPs sollten durch Recycling kein „zweites Leben“ bekommen. „Das Recycling von POP-haltigen Abfällen sollte nur dann erlaubt sein, wenn der Abfall dadurch entgiftet wird“, fordert Ripa. „Das muss im Interesse unserer Umwelt, unserer Gesundheit, unserer Kinder erfolgen: Erst die giftigen Stoffe herausholen und dann recyceln. Und wenn das nicht möglich ist, gar nicht recyceln. Wir müssen noch weitergehen, als nur die Grenzwerte zu senken. Um saubere Stoffkreisläufe zu erreichen, müssten die Werte in Anhang 1, also für neue Produkte, gesenkt werden. Denn wenn die Werte im Anhang 4 nicht an die Werte im Anhang 1 angepasst werden, werden wir die POPs nicht los. Wir bringen sie im Gegenteil in die nächste Produktgeneration.“ Alle POP-haltigen Abfälle sollten daher als gefährliche Abfälle betrachtet werden, und nicht nur einige von ihnen. „Und das haben wir im Parlament auch entschieden. Denn dort, wo diese hochgiftigen Substanzen vorkommen, kann kein effizientes Recycling stattfinden.“ POPs sollten eingeschränkt und schrittweise verboten werden. Strenge Grenzwerte und Verbote würden die industrielle Innovation, die Suche nach Alternativen fördern.

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Foto: Jochen Zellner, Lk Neustadt/Aisch-Bad Windsheim / abfallbild.de

Am Ende alles auf die Deponie?
Anne Baum-Rudischhauser (BDE) konfrontierte Manuela Ripa mit der Aussage, dass schon jetzt ganze Abfallströme aus dem Recycling ausgenommen werden sollen: „Wir haben POPs in sehr vielen Produkten, darunter in Bauprodukten und in wirklich langlebigen Produkten. Andererseits sind 2018 schon POPs in kurzlebigen Produkten wie Verpackungen verboten worden. Die Senkung der Grenzwerte auf 200 oder 100 Milligramm pro Kilogramm würde bedeuten, dass ein riesiger Abfallstrom aus dem Kreislauf der Wiederverwertung herausgeschleust würde. Dieser Abfallstrom würde auf Deponien landen. Nächstes Jahr haben wir die EU-Deponierichtlinie in Revision. Der BDE erwartet, dass endlich ein Deponierungsverbot ausgesprochen wird. Das ist ein Zielkonflikt: einerseits Zero-Pollution, aber kein Recycling, und am Ende landet alles auf der Deponie, insbesondere aus dem Bauschuttbereich (Baukunststoffe).“

„Wir machen Stückwerk“
GEorg Surkau (Bundesumweltministerium) stimmte EU-Parlamentarierin Manuela Ripa zu, dass die POPs aus dem Wirtschaftskreislauf ausgeschlossen werden müssten, und räumte ein, dass es noch viele Fragen gibt, wie man eine Absenkung der Grenzwerte technisch umsetzt: Was kommt auf die Recyclingbetriebe zu? Ist die Sortiertechnik dafür da? Die Lösung heißt für Surkau nicht, „wir gehen noch weiter runter mit den Grenzwerten, sondern wie verfahren wir mit den Stoffströmen?“ Jeder Kunststoff, der mehr als 100 mg/kg HBCDD enthält, müsse sowieso schon anders behandelt werden: „Es werden ohnehin schon Verfahren angewandt, um die POPs zu zerstören. Und es gibt die thermische Behandlung. Aber ist das im Sinne der Kreislaufwirtschaft: Wir schieben die Kunststoffe einfach in die Verbrennung?“

Surkau zufolge müssten mehr gesicherte Erkenntnisse vorliegen, ob ein bestimmter Stoff wirklich gefährlich ist. Per se anzunehmen, dass POPs gefährlich sind, reiche nicht. Die Auswirkungen ließen sich oft erst nach Jahren im Produkt­umlauf anhand eines Stoffmonitorings feststellen: „Ab wann müssen wir einschreiten und in welchem Maßstab? Reicht der europäische Maßstab oder muss nicht auch der internationale Maßstab zugrunde gelegt werden? Die EU wird das alleine nicht schaffen. Diese Stoffe sind grenzüberschreitend wirksam. Das ist ein globales Problem und muss global gelöst werden.“ Kritisiert wird, dass sich die Grenzwert-Debatte nur auf POP-Stoffe konzentriert; dabei gebe es auch andere Stoffe, die als potenziell gefährlich einzustufen seien. „Wir machen Stückwerk“, konstatierte Georg Surkau.

Die sachliche Logik fehlt
Chris Slijkhuis (EERA) stellte aus Sicht des Kunststoffrecyclings die komplexe POP-Problematik dar. Dabei erläuterte der Experte zunächst die Schritte der Kunststoffrückgewinnung aus E-Schrott. Der Kunststoffanteil im E-Schrott beträgt etwa 25 Prozent. Jährlich fallen in Europa elf Millionen Tonnen E-Schrott an. Die Industrie habe versprochen, bis 2025 zehn Millionen Tonnen rezyklierten Kunststoff einzusetzen. Wenn die Kunststoffe nicht an Recyclingfirmen geliefert werden können – befürchtet Slijkhuis –, „hört diese Zielerreichung auf“. Immer wieder reduzierende Grenzwerte durch ständige Revisionen der REACH-, RoHS- und POP-Verordnung „bringen mit sich, dass die Entwicklung der Kapazitäten, die wir brauchen, gebremst wird und zum Stehen kommt“. Und darüber würden auch Investitionen in Technikinnovationen gehemmt.

Slijkhuis fehlt die sachliche Logik, „für Abfälle, die noch vor dem Recyclingprozess kommen, niedrigere Grenzwerte zu definieren“. Kalibrierte Messungen unter dem Wert 1.000 mg/kg könnten in den Recyclingbetrieben nicht durchgeführt werden. Sollte der Grenzwert auf unter 500 mg/kg gesenkt werden, müssten Kunststoffrezyklate, die erfolgreich in Elektroneugeräten eingesetzt werden, vom Markt genommen werden. Wie der Referent weiter informierte, könnten bromierte Flammhemmer in Kunststoffen von der Recyclingindustrie zu 98 Prozent abgetrennt werden. Die meisten bromierten Flammschutzmittel-Kunststoffe gelangten nicht in die Wiederverwertung. Unter den übrigen zwei Prozent seien immer noch viele zugelassene Stoffe. Slijkhuis hält die Zuführung ins Elektroaltgeräte-Recycling für den effizientesten Weg zur Beseitigung von Flammhemmern. Für die Behandlung der Kunststoffmengen müssten mehr Kapazitäten in Europa geschaffen werden.

Es gebe ja noch die thermische Behandlung
„POPs in recyceltem Material zu belassen, ist inkompatibel mit einer nicht-toxischen Umwelt“, widersprach Manuela Ripa. „Höhere Grenzwerte sollen nicht das Recyceln gefährden. Im Gegenteil: Die Qualität der recycelten Materialien soll erhöht werden. Wir müssen im Ganzen denken. Deswegen bin ich auch für die Klassifizierung von Gruppen und nicht von Substanz zu Substanz. Wir brauchen schadstofffreie Chemikalien. Das sollte das höchste Ziel sein: dass Schadstoffe nicht länger in die Umwelt gelangen.“

Ripa glaubt nicht, dass ein POP-Verbot wieder zu mehr Deponierung führen würde. Es gebe ja noch die thermische Behandlung: „Die Schadstoffe können dadurch in ihre Grundbestandteile zerlegt und soweit zerstört werden, dass keine Gefahr mehr von ihnen ausgeht und sie von der Industrie wieder verwendet werden können.“ Die ÖDP-Politikerin bezweifelt, dass die Industrie von sich aus – ohne Druck von außen – Lösungen finden werde, weshalb Regularien Innovationen befördern würden. In der thermischen Behandlung stecke noch „ganz viel“ Potenzial, das noch ausgeschöpft werden müsse. „Wir sprechen nicht von normalem Recycling, sondern von hoch-toxischen Stoffen. Ziel muss sein, dass wir keine POP-Verordnung mehr brauchen“, unterstrich Manuela Ripa.

Bessere Folgenabschätzung nötig
Anne Baum-Rudischhauser wendete dazu ein: „Wir reden auch von sehr vielen Altprodukten, in denen diese Stoffe sind. Und die müssen entsorgt werden. Das ist ein Problem. Wie Herr Surkau gesagt hat, produzieren wir am Anfang Produkte und wissen dann nicht mal, was an Materialien hereinkommt und wie toxisch sich diese am Ende erweisen werden. Die Deponierung ist die schlechteste Entsorgung.“ Die Erfahrung zur Gefährlichkeit von Stoffen ergebe sich erst nach Jahren, nachdem sie in Verkehr gebracht wurden. Sollte es zur Umsetzung der neuen Grenzwerte kommen, müssten in den nächsten Jahren gigantische Ressourcen verbrannt und komplett neue Stoffe eingesetzt werden, „von denen wir noch gar nicht wissen, wie sie sich auswirken“. Es sollte demnach eine Übergangslösung geben, die Ressourcen einspart. Manuela Ripa entgegnete hierzu: „Natürlich werden Übergangsfristen eingeplant; das wird nicht alles von heute auf morgen verboten. Wenn neue Stoffe auf den Markt kommen, brauchen wir unbedingt eine bessere Folgenabschätzung. Denn nachher stellt sich heraus, dass die neuen Stoffe gefährlicher sind, als die, die man verbieten will.“

 

Zwei Ebenen, die sich noch nicht begegnen
Tim Wilms (Remondis) gab zu Bedenken, dass durch die Grenzwert-Herabsetzung ein Recyclingrohstoff zu Abfall wird, der entsorgt beziehungsweise verbrannt oder deponiert werden muss: „Und für diese Kosten müssen wir als Recycler aufkommen. Wenn wir über Flammschutzhemmer und POP-Kunststoffe sprechen: Die gibt es nicht als Monochargen in den Verbrennungsanlagen. Und die Verbrennungsanlagen sagen ganz klar: Wenn dieses Material als Monocharge kommt, können wir es nicht verarbeiten. Das heißt, es muss auf die Deponie.“

Unternehmensberaterin Eveline Lemke stellte zum Abschluss des Diskussionsabends ein Projekt zum chemischen Recycling von Gebäudedämmstoffen und das Herauslösen von HBCDD vor. Dieses Material zu verbrennen, sei keine Klimaleistung. Brom werde für Alzheimer-Medikamente gebraucht. Lemke sieht Massen von Gebäudedämmstoffen auf die Entsorgung zukommen und mahnte eine Harmonisierung der EU-Chemikalienverordnungen an, die sich vielfach widersprechen. Das Schlusswort hatte dann BDE-Präsident Peter Kurth: „Wir haben gespürt, dass sich zwei Ebenen noch nicht begegnen. Die Argumente von Frau Ripa dürfen nicht unter den Tisch fallen. Wir müssen ihre Bedenken ernst nehmen. Der BDE wird zu arbeiten haben.“

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2022, Seite 8, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)

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