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20. Elektro(nik)-Altgerätetag: „Wertvolle Rohstoffe müssen zurück in den Kreislauf“

Beim 20. Elektro(nik)-Altgerätetag, den der bvse in Leipzig zeitgleich mit dem Forum Schrott veranstaltete, ging es um die zukünftigen Aufgaben und Umstellungsprozesse der Branchenunternehmen.

Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine zeigten, dass Europa unabhängiger von Rohstoffimporten werden müsse. „Ausgediente E-Alt­geräte müssen als Rohstoffquellen genutzt werden,“ betonte Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des Verbands, in seiner Begrüßung. Der EU-Aktionsplan Kreislaufwirtschaft enthalte Maßnahmen, Initiativen und Strategien, die das gesamte Leben eines Produkts in den Blick nehme und die Wirtschaft transformieren solle. Die Recyclingbranche leiste dazu bereits einen unverzichtbaren, wichtigen Beitrag, indem sie Sekundärrohstoffe schaffe. „Hersteller müssen endlich damit beginnen, ihre Geräte bereits beim Design auf Recycling, eine längere Lebensdauer und eine spätere Reparier- und Nachrüstbarkeit auszurichten“, forderte Rehbock.

Auch Dr. Bettina Hoffmann, MdB, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), unterstrich in ihrer Keynote-Speech die aktuelle Situation. Das „brutale Blutvergießen in der Ukraine“ mache deutlich, „dass eine sichere und unabhängige Versorgung mit Energie und Rohstoffen auch eine Frage der nationalen Sicherheit ist“, berichtete der Verband. Die Politikerin machte darauf aufmerksam, dass die Gewinnung und Nutzung von Rohstoffen mit erheblichen Umweltbeeinträchtigungen verbunden ist. Etwa 50 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen und sogar 90 Prozent des Biodiversitätsverlustes gingen nach Schätzungen des International Resource Panels der Vereinten Nationen direkt oder indirekt auf die Gewinnung und Verarbeitung von fossilen Brennstoffen, Biomasse, Erzen und Mineralen zurück. Für die Bündnis 90/Die Grünen-Politikerin ist daher die Reduktion des Bedarfs an Primärrohstoffen ein entscheidender Schritt zur Lösung der wichtigsten Umweltprobleme. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium sieht darin aber auch eine Chance für die Wirtschaft. „Eine sichere Ressourcenverfügbarkeit für den Wirtschaftsstandort Europa und der Kampf gegen die Klima- und Biodiversitätskrise gehen Hand in Hand. Dafür wollen wir eine gelebte Kreislaufwirtschaft gestalten.“

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Dr. Bettina Hoffmann hielt die Keynote-Speech beim 20. Elektro(nik)-Altgerätetag (Foto: bvse)

Auf nationaler Ebene sei das BMUV dabei, Kreislaufstrategien zu erarbeiten, in der die „gelebte Herstellerverantwortung“ ein zentrales Instrument darstellt und weiter ausgebaut werden soll. „Derjenige, der Erzeugnisse oder Produkte entwickelt, herstellt und vertreibt ist in der Verantwortung, um die Lebensdauer zu erhöhen oder die Recyclingfähigkeit zu verbessern“, hob die Parlamentarische Staatssekretärin hervor. Ein Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode sei deshalb auch, das „Recht auf Reparatur“ umzusetzen und über Anreizsysteme die Kreislaufführung von Elektroaltgeräten und Batterien zu fördern, so Hoffmann.

Zudem sei der EU-Aktionsplan Kreislaufwirtschaft eine große Chance dafür, gute Rahmenbedingungen für den Ausbau der Kreislaufwirtschaft zu schaffen. Ende März habe die EU-Kommission mehrere Initiativen und den Entwurf einer neuen Ökodesign-Verordnung vorgelegt, die zur Verlängerung der Produktlebensdauer von Elektro(nik)-Altgeräten beitragen sowie weitere Impulse zur Wiederverwendung, Reparierbarkeit und dem Vorhalten und Nachrüsten von Bauteilen setzen sollen. „Klar ist, dass sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene wichtige Weichenstellungen bevorstehen“, zitierte der bvse Dr. Bettina Hoffmann.

Eine solche Neuorientierung erhofft sich nach Verbandsangaben die Recycling- und Entsorgungsbranche auch hinsichtlich einer möglichen Pfandpflicht für Lithium-Ionen-Akkus. „Jeder zweite Brand in unseren Anlagen wird durch Lithium-Ionen-Akkus ausgelöst. Und es brennt täglich. Dies ist für die Branche ein existenzbedrohendes Problem. Viele Anlagen sind gar nicht mehr oder nur noch mit teuren Versicherungsbeiträgen und hohem Selbstbehalt versicherbar“, hob Rehbock hervor und appellierte an das BMUV, sich für eine Pfandpflicht in einer neuen WEEE-Verordnung stark zu machen. Sollte dies nicht möglich sein, müsse hier wenigstens über einen deutschen Sonderweg nachgedacht werden.

Auf EU-Ebene sei derzeit keine Mehrheit für eine EU-weite Pfandpflicht erreichbar, stellte Dr. Hoffmann klar, jedoch solle bis Ende 2025 eine entsprechende Durchführbarkeitsstudie angesetzt werden. Mögliche eigeninitiativ realisierte Lösungen auf Herstellerseite würden vom BMUV jedoch begrüßt und gerne unterstützt, berichtete der bvse.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2022, Seite 26, von Brigitte Weber, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de )